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Vor der EntscheidungWas man zur Bundestagswahl in Köln wissen muss

Lesezeit 5 Minuten
Kölner Abgeordnete im Bundestag

Köln – Die Wahlplakate, die SPD-Bundestagsabgeordneter Karl Lauterbach in nicht geringer Zahl in seinem Wahlkreis aufgehängt hat, findet nicht jeder seiner Genossen und Genossinnen gut. „Die Erststimme entscheidet“ ist da zu lesen. Aus der Sicht von Lauterbach mag das stimmen. Für die Frage, wie stark denn seine Partei im nächsten Bundestag sein wird und ob sie eventuell den nächsten Kanzler stellt, ist die Erststimme freilich alles andere als „entscheidend“.

Seit dem sich die Erfinder des deutschen Wahlsystems nach dem Zweiten Weltkrieg für eine Kombination aus indirektem und direktem Wahlrecht entschieden haben, müssen die Parteien den Unterschied zwischen Erststimme und Zweitstimme erklären. Und klarmachen, dass – auch wenn der Name etwas anderes nahe legt – die Zweitstimme die wichtigere ist. Sie entscheidet darüber, wie groß der Prozentanteil einer Partei im Parlament ist.

Wie wird über die Zusammensetzung des Bundestags entschieden?

Die Stimmanteile einer Partei im deutschen Bundestag entsprechen ungefähr dem Verhältnis der Zweitstimmen bei der Wahl. Wer 30 Prozent der Wählerstimmen bekommt, stellt etwa 30 Prozent der Abgeordneten. Eine exakte Übereinstimmung gibt es nicht, weil beim Auszählen alle Zweitstimmen von Parteien unter den Tisch fallen, die weniger als fünf Prozent der Stimmen bekommen haben. Nach Auszählung der Stimmen steht fest, wieviel Prozent der Sitze im Parlament eine Partei im Bundestag mit ihren Vertreterinnen und Vertretern besetzen kann.

Wen wähle ich mit der Erststimme?

Die Sitze einer Partei werden zunächst mit den Kandidatinnen und Kandidaten belegt, die in den 299 Wahlkreisen, die es in Deutschland gibt, gewonnen haben. Darüber entscheidet die Erststimme. Gewählt wird mit der Erststimme also keine Partei, sondern eine Person, die den jeweiligen Wahlkreis im Parlament vertreten soll. Auf die Kräfteverhältnisse im Bundestag hat die Erststimme somit keine Auswirkungen. Wenn die Sitze einer Partei mit ihren direkt gewählten Kandidaten und Kandidatinnen besetzt sind und es noch freie Sitze gibt, rücken weitere Vertreter von den jeweiligen Landeslisten der Parteien nach.

Was geschieht, wenn eine Partei mehr Direktkandidaten entsenden darf, als ihr aufgrund des Zweitstimmen-Ergebnisses zustehen?

Alle direkt gewählten Kandidaten dürfen in den Bundestag. Damit dadurch nicht die Kräfteverhältnisse verzerrt werden, bekommen andere Parteien Ausgleichsmandate. Diese Regel hat dazu geführt, dass der Bundestag auf 709 Sitze angewachsen ist. 111 davon sind Überhang- und Ausgleichsmandate. Viele befürchten, dass der nächste Bundestag noch viel größer werden könnte. Es werden nämlich nicht nur so genannte Überhangmandate in jedem Bundesland ausgeglichen. Es findet auch ein bundesweiter Ausgleich unter den Bundesländern statt, da jedes Bundesland entsprechend seiner Einwohnerzahl im Parlament vertreten sein muss. Beispiel: Wenn die CSU in Bayern alle dortigen Wahlkreise gewinnt, aber bei den Zweitstimmen schlecht abschneidet, werden nicht nur in Bayern Ausgleichmandate an die anderen Parteien vergeben.

Es steigen auch in allen anderen Bundesländern die Abgeordnetenzahlen. Damit erhöht sich auch die Zahl der Kölner Vertreterinnen und Vertreter im Bundestag. In der Kölner SPD wird bereits darüber spekuliert, ob auch ihr Kreisgeschäftsführer Frank Mederlet, der pro forma auf Platz 68 der NRW-Landesliste steht, demnächst einem neuen Riesen-Bundestag angehören könnte.

