Bei den Gesamtschulplätzen herrscht ein großes Ungleichgewicht: Im Rechtsrheinischen gab es deutlich mehr Ablehnungen.
AnmeldeverfahrenAblehnungen an Kölner Gesamtschulen sinken auf zehn Prozent – Hier gibt es noch freie Plätze
Die Stadt wird in diesem Jahr 296 Kölner Kindern keinen Gesamtschulplatz anbieten können. Das teilte die Stadt zum Abschluss des vorgezogenen Anmeldeverfahrens mit. Dies entspricht einem Anteil von zehn Prozent der für diese Schulform angemeldeten Kinder. Damit konnte die Zahl der Ablehnungen im Vergleich zum Vorjahr halbiert werden. Im vergangenen Schuljahr lag die Zahl der Ablehnungen noch bei 705. Noch vor einigen Jahren betrug der Anteil der abgelehnten Kinder knapp ein Drittel.
Diese Zahl spiegelt den reinen Saldo-Wert wider – also das Verhältnis der stadtweit zur Verfügung stehenden 2700 Gesamtschulplätze zu den 2996 angemeldeten Schülern. Betrachtet man die Zahl der Ablehnungen an den einzelnen Schulen, kommt man nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf eine Summe von knapp 500 Kinder, die von ihrer Wunschgesamtschule ein Ablehnungsschreiben bekamen. Während einige Schulen deutliche Überhänge verzeichneten, sind an anderen Gesamtschulen in großer Zahl Plätze frei geblieben. Die Stadt Köln weist die Eltern darauf hin, dass die Gesamtschulen mit freien Kapazitäten noch Anmeldungen entgegennehmen. Die Zahl 296 hat dann Bestand, wenn alle diese Plätze jetzt noch durch Nachrücker belegt werden.
Viel mehr Ablehnungen im rechtsrheinischen Köln
Besonders markant fällt der Vergleich zwischen den beiden Rheinseiten aus, wo sich ein massives Ungleichgewicht abzeichnet: Alle sechs Gesamtschulen auf der rechten Rheinseite verzeichneten Ablehnungen. Spitzenreiter war die Willy-Brandt-Gesamtschule in Höhenhaus mit – Stand Ende vergangener Woche – über 130 Ablehnungen. Die Katharina-Henoth-Gesamtschule und die Gesamtschule Dellbrücker Mauspfad mussten zunächst dem Vernehmen nach mehr als 40 Kinder ablehnen. Im Saldo gingen von den Ablehnungen 279 auf das Konto der rechten Rheinseite. Und das, obwohl mit der erzbischöflichen Gesamtschule Kalk eine nicht-städtische neue Gesamtschule an den Start gegangen ist.
Im Vergleich dazu gibt es in einigen der zwölf städtischen Gesamtschulen auf der linken Rheinseite teilweise große Anmeldelücken. Am markantesten sind diese im Süden: So gab es an der Gesamtschule Berrenrather Straße für die 108 zur Verfügung stehenden Plätze dem Vernehmen nach zunächst nur 31 Anmeldungen. Und auch in der Europaschule Zollstock blieben zunächst noch über 60 Plätze unbesetzt.
Noch freie Plätze meldete auch die Gesamtschule Rodenkirchen. Im Westen im Bezirk Ehrenfeld machte sich die neue Ballung der Gesamtschulen im Gewerbepark Vogelsang bemerkbar, wo mit der Gesamtschule Wassermann und der Gesamtschule Ossendorf (Interim) neben der Gesamtschule Wasseramselweg und der Heliosschule gleich vier Gesamtschulen auf kleinem Radius konkurrieren: Die Ballung sorgte dafür, dass sogar Schulen wie die Gesamtschule Wasseramselweg, die im vergangenen Jahr viele Kinder ablehnen musste, Stand Ende vergangener Woche noch