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Infografik

Wohnen in Köln
„Den Einbruch am Immobilienmarkt dürfte man wohl als dramatisch bezeichnen“

Lesezeit 4 Minuten
Altbaufassaden im Kölner Agnesviertel.

Im Jahr 2023 wurden deutlich weniger Immobilien im Kölner Stadtgebiet verkauft als in den Vorjahren.

Im Jahr 2023 wurden deutlich weniger Immobilien im Kölner Stadtgebiet verkauft als in den Vorjahren. Das wirkt sich auf die Preise aus.

Die Zahlen im aktuellen Bericht des Kölner Gutachtenausschusses lesen sich alarmierend. Zeigen sie doch, wie stark der Immobilienmarkt in Köln im vergangenen Jahr eingebrochen ist. Nicht nur die Anzahl der verkauften Grundstücke und Immobilien ist gesunken, sondern auch der durchschnittliche Wert pro Transaktion. Wir haben uns von einem Immobilien-Experten erklären lassen, was die Veränderungen für Käufer und Verkäufer bedeuten.

2023 wurden in Köln nur 153 neu gebaute Wohnungen verkauft

„Den Einbruch am Immobilienmarkt dürfte man wohl als dramatisch bezeichnen“, erklärt der Kölner Immobilienmakler Hermann Ferrang. Am stärksten vom Rückgang betroffen sind neu gebaute Eigentumswohnungen. Im Jahr 2023 wurden nur noch 153 dieser Wohnungen verkauft. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 waren es noch 731 Wohnungen – ein Rückgang um fast 80 Prozent.

Wie lässt sich dieser Rückgang erklären? „Man muss die Entwicklung im größeren Kontext sehen: Das größte Problem sind die gestiegenen Zinsen", sagt Ferrang. „Dadurch fallen ganze Käuferschichten weg.“

Verdeutlichen lässt sich das an einem Rechenbeispiel: Wer vor einigen Jahren einen Kredit über 500.000 Euro aufgenommen hat mit einer Verzinsung von einem Prozent und einer Tilgung von zwei Prozent, zahlte im Monat eine Rate von 1250 Euro. Die Monatsrate sollte sich auf maximal ein Drittel des Netto-Monatseinkommens belaufen. Eine Finanzierung über 500.000 Euro war also für Menschen, die etwa 3800 Euro netto verdient haben, tragbar.

Gutachterausschuss verzeichnet eklatanten Einbruch auf Kölner Immobilienmarkt

Heute sieht das anders aus: Wer dieselbe Kreditsumme zu einem Zinssatz von vier Prozent aufnehmen will, muss sich auf eine monatliche Rate von 2500 Euro einstellen. Das monatliche Nettoeinkommen sollte sich also auf rund 7500 Euro belaufen, damit die Finanzierung von der Bank als tragbar eingestuft wird.

Die Auswirkungen zeigen sich nicht nur bei Eigentumswohnungen, sondern auf dem gesamten Kölner Grundstücks- und Immobilienmarkt. Der Einbruch, den der Gutachterausschuss im vergangenen Jahr verzeichnet hat, ist eklatant. Im Jahr 2023 wurden in Köln Verträge im Wert von rund 3,5 Milliarden Euro abgeschlossen. Gegenüber dem Umsatz, der noch 2021 verzeichnet wurde – damals waren es mehr als 6,7 Milliarden Euro – ist das ein Rückgang von fast 50 Prozent.

Auch hier zeigt sich der Wegfall bestimmter Käuferschichten: „Die Bauträger haben alle Probleme, da momentan nicht mehr preiswert gebaut werden kann", erklärt Hermann Ferrang. Zum einen hängt das mit den infolge des Ukrainekriegs gestiegenen Rohstoffpreisen sowie der wachsenden Inflation zusammen. „Hinzu kommen wahnsinnige Auflagen im Neubau – Brandschutz, Dämmung, CO2-Einsparungen, um nur ein paar zu nennen. Das rechnet sich für den Normalsterblichen nicht mehr.“

Zahl der abgeschlossenen Kaufverträge seit 2021 um rund 30 Prozent gesunken

Und noch ein weiteres Problem zeigt Hermann Ferrang auf: Die Zeiten für Baugenehmigungen würden immer länger. Von der Einreichung bis zur Genehmigung vergehen nach Angaben der Stadt Köln im Schnitt sieben bis zehn Monate. „Welcher Bauträger kann denn noch kalkulieren, wenn er erst in drei Jahren verkaufen kann?“

Die Zahlen des Gutachterausschusses zeigen zudem, wie stark die Zahl der abgeschlossenen Verträge eingebrochen ist: von 2021 bis 2023 um rund 30 Prozent. Gleichzeitig hat sich auch der durchschnittliche Wert aller Transaktionen deutlich verringert. Während der Umfang einer Immobilientransaktion in Köln 2021 im Schnitt noch bei mehr als 800.000 Euro lag, ist der Wert im vergangenen Jahr auf unter 600.000 Euro gesunken.

Dieser Preisverfall wirkt sich wiederum auf die Steuereinnahmen des Landes aus: Die NRW-Finanzverwaltung hat im Jahr 2023 mit 2,8 Milliarden Euro mehr als eine Milliarde weniger Grunderwerbsteuer eingenommen als noch im Vorjahr. Zeitgleich dürfte die hohe Grunderwerbsteuer neben wachsenden Zinsen, steigenden Baupreisen sowie der hohen Inflation dazu geführt haben, dass für einige Kaufinteressierte der Immobilienkauf schlicht nicht stemmbar war. Im ersten Halbjahr 2023 hatte es noch ein Förderprogramm des Landes gegeben, das für den Kauf selbstgenutzten Wohneigentums einen Teil der Grunderwerbsteuer erstattete. Das Förderprogramm wurde jedoch im Juli eingestellt.

Einbruch auf dem Immobilienmarkt ist gute Nachrichten für Kaufinteressierte

„Der Rückgang bei Verkäufen und bei den Einnahmen durch die Grunderwerbsteuer ist erschütternd. Man kann nur hoffen, dass die Europäische Zentralbank in diesem Jahr entscheidet, den Leitzins wieder abzusenken und die Verkaufszahlen dadurch wieder anziehen“, sagt Hermann Ferrang.

Immerhin: Für Kaufinteressierte dürften die Entwicklungen aus dem Jahr 2023 gute Nachrichten sein. „Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, eine Immobilie zu kaufen“, erklärt Ferrang. „Kaufinteressierte können auf Preise wie vor drei oder vier Jahren hoffen. Die Hochzeit ist vorbei, wir haben uns wieder auf gesunde Preise konsolidiert.“

Zeitgleich macht die aktuelle Marktsituation es schwierig für all diejenigen, die eine Immobilie verkaufen wollen: „Wer jetzt verkaufen muss, steht vor einem Problem. Momentan ist es sinnvoll, eine Immobilie zu halten und wenn möglich zu vermieten. Denn die Mieten gehen immer weiter nach oben.“