„So viele Jahre gearbeitet...“Wenn die Rente in Köln am Ende kaum fürs Leben reicht
- Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
- Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach. Heute spricht sie mit einer Kölnerin über die kleine Rente.
- Von der Angst, nicht mehr mithalten und sich das Leben irgendwann nicht mehr leiten zu können.
Köln – Die Frau, mit der ich heute auf der Breite Straße ins Gespräch komme, ist gedanklich mit einem Problem beschäftigt, bei dem kein Außenstehender wirklich helfen oder etwas raten kann. Sie komme vom Probeliegen im Bettengeschäft, erzählt Monika Starbatty, weil sie eine neue Matratze benötige. Hinsichtlich des Typs – Federkern – habe sie sich bereits festgelegt, aber in Sachen Härtegrad sei sie total unschlüssig.
Wenn es sich an der Schulter gut anfühle, komme es ihr vor, als sei die Hüfte nicht ideal gebettet und umgekehrt. Ich nicke, weil ich mir an manchen Tagen zwar weniger eine neue Matratze als einen Laden wünsche, in dem man ältere Schultern gegen neue tauschen kann. Im weiteren Verlauf des Gesprächs wird jedoch deutlich, dass meine Gesprächspartnerin nicht nur mit ihrer Liegefläche hadert.
Monika Starbatty lebt seit 1994 in Köln
Monika Starbatty stammt aus der Paderborner Gegend und lebt seit 1994 in Köln. „Ich komme hier, glaube ich, auch nicht so wirklich wieder hier weg“, glaubt die 67-Jährige. „Man gewöhnt sich so an Köln.“ – „Begeisterung klingt anders“, sage ich, und mein Gegenüber lächelt. Dann spricht Starbatty von den vergangenen zwei Jahren, in denen „Corona alles gebremst“ habe, von dem zweiten Pandemie-Winter, der einem „sogar schlimmer“ vorgekommen sei als der erste und davon, dass sich alle noch mehr zurückgezogen hätten. Jetzt sei sie einerseits froh „dass ich langsam wieder lebe“, habe andererseits aber auch Angst, sich dieses Leben irgendwann nicht mehr leisten zu können.
Einkaufen sowieso nur beim Discounter
Die 67-Jährige spricht von ihrer kleinen Rente und davon, ständig rechnen zu müssen. In einer Stadt wie Köln steht man aus ihrer Sicht zwar immer noch besser da, als wenn man irgendwo auf dem Land lebe. Sie nennt den Kölnpass oder das Seniorenticket, das es ihr ermögliche, Ausflüge mit der Bahn zu unternehmen. Bis letzten Sommer sei sie hin und wieder an die Ahr gefahren, was dann durch das Hochwasser unmöglich wurde. Ein eigenes Auto zu unterhalten, sei gar nicht mehr drin, „das habe ich verkauft“, sagt die Frau, die früher sowohl in städtischen Einrichtungen als auch in Privathaushalten Kinder betreut hat.
„Erfüllt es Sie oft mit Traurigkeit oder Wut, finanziell nicht mit anderen mithalten zu können?“ – „Manchmal schon. Da hat man so viele Jahre gearbeitet und kann sich trotzdem viele Dinge nicht leisten.“ Wir sprechen über gestiegene Energie- und Lebenshaltungskosten allgemein und davon, dass „Einkaufen sowieso nur noch bei Discounter“ möglich ist.
„Einfach die Seele baumeln lassen, wäre schön“
„Treffen Sie öfter Frauen wie mich?“, fragt die Rentnerin. „Immer mal wieder“, erwidere ich. „Die kleine oder zu kleine Rente ist eben leider eher ein Problem der Frauen.“ Starbatty lächelt zustimmend. „Aber ich lasse mich nicht unterkriegen“, betont sie und erzählt von den fünf Wochen im Herbst, in denen sie bei Tochter und Enkeln in Norddeich gewesen war. Es sei schön gewesen, mal rauszukommen, ein echtes Kontrastprogramm zu ihrem Leben hier, aber sie sei nicht der Typ für diese Gegend. „Der Norden ist einfach nicht mein Ding.“
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„Was wäre Ihr Ding, wovon träumen Sie?“, frage ich. „Ich würde gerne mal wieder Urlaub machen. Richtig Urlaub. Ich brauche nicht unbedingt die Weltreise. Ich würde gerne mal in die Toskana, zum Beispiel. Und da nicht rechnen müssen und auch nicht groß nachdenken müssen über Krieg und Corona oder andere unschöne Dinge. Einfach mal essen gehen, draußen sitzen können und die Seele baumeln lassen, das wäre schön!“