Wie viele Wahlkreise gibt es in Köln?

Die Stadt ist in vier Wahlkreise eingeteilt. Genau genommen sind es sogar nur dreieinhalb. Der rechtsrheinische Norden bildet zusammen mit Leverkusen den Bundestags-Wahlkreis 101. Die Größe der Wahlkreise hängt von den Bevölkerungszahlen ab, was in Köln vor allem in der Innenstadt zu einer seltsamen Aufteilung führt.

Zum Wahlkreis 93, Köln 1 gehören neben den Stadtbezirken Porz und Kalk auch Deutz sowie die nördliche Altstadt und die Neustadt-Nord. Die südliche Innenstadt wurde mit den Stadtbezirken Lindenthal und Rodenkirchen im Wahlkreis 94, Köln 2 verbunden. Die Stadtbezirke Chorweiler, Ehrenfeld und Nippes bilden den Wahlkreis 95, Köln 3.

In welchen Wahlkreisen wird es spannend?

Bei der vergangenen Bundestagswahl teilten sich SPD und CDU die vier Kölner Mandate auf. Weil die SPD schwach abschnitt, verlor sie in Porz und Kalk ein Direktmandat. Die aktuellen Prognosen deuten auf spannende Duelle und Dreikämpfe hin. Weil die Grünen stärker werden dürften als beim letzten Mal und die CDU schwächeln könnte, dürften die Vertreter und Vertreterinnen der drei größeren Parteien in vielen Stadtteilen ähnlich abschneiden. Die Grünen hoffen darauf, erstmals ein Direktmandat zu gewinnen. Beste Chancen dazu hat im Kölner Süden der Bundestagsabgeordnete Sven Lehmann.

Im Westen und im rechtsrheinischen Wahlkreis Mülheim/Leverkusen sind die SPD-Promis Rolf Mützenich und Karl Lauterbach die Favoriten, doch sicher können sie sich nicht sein. Im Kölner Wahlkreis 93 scheint das Rennen völlig offen. Hier konkurriert die 34-jährige SPD-Kandidatin Sanae Abdi (SPD) mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Karsten Möhring. Liegen die Ergebnisse der beiden eng beieinander, hat auch Lisa-Marie Friede von den Grünen noch Chancen.

Wie viele Kölnerinnen und Kölner haben schon gewählt?

Fast die Hälfte aller Wahlberechtigten in Köln haben Briefwahlanträge gestellt. Und fast 90 Prozent von ihnen haben bis Freitag ihren Wahlzettel ausgefüllt zurückgeschickt. Das bedeutet: Noch bevor die Wahllokale am Sonntag öffnen, haben schon 42,5 Prozent der Kölnerinnen und Kölner gewählt. Die Post hat für Sonntag eine Sonderzustellung zugesagt, sodass man seinen Wahlzettel auch noch am Samstag vor dem Wahltag zurückschicken kann. Wer aber auf Nummer sicher gehen will, sollte seinen Wahlzettel selbst zum Wahlamt in der Dillenburger Straße 68-70 bringen.

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Für alle anderen gilt: Gewählt wird am Sonntag von 8 bis 18 Uhr im jeweiligen Wahllokal, das auf der persönlichen Wahlbenachrichtigung benannt ist. Wer die Wahlbenachrichtigung verloren hat, kann einen „Wahlgebäudesucher“ nutzen, den die Stadt auf ihren Internetseiten anbietet.

Gibt es eine Präsentation der Kölner Ergebnisse im Rathaus?

Das Rathaus bleibt an diesem Wahlsonntag für die Öffentlichkeit geschlossen. Die Parteien treffen sich in der Umgebung und bleiben unter sich. Wer am Wahlsonntag sowohl über die bundesweiten wie auch über die Entwicklungen in Köln auf dem Laufenden bleiben will, findet alle Informationen bei ksta.de.