Köln – Vorsätzliche Körperverletzung und Beleidigung lauteten die Vorwürfe, wegen denen sich Moritz H., der als einer der führenden Köpfe der Ultra-Fußballfan-Gruppierung „Wilde Horde“ gilt, am Montag vor dem Kölner Amtsgericht verantworten musste.
Der 35-Jährige ist kein unbeschriebenes Blatt; unter anderem ist er 2016 wegen Landfriedensbruchs verurteilt worden. Die Strafanzeige im neuen Fall hatte eine Frau gestellt, die am 28. September des vergangenen Jahres, als der 1. FC Köln beim Europa-League-Spiel auf die Mannschaft von Roter Stern Belgrad traf, im Rhein-Energie-Stadion als Ordnerin im Einsatz gewesen war.
Unter einem Drehkreuz hindurchgeschlüpft
Sie hatte – wie andere Ordner auch – darauf zu achten, dass die hereinströmenden Fans keine Pyrotechnik ins Stadion schmuggeln. Tags darauf schilderte sie bei der Polizei, was an dem Spieltag passierte: Als Moritz H. am Eingang Südost unter einem Drehkreuz hindurchgeschlüpft sei, habe sie ihn zur Rede gestellt. „Du Schlampe, du Hure, weißt du nicht, wer ich bin?“, habe er sie beschimpft. Dann habe er ihr „unvermittelt mit der Faust von unten“ ins Gesicht geschlagen und sie sei zurückgetaumelt. Schließlich sei er zurück zum Einlass gegangen, um ordnungsgemäß sein Ticket scannen zu lassen. Der Stadionarzt und ihr Hausarzt, den die Ordnerin anschließend aufsuchte, diagnostizierten beide eine Kieferprellung.
Moritz H. (Name geändert) stritt kategorisch ab, dass er sie körperlich attackiert habe. Die Zeugin selbst zeigte sich vor Gericht unsicher, was genau geschehen war und spielte den Vorfall herunter. Zwar sagte sie, sie habe „eine vors Kinn gekriegt“, sie könne sich jedoch nicht erinnern, ob der Fußballfan sie „mit Absicht“ geschlagen und ob er das mit der Faust, dem Handrücken oder dem Unterarm getan habe.
„Über Facebook eingeschüchtert“
War ihre Aussage von Angst vor den Ultras bestimmt? Ein Polizist sagte im Zeugenstand, die 48-Jährige habe bei ihrer Vernehmung angegeben, sie sei nach jenem Spiel „über Facebook eingeschüchtert“ worden. Anschließend wurden zwei Zeugen gehört, die der Stadionverbotskommission des 1. FC Köln angehören, vor der Moritz H. nach dem 28. September erscheinen musste. Beide hatten einen Teil des Geschehens auf der Videoaufzeichnung einer Überwachungskamera gesehen, konnten aber nicht bestätigen, dass der Angeklagte zugeschlagen habe. Denn im entscheidenden Moment hätten er und die Ordnerin sich weiterbewegt, so dass sie hinter einem Pfeiler verschwunden seien. Daher habe es keinen Anlass gegeben, dem 35-Jährigen ein Stadionverbot zu erteilen.
Nach der Beweisaufnahme sagte Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn, von den Vorwürfen sei „kaum etwas übrig geblieben“ außer der Beleidigung. Die Amtsrichterin folgte seinem Vorschlag, das Strafverfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Der 35-Jährige muss 150 Euro an den Verein „Inklusiv wohnen“ zahlen, der ein Haus plant, in dem behinderte Menschen und Studenten zusammenleben.