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Turnen im Park, kleinere GruppenWie Kölner Sportvereine die Corona-Krise überleben

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Das Kinderturnen des TuS Nippes findet wie alle Kurse im Nordpark statt.

  1. Die Corona-Krise traf den Kölner Breitensport bis ins Mark. Einige Wochen stand der Betrieb komplett still.
  2. Seit dem 15. Juli ist wieder Sport in der Halle mit bis zu 30 Teilnehmern möglich.
  3. Doch wie sich die Krise langfristig auswirkt, ist nicht abzusehen. Wir haben einen kleinen und den größten Breitensportverein der Stadt gefragt, wie brenzlig die Lage ist.

Köln – „Toll, das ist ja eigentlich viel schöner als in der Halle“, sagt ein Vater begeistert. Das Kinderturnen des TuS Nippes findet, wie alle anderen Sportangebote des Vereins, derzeit unter freiem Himmel im Nordpark statt. Einräder, Trampoline, Turnmatten, Bälle – alles wird mit Lastenfahrrädern hierher gebracht. Drei Übungsleiter haben einen Parcours aufgebaut. Die Kinder freuen sich, Spaziergänger bleiben neugierig stehen.

Seine Sporthalle in der Brehmstraße dürfte der Verein nach den neuen Corona-Regeln zwar nutzen. Aber Vereinsvorsitzender und Ehrenamtler Dietmar Donath will das nicht verantworten. „Die Halle ist über ein Oberlichtband nur sehr schlecht zu belüften, wir bleiben erst mal draußen.“ Kindern und Eltern macht es sichtlich Spaß, dass man wieder beisammen sein kann. Allerdings: Die Gruppen sind nun wesentlich kleiner als in Vor-Corona-Zeiten – da waren es beim Kinderturnen (mit Eltern ) auch schon mal 70 Leute, die in der Halle zusammenkamen. „Das ist hier im Park nicht möglich. Da wäre ja die ganze Wiese voll“, sagt Donath.

Jeder dritte Kölner im Verein

Die Corona-Kontaktverbote erschütterten den Breitensport bis ins Mark. „Viele hatten am Anfang Angst um ihre Existenz“, berichtet Christiane Kupferer, Geschäftsführerin des Stadtsportbunds (SSB). In Köln gibt es rund 650 Sportvereine, jeder dritte Kölner ist einem der Klubs Mitglied. Inzwischen wurden die Auflagen gelockert, zum Beispiel dürfen wieder bis zu 30 Menschen in einer Halle gemeinsam Sport treiben. „Das Leben kehrt langsam zurück in die Vereine“, sagt Kupferer.

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Abstandhalten beim Yogakurs des MTV Köln

Sie weiß aber auch: „Das ganze Ausmaß wird man erst Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres sehen.“ Durch die zeitweise Hallenschließungen und späteren Beschränkungen der Personenzahlen mussten Angebote wie Kinderturnen abgesagt werden, was sonst eine zuverlässige Einnahmequelle für die Klubs war. Das selbe gilt für viele Ferienprogramme, mit denen die Klubs ebenfalls wichtige Einnahmen erzeugen konnten.

Auch populäre Ballsportarten in der Hallen waren undurchführbar. Leichtathletikvereine mussten lukrative Laufveranstaltungen absagen, Vereine konnten Honorar-Trainer nicht weiterbeschäftigen, Einnahmen aus Bewirtungen fielen weg.

Diese Erfahrung hat auch der MTV Köln 1850 gemacht, mit 5400 Mitgliedern der größte Breitensportverein in Köln. „Am Anfang der Krise haben auch wir viele Angebote nach draußen verlegt“, sagt Jonas Schwamborn, Abteilungsleiter für den Breitensport, den Reha- und den Behindertensport.

„Erst seit dem 15. Juli, seitdem wieder bis zu 30 Teilnehmer in der Halle zugelassen sind, laufen wird aber fast wieder im Normalbetrieb“, sagt er. Allerdings muss in Umkleiden sehr auf die Hygiene geachtet werden. Beim Yogakurs zeigen Klebestreifen auf dem Boden an, in welchen Abstand die Teilnehmer ihre Matten auslegen dürfen. Die Reha-Sportgruppen – sonst eine sichere Einnahmequelle – laufen noch mit reduzierter Teilnehmerzahl.

Austritte halten sich in Grenzen

Ja, es habe durchaus einige Austritte und Einnahmeverluste gegeben, sagt Schwamborn. Die seien aber nicht bedrohlich. „Wir wissen nicht, wie es langfristig wird, aber viele Mitglieder haben sich sehr solidarisch gezeigt.“ Die Geschäftsstelle des MTV ist mit Hauptamtlichen besetzt, die viel Koordinierungsarbeit leisten müssen und können – im Normalbetrieb werden 800 Wochenstunden in 60 Sportstätten vor allem im Rechtsrheinischen angeboten.

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Vereinsvorsitzender Dietmar Donath

Rentner Dietmar Donath (72) dagegen leitet den Nippeser Verein, der etwa 1300 Mitglieder hat, von seinem Wohnzimmer aus. „Wir haben deshalb kaum laufende Kosten und haben außerdem einige Rücklagen.“ Hilfe hat er nicht beantragt.

Stadt und Politik haben einen Hilfsfonds über 300 000 Euro für den Breitensport bereitgestellt. Die Frist, hier Hilfe zu beantragen, wurdenun bis Ende November verlängert, denn nur wenige Vereine nahmen bisher das Angebot an: „Im Lockdown haben eben auch die Schatzmeister nicht gearbeitet“, sagt Christiane Kupferer.

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Aber auch jetzt seien die finanziellen Forderungen einzelner Vereine „bescheiden“, was auch mit einem Solidaritätsgedanken zu tun habe – die Klubs wollten sich nicht gegenseitig das Geld wegnehmen, vor allem nicht im Veedel. „Da spielen Rivalitäten plötzlich keine Rolle mehr“, beschreibt es Kupferer. „Meldungen über verstärkte Austritte und Mitgliederschwund hielten sich in Grenzen. Die Leute halten ihrem Verein oft die Treue. Aber man kann das erst am Jahresende genau bilanzieren.“

Im Nordpark scheint die Sonne. „Was wir im Winter machen, das weiß ich noch nicht. Aber das schaffen wir schon“, sagt Dietmar Donath. Jetzt ist aber erstmal die 60-Plus-Gruppe an der Reihe.