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WDR-KölnRundfunkrat befasst sich mit Millionen-Sanierung

Lesezeit 5 Minuten
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Das WDR-Filmhaus an der Nord-Süd-Fahrt  (rechts) grenzt an das Archivhaus der Rundfunkanstalt.

Köln – Wenn der Rundfunkrat des WDR am Donnerstag im Stiftersaal des Wallraf-Richartz-Museum tagt, müsste der Tagesordnungspunkt 8 für lebhafte Debatten sorgen. Die Kosten für die Sanierung des 1974 errichteten „Filmhauses“, in dem zugleich ein moderner Nachrichtenraum (Newsroom) eingerichtet werden soll, sind völlig aus dem Ruder gelaufen. WDR-Intendant Tom Buhrow spricht vom „herausragenden Investitionsprojekt des WDR in den nächsten Jahren“.

Kosten sind explodiert

In der Tat handelt es sich für den WDR um einen Meilenstein, da das Filmhaus für modernes, medienübergreifendes Arbeiten ausgerüstet werden soll. Doch von sich reden macht das Projekt aus anderen Gründen. War 2015, zu Beginn der Planungen, noch von Baukosten in Höhe von 65 Millionen Euro die Rede, stiegen sie Jahr um Jahr. 240 Millionen Euro Gesamtkosten werden zur Zeit veranschlagt. Dabei hieß es in einem internen WDR-Papier von Anfang 2018 noch, mehr als 161 Millionen Euro werde das Projekt nicht kosten – sogar eine Kostenstelle „Wagnis“ hatten die Planer vorgesehen. Circa 8,5 Millionen Euro sind dort eingestellt. Der Betrag sollte unvorhergesehene Maßnahmen abdecken.

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Der Umbau des WDR-Filmhauses läuft zurzeit.

Die Wagnisoption hätte die Finanzabteilung getrost verzehnfachen können. Denn am Donnerstag sollen die Rundfunkmitglieder absegnen, dass die Kosten in knapp zwei Jahren noch einmal um rund 80 Millionen Euro auf nun 240 Millionen Euro gestiegen sind. Auch die Fertigstellung des „herausragenden Investitionsprojekts“ verzögert sich. Statt 2020, also im kommenden Jahr, soll es – Stand Dezember 2019 – im Jahr 2024 auf Sendung gehen.

Ins Gebäude gepresst

Die Kollegen des Bayrischen Rundfunks, die ein vergleichbares Großprojekt schultern, haben am Stadtrand Münchens in Freimann quasi auf der grünen Wiese neu gebaut. In Köln hingegen werden die neuen medialen Funktionen in ein vorhandenes Gebäude gepresst. Muss Intendant Tom Buhrow harte Nachfragen vom Rundfunkrat erwarten? Es sieht nicht so aus. Das Thema „Nachtragshaushalt 2019“ – ein solcher muss wegen der Kostenhöhe aufgestellt werden – soll an den Finanzausschuss des Rundfunkrates verwiesen und damit aus dem öffentlichen Fokus genommen werden. Ein entsprechender Antrag liegt dem Vernehmen nach bereits vor.

Verwaltungsrat genehmigt Kostensteigerung

Ohnehin hat der Verwaltungsrat des WDR einen Teil der Kostensteigerung bereits genehmigt, obwohl sie sämtliche Alternativszenarien zur Sanierung des Filmhauses – wie etwa einen Neubau statt einer Bestandssanierung – wertlos machen. Dem Rundfunkrat wird ein „Mehrbedarf“ von 75,8 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2019 angezeigt, der mit der überhitzten Baukonjunktur begründet wird. Ob das Gremium sich tatsächlich mit einigen dahingeworfenen Informationsbrocken abspeisen lässt?

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Der Rundfunkrat ist am Donnerstag nur deshalb involviert, weil die deutlich teurere Filmhaus-Sanierung Auswirkungen auf den Haushalt des WDR hat. Sollte die Kostenexplosion abgesegnet werden, kommt erneut der Verwaltungsrat ins Spiel, der über die notwendigen Investitionen entscheiden muss. Der bisherige Verwaltungsrat wird im laufenden Jahr allerdings nur noch zweimal tagen – es ist also sehr wahrscheinlich, dass die Entscheidung über weitere Investitionen in das Filmhaus beim neu zusammengesetzten Verwaltungsrat liegen wird, der im Januar 2020 erstmals zusammenkommen wird. Gewählt sind unter anderem der ehemalige sächsische Staatskanzleichef Fritz Jaeckel (CDU), die ehemalige nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) und der NRW-Landtagsabgeordnete Karsten Rudolph (SPD).

Drastische Preiserhöhung verteidigt

Ludwig Jörder, noch bis zum Jahresende Verwaltungsratschef des WDR, verteidigt die drastische Kostenerhöhung bei der Filmhaus-Sanierung. „Die Alternativen zur Fortsetzung der Sanierung wurden sehr dezidiert und auf eine beachtenswerte Weise untersucht“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ein Neubau auf der grünen Wiese wäre demnach betrieblich nachteilig gewesen, weil die Zusammenarbeit mit den in der Innenstadt verbleibenden Abteilungen des WDR schwierig gewesen wäre. Ein Verkauf des Filmhauses hätte zudem das Problem aufgeworfen, dass sich im Untergrund sehr viele technischen Leitungen für den Sendebetrieb befinden. „Was ich kritisiere ist allerdings, dass man am Anfang nicht deutlicher gemacht hat, dass ein solches Projekt nicht nur 65 Millionen Euro kosten wird“, sagte Jörder. Das sei bei fast allen Großbauvorhaben der Fall. Man hätte stattdessen einen größeren Kostenrahmen nennen sollen, in dem sich die Sanierung bewegen würde.

„Ich würde zwar nicht behaupten, dass dieser Rahmen bei 240 Millionen Euro gelegen hätte, aber das wäre trotzdem besser gewesen“, so Jörder. Die nötige Budgeterhöhung sei vor allem auf gestiegene Baukosten zurückzuführen. Dabei handele es sich um einen Zusatzeffekt, den niemand erwartet hätte. „Auch wenn es keine Freude bereitet, ist es vernünftig, jetzt in den sauren Apfel zu beißen und das Filmhaus-Projekt fortzusetzen“, sagte Jörder.

Herzstück Newsroom

Sanierung und Umbau des Filmhauses sollen eigentlich für den neuen WDR stehen, der medienübergreifend arbeitet, also Fernsehen, Hörfunk, Text und Internet-Auftritt zentral steuert. Herzstück des Projekts ist ein großzügiger Newsroom. Illustrationen für Gremienmitglieder zeigen einen über mehrere Geschosse nach oben geöffneten, imposanten Raum. An den Brüstungen der oberen Stockwerke sind große Bildschirme angebracht. Hier kann man eigenes Filmmaterial abspielen, ebenso aber auch anderen und vor allem internationalen Sendern wie BBC, CNN und Al Jazeera Abspielfläche bieten. In der Regel sind solche Bildschirme stumm geschaltet, da durch das Stimmengewirr nur die Konzentration der Arbeitenden gestört würde. Ebenfalls bemerkenswert ist auch die vertikale Öffnung, die unter Bauexperten umstritten ist. Die Durchbrüche haben nicht nur für hohe Kostensteigerungen gesorgt, sie reduzieren die Geschossflächen und führen damit zu steigenden Quadratmeterpreisen.