Starker Mangel an RechtspflegernPräsident des Kölner Amtsgerichts zieht Bilanz

Der Haupteingang zum Justizzentrum Köln mit Amtsgericht und Landgericht an der Luxemburger Strasse. (Symbolbild)
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Köln – Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli, die das Fixieren von Psychiatriepatienten an strenge Auflagen knüpft, hatte auch für das Amtsgericht Köln Folgen. Dass Personal sei stärker belastet, sagte am Donnerstag Amtsgerichtspräsident Henning Banke, als er Jahresbilanz zog. Nach jenem Urteil dürfen Ärzte die Fixierung nur noch mit einer richterlichen Genehmigung anordnen, wenn das zwangsweise ruhigzustellen einen Patienten „absehbar die Dauer von ungefähr einer halben Stunde“ überschreitet.
Die Folge für die Gerichte: Sie mussten die Bereitschaftsdienste in den Betreuungsabteilungen ausweiten und neu organisieren. Am Kölner Amtsgericht ist deshalb der so genannte Eildienst verstärkt worden. Waren bisher vier Richter dafür vorgesehen, im Turnus am Wochenende im Polizeipräsidium präsent zu sein, sind es jetzt sechs, jeweils drei am Samstag und am Sonntag. Unter der Woche ist der Eildienst, der etwa auch für Haftsachen und so genannte Ingewahrsamnahmen zuständig ist, von 6 bis 21 Uhr erreichbar.
Mangel an Rechtspflegern
Zurzeit sind am Amtsgericht Köln 175 Richter tätig, davon 111 Frauen; das entspricht einer Quote von 63 Prozent. Allerdings arbeiten 47 Richterinnen in Teilzeit und nur zwei Richter. Insgesamt beträgt der Anteil der Teilzeitbeschäftigten an der gesamten Richterschaft gut 29 Prozent. Damit nehme das Gericht die Rolle eines „Vorreiters“ ein, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeht, sagte Banke. Nach einem geringfügigen Rückgang in den vorangegangenen beiden Jahren ist 2018 die Zahl der Stellen wieder gewachsen, von circa 145,5 (2017) auf rund 149.
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Sorge macht dem Präsidenten, dass es bei den Rechtspflegern – aktuell 119 – stark an Nachwuchs mangelt. Liegt es daran, dass viele junge Leute lieber direkt Jura studieren, statt an der Fachhochschule drei Jahre lang Rechtspflege zu lernen? Rechtspfleger sind beispielsweise mit Aufgaben des Nachlass- , Grundbuch- und Registerrechts befasst. Im Amtsgericht arbeiten momentan nur zehn Rechtspflegeranwärter.
Rund neun Prozent weniger Verfahren
Hochgerechnet bis zum Jahresende sind in den Zivilabteilungen rund neun Prozent weniger Verfahren (rund 25.200) als im Vorjahr eingegangen. Ursachen dafür seien nicht zu erkennen. „Bemerkenswert“ ist nach den Worten von Amtsgerichtssprecher Wolfgang Schorn der relative Zuwachs der Verfahren, bei denen es um Entschädigungen wegen Flugverspätungen und sonstigen Fluggastrechten geht. Genaue Zahlen lägen zwar nicht vor, doch nach den Berichten aus den einzelnen Allgemeinen Abteilungen (das heißt ohne diejenigen, die für Verkehrszivil- und Mietsachen zuständig sind) könne man davon ausgehen, dass es sich bei mindestens einem Drittel der Fälle um Fluggastsachen handele.
In den Familienabteilungen ist im sechsten Jahr in Folge die Zahl der Verfahren zurückgegangen. Im Strafbereich werden in diesem Jahr mehr Neueingänge (nämlich circa 26.350) als erledigte Verfahren erwartet. Der absolute Zuwachs der Zahl (2017: 25.600 Neueingänge) liegt vor allem daran, dass es deutlich mehr Verfahren gegeben hat, bei denen es um Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr ging; die entsprechende Fallzahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 31,6 Prozent gestiegen. Mittlerweile gehen beim Amtsgericht vereinzelt auch Verfahren um illegale Kraftfahrzeugrennen ein.