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Frust über VerwaltungKölner Bürgerplattform fordert mehr Schutz gegen Diskriminierung

Lesezeit 3 Minuten
Enes Sariyar und Nefiyse Erilli stehen auf der Äußeren Kanalstraße.

Die Ehrenfelder Enes Sariyar und Nefiyse Erilli erzählen über ihre Erfahrungen mit Alltagsrassismus.

Forderungen nach einer Antidiskriminierungsstelle in der Kölner Verwaltung sind bislang verhallt. Auch die Volt-Partei wünscht sich mehr Tempo.

Auch knapp drei Jahre später verstört es Enes Sariyar noch, was er in einem Kölner Fitnessstudio erleben musste. Eine Probemitgliedschaft wurde ihm untersagt. Das Studio habe einen „Männerüberschuss“, habe man ihm erklärt - ein vorgeschobener Grund, wie sich schnell gezeigt habe. Denn: „Mein bio-deutscher Kumpel, der direkt nach mir dort war, hat sofort eine Mitgliedschaft bekommen.“

Der 23-Jährige suchte Fehler zunächst bei sich selbst. „Sah ich nicht gut genug aus für das Studio oder war nicht nett?“ Schließlich verstand der Ehrenfelder, dass er nichts hätte besser machen können. Viele andere Menschen mit internationalen Geschichten berichteten ihm von Diskriminierung und Alltagsrassismus. Die Studio-Kette aber habe den Vorwurf bestritten.

„In unserem Umfeld haben wir dann nach Leuten gesucht, die auch Diskriminierung erfahren haben“, sagt Nefiyse Erilli. „Das sind keine Einzelfälle!“ Erilli ist wie Sariyar Mitglied der Bürgerplattform „Stark! im Kölner Norden“. Hier kommen zivilgesellschaftliche Gruppen ins Gespräch, um festzustellen, welche Interessen und Probleme man teilt. Aktiv sind zum Beispiel christliche und muslimische Gemeinden in Köln.

Bürgerplattform: Mehr Schutz für Kölner und Stadtmitarbeiter

Die Bürgerplattform kam zu dem Ergebnis, dass die Stadt Köln aktiv werden müsse, um Diskriminierung auch innerhalb der Verwaltung Einhalt zu gebieten, so Stark-Organisator Ole Reichardt: „Auch die Stadtbehörden dürfen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht verletzen.“ Auf das Gesetz stützt sich die Plattform in ihren Forderungen: Erstens soll die Stadt mehr Handlungsoptionen bei Diskriminierung durch Unternehmen schaffen. Zum Beispiel soll die Gewerbelizenz von Firmen überprüft werden, wenn sie wiederholt und systematisch Menschen diskriminieren.

Zweitens sieht „Stark“ Nachholbedarf bei der Stadt selbst. So soll sich die Verwaltung eine Antidiskriminierungsrichtlinie geben, die sowohl Kölner als auch Stadtmitarbeitende vor Diskriminierung schützt. Konkret heißt das: Eine Beschwerdestelle in der Verwaltung und eine Dienstvereinbarung zwischen Mitarbeitern und Stadt ein. Was Letzteres genau sein soll, erklärt die Stadt auf Anfrage nicht. Auch wann beides kommen soll, weiß man nicht. Stattdessen verweist man auf andauernde Gespräche zwischen Stadt und Personalrat.

Volt Köln wünscht sich mehr Priorität und Tempo

„Im Januar 2022 hat uns der Personalrat mitgeteilt, dass die Dienstvereinbarung noch bis Ende 2022 durchgehen soll“, sagt Manuel Jeschka, der für Volt im Rat sitzt. Die Partei wünscht sich von der Verwaltung mehr Priorität und Tempo. Die Verspätung sei traurig, auch für das ehrenamtliche Engagement von „Stark“. Jeschka hatte 2021 die Forderungen mit Ratskollegen der SPD, Grüne und Linke unterzeichnet.

Im Zusammenhang mit der ersten Forderung von „Stark“ wurde das Gewerbeamt zumindest kurzfristig tätig. Laut Volt habe das Gewerbeamt vier Beschwerden wegen betrieblicher Diskriminierung geprüft, aber keine Verstöße festgestellt.

Richtlinie wurde bereits 2007 im Kölner Rat entschieden

Die Forderungen von „Stark“ sind nicht neu. Bereits 2007 hatte der Kölner Rat die Entwicklung einer „stadtinternen Richtlinie zum neuen Antidiskriminierungsgesetz“ entschieden. 2014 lehnte die Verwaltung eine Empfehlung des Integrationsrats dazu ab. 2019 schien die Richtlinie jedoch wieder Thema gewesen zu sein: Im Haushaltsplan 2020/2021 wurde ein Budget für die „Einrichtung einer Personalstelle zu Prävention und Abbau von Intoleranz, Diskriminierung und Ausgrenzung“ veranschlagt.

Das bürokratische Gezerre habe Konsequenzen für die Gesellschaft: „Wenn man sich gegen Rassismus wehren will, dann geht das gerade nur vor Gericht, wo eine Diskriminierung zunächst bewiesen werden muss. Das ist für Menschen, die den Mund aufmachen wollen, teuer und gefährlich“, sagt Ole Reichardt von „Stark“.