Mit einem offenen Brief richten sich Studierende an OB Reker und die Stadtverwaltung. Die Stadt aber sei nicht zuständig, heißt es.
„Akute Not, aber Sie hören nicht zu“Studierende fühlen sich von Stadt Köln in Wohnkrise im Stich gelassen
Die Studierenden sind sauer. Ihr offener Brief an Stadtspitze und Verwaltung hat es in sich. „Wir, die Studierenden dieser Stadt, sind in akuter Not und Sie hören uns nicht zu“, lautet ein zentraler Vorwurf, mit dem die Asten der Universität zu Köln, der Spoho und der Musikhochschule Köln sich an die Öffentlichkeit wenden. Um ihre Lage zu verdeutlichen, führen sie diverse Fakten zur studentischen Wohnsituation auf.
In Köln leben rund 100.000 Studierende, die an über 20 Hochschulen eingeschrieben sind. „Auf etwa 80.000 sozialbeitragspflichtige Studierende an Kölner Hochschulen kommen weniger als 5000 Wohnheimplätze des Studierendenwerks“, heißt es im Brief. Außerdem: „Der Bafög-Höchstsatz liegt nunmehr bei 992 Euro, davon sind 380 Euro für die Finanzierung der Miete vorgesehen. Ein durchschnittliches WG-Zimmer in Köln kostet über 500 Euro.“
Köln gehöre damit zu den teuersten Studentenstädten Deutschlands. Während Kölnerinnen und Kölner durchschnittlich 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben, wendeten Studierende hingegen 54 Prozent ihres Einkommens für Wohnen auf, zitieren die Asten aus dem Wohnungsmarktbericht der Stadt Köln.
Studierende geraten immer häufiger in feindselige Situationen bei der Wohnungssuche
„Mehrere Hundert Personen bewerben sich regelmäßig auf ein WG-Zimmer oder eine Wohnung“, heißt es weiter. Das knappe Angebot begünstige ein feindseliges Umfeld „mit hohem Missbrauchspotenzial“. Man wisse von Betrugsfällen „über mehrere tausend Euro sowie sexuelle Belästigung und Diskriminierung von Frauen sowie von Trans- und nicht-binären Personen bei Wohnungsbesichtigungen“.
Die Studenten beklagen zudem, dass sie keinen direkten städtischen Ansprechpartner haben. „Seit mehreren Jahren versuchen wir bereits in Kontakt mit der Stadt zu treten.“ Auch die Kölner Ratspolitiker interessierten sich nur marginal für die studentischen Belange.
Die Studierenden fordern daher, dass die Stadt ihnen zum Semesterstart jeweils kurzfristige Notschlafstellen einrichtet und nicht lediglich auf die Schlafstellen der Asten verweist. Sie fordern „einen direkten Kontakt zur Stadt und zuständige Ansprechpartnerinnen“. Man wolle sich mit Reker an einen Tisch setzen, damit „die Interessen von etwa 10 Prozent Ihrer Bürgerinnen und Bürger“ wahrgenommen werden, heißt es. Sie schlagen einen Wohngipfel vor, in dem Vertreterinnen und Vertreter von Verwaltung, Studierendenwerk, Genossenschaften und weitere Akteure aus Wissenschaft und gemeinwohlorientiertem Wohnungsbau das Problem angehen.
Studentische Wohnkrise: Forderungen der Asten
Und was sagt die Stadt zu den Vorwürfen und Forderungen? Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ heißt es: „Es besteht keine Verpflichtung der Kommunen, Studierende unterzubringen oder Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Da es sich bei den Universitäten um Einrichtungen des Landes NRW handelt, ist das Land NRW hierfür alleinig zuständig. Insoweit gibt es auch keine entsprechenden Stellen/Ansprechpartnerinnen bei der Stadt Köln.“
Die Sprecherin verweist auf bereits bestehende Förderprogramme, die den Wohnungsbau in Köln fördern und die Genehmigungen vereinfachen sollen. Dass es in Köln an verfügbarem, bezahlbarem Wohnraum mangele, „dessen ist sich die Stadt Köln bewusst und versucht, innerhalb ihrer Möglichkeiten, dies abzumildern“, so die Sprecherin.
Kölner Studierendenwerk findet Bitte der Studierenden um Gespräch legitim
Klaus Wilsberg vom Studierendenwerk, das vom Land finanziert wird, sagt: „Es geht nur sekundär ums Geld. Es gibt irre lange Bauzeiten. Beim Neubau sind die fehlenden Grundstücke das Problem. In gewisser Weise ist die Stadt Köln also doch zuständig“, sagt Wilsberg auf Anfrage.
Man könne sich als Studierendenwerk sehr gut vorstellen, Grundstücke, deren Eigentümerin die Stadt ist, zu pachten. Auch wenn man sich der „absoluten Knappheit“ bewusst sei. Über den offenen Brief sagt Wilsberg: „Eigentlich ist das eine klare Bitte um ein Gespräch. Dass man nicht zaubern kann, wissen die Studierenden doch auch. Aber die wollen einfach mal reden. Das finde ich einen legitimen Ansatz“.