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„Von fruchtbar zu unsichtbar“Kölner Influencerin kam mit nur 39 Jahren in die Menopause

Lesezeit 6 Minuten
Porträt der Kölner Influencerin Nadine Miree aka Nana Gold.

Foto: Michael Bause

Die Kölner Influencerin Nadine Miree aka Nana Gold 

Auf ihren Social-Media-Kanälen will Nadine Miree aka Nana Frauen ab 50 Mut machen, etwas Neues zu wagen. Sie fährt bald mit einem Schulbus durch Europa.

Nadine Mirees neues Zuhause wiegt 18 Tonnen und hat eine pinke Treppe. Innen wird man von hellen Holztönen empfangen, von Lichterketten und flauschigen Kissen, mittendrin baumelt eine Discokugel, über der Couch grüßt das Schild „Love you, bye“.  Demnächst  fährt Miree mit ihrem umgebauten amerikanischen Schulbus erst durch Deutschland, dann quer durch Europa. Ihre Wohnung hat die 52-Jährige zum 1. März gekündigt. „Ich bin das erste Mal, seit ich 25 Jahre alt bin, mietfrei. Damals bin ich nach New York ausgewandert.“

Wir sitzen auf der Couch im Bus, in Frechen wird er gerade in einer Werkstatt ertüchtigt. Das Öfchen wärmt uns an diesem kalten Vormittag Ende Februar. „Es kommt noch eine Spüle rein und ein Ofen, ich werde damit autark sein“, sagt Miree, raspelkurze, blondierte Haare, viele Ohrringe, knallenges rosafarbenes Top und darüber ein grünes, übergroßes Sakko. Wenn sie spricht, gestikuliert sie viel, wird auch mal lauter. Sie ist ein eloquentes Energiebündel, mit sich und ihrem doch recht wilden Plan im Reinen, so wirkt es.

Nana will Frauen in den Wechseljahren ermutigen, Neues zu wagen

Ihr Bus steht für die Visionen, die man Jahre lang aufschiebt, und nicht so recht weiß warum. Und sich dann doch traut zu verwirklichen. Es kann doch so einfach sein. Miree möchte Frauen ermutigen, in der Mitte des Lebens, wenn die Kinder aus dem Haus sind, der Hormonhaushalt verrückt spielt, nochmal etwas zu verändern. Als Nana Gold spricht die Influencerin auf Social Media („blondbyanana“) in selbstironischen und sympathischen Alltags-Videos über Wechseljahre, Inkontinenz und andere Tabuthemen.

Mit dem Bus will Nadine Miree aka Nana Gold bald durch Europa fahren.

Mit dem Bus will Nadine Miree aka Nana Gold bald durch Europa fahren.

Ihren weißen Koloss hat sie Lukie genannt. Er ist Baujahr 2005 und kommt aus Las Vegas. Hinter der Küche, die gleichzeitig eine Trennwand ist, soll noch eine Toilette eingebaut werden, eine Badewanne aus Eisen steht schon da. Im hinteren Ende des Schulbusses wird Miree dann schlafen. Sie will damit in der Natur, auf Campingplätzen oder Höfen übernachten, die ihr auch ihre Followerinnen anbieten. Wenn sie von den rund 175.000 Frauen spricht, die ihren Kanal abonniert haben, sagt sie „Zuschauerinnen“.

Nana: Als sie ihren Sohn bittet auszuziehen

Miree, gebürtig aus Nottuln im Münsterland, erzählt von ihrem ganz eigenen Mut-Moment. Es ist das Jahr 2019, seit drei Jahren lebt die alleinerziehende Mutter mit ihrem Sohn in Köln. Sie bittet ihn darum, auszuziehen. Price ist damals 21 Jahre alt. „Ich habe viel Schelte dafür bekommen“, sagt Miree so, als würde sie den verbissenen Mütter-Rechtfertigungskampf immer noch führen. 

Sie weist den Vorwurf der Egoistin, die sie angeblich sei, von sich. Der besagt: Man schmeißt seine Kinder nicht raus. Das schlechte Gewissen, das die Gesellschaft Frauen ständig macht, wird schnell zum eigenen, inneren Kritiker. „Diese Mutter-Bubble, die ist ziemlich stark, das muss aufhören. Es reicht irgendwann.“

Bis sie einen neuen Plan für ihr Leben hat, vergehen jedoch zwei Jahre. Ihr Sohn lebt mittlerweile mitten im Belgischen Viertel. Zufrieden und eigenständig. „Mama, du weißt ganz genau, wie weit du mich pushen kannst“, habe er seiner Mutter mal gesagt, als sie ihn als Teenie allein mit dem Flugzeug nach New York zu seiner Familie geschickt hat. 

Manch einer kennt Miree vielleicht noch aus dem Fernsehen, als sie 2004 am Reality-Format „Big Brother“ teilnimmt. Durch den Auftritt erhofft sie sich mehr für ihre Karriere, doch sie geht zurück in die Werbe-Branche.

Als sie 2019 mit ihren Videos in den sozialen Medien loslegt, hat sie kein Problem damit, über ihre stressbedingte Inkontinenz zu sprechen. „Damit fing alles an. Danach bekam ich meinen ersten großen Auftrag, um eine Studie zu Wechseljahren zu bewerben.“ Mit den Wechseljahren kennt Miree sich aus. Sie ist nur 39 Jahre alt, als ihre Periode für immer ausbleibt, Frauen in Deutschland sind bei der letzten Regelblutung durchschnittlich 51 Jahre alt. Das ist der eigentliche Moment, der Mirees Leben verändert und sie für das Thema sensibilisiert.

Wechseljahre setzen mit Ende 30 ein, was sehr früh ist

„Das ist super früh, und es geht auch noch früher. Das ist für Frauen dramatisch, die mit Mitte 30 noch keine Kinder bekommen haben, aus welchen Gründen auch immer. Das wird unterschätzt und von Ärzten teilweise nicht gesehen. Sie tun das ab mit: Das kann ja nicht sein.“

Miree glaubt eigentlich, sie sei wieder schwanger. Sie macht einen Termin bei ihrer Frauenärztin. Mit 37 erleidet sie zwei Fehlgeburten, beide Male im vierten Monat. „Die Ärztin hat mir bei einem Telefonat pietätlos mitgeteilt, ich sei mitten in den Wechseljahren. Einfach so, ohne mich in die Praxis zu bitten, ohne Feingefühl, nach dem Motto, ich sollte doch froh sein, meine Tage nicht mehr zu haben.“

Für sie sei eine Welt zusammengebrochen. „Ich dachte erst, ich habe neues Leben in mir. Von fruchtbar fühlte ich mich dann plötzlich unsichtbar.“ So schnell setzen dann auch die Symptome ein. Hitzewallungen zum Beispiel, unter Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit leidet sie schon länger. Sie sind die Vorboten, weiß sie heute. „Wir hatten tägliche Meetings und ich habe da mit dem Fächer gesessen.“ Dann bekommt sie eine Art Blähbauch. „Der Körper ist total verrückt geworden. Zum Glück konnte ich mich hormonell gut einstellen lassen. Mein früherer Frauenarzt hat sich sehr viel Zeit dafür genommen.“

Auch ihre Zuschauerinnen spiegeln ihr das: Es stehe und falle mit einem sensiblen Arzt, der sich einlässt auf die Patientinnen, denn für jede sei es eine komplett unterschiedliche Erfahrung. Auch welche Hilfsmittel – Hormone, Nahrungsergänzungsmittel oder sonstige Präparate – gut sind, sei individuell.

Ältere Generation hat Wechseljahre einfach so hingenommen

Die Influencerin erinnert sich, dass es für ihren Zustand damals keine Plattform gibt. „Man ist abgebügelt worden. Auch du hast gesagt, stell dich doch nicht so an“, sagt Miree und meint damit ihre Mutter Hiltrud Göddert, die auf dem Fahrersitz unserem Gespräch lauscht. Die 71-Jährige sagt:„ „In meiner Generation hat man die Wechseljahre einfach hingenommen. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass das so viel Zustimmung erfährt“, sagt sie über die Tätigkeit ihrer Tochter. 

Mit Lukie möchte Miree bald in jedem einzelnen Bundesland Halt machen und mit ihren Zuschauerinnen genau über diese Themen sprechen. Vorher haben Interessierte noch die Möglichkeit, sie bei einem Wechseljahre-Event in Köln anzutreffen. Neben Frauenärzten sprechen auch Medienvertreter und Personaler über einen sensiblen Umgang mit dem Thema in Betrieben und wie man gut durch die Wechseljahre kommt.

Nana auf Wechseljahre-Kongress in Köln

„Ich stehe für das Thema Awareness und dass man besser auf sich achten soll. Mir ist es einfach nicht peinlich über Inkontinenz zu sprechen. Warum sollte es? Es betrifft so viele.“ Ein Blick in die Drogeriemärkte zeige doch: „Die sind voll mit Windeln – und zwar Erwachsenenwindeln. Wir sind in einem Zeitalter, da sollte mal Schluss sein mit Verdrängung. Alles soll immer poshy und schön sein.“

Das sagt Miree so laut und bestimmt, dass ihr Gegenüber sofort denkt: Ja, genau, warum sollte das schon ein Problem sein, über die eigene Blasenschwäche vor Hunderten Besuchern zu reden? 

Miree ist geübte Fahrerin, einen LKW-Führerschein hat sie innerhalb von 14 Tagen gemacht. Ihre Eltern hatten 36 Jahre lang ein Wohn-Reisemobil-Unternehmen. Mit 14 Jahren habe sie schon Wohnwagen auf dem Hof rangiert, erzählt sie stolz.


Der Nexxt-Level-Kongress findet am Freitag, 7. März im Hotel Wasserturm, Kaygasse 2, statt. Um 9 Uhr startet das Programm und endet um 18.30 Uhr. Eintritt kostet 80 Euro. Mehr Infos finden Sie hier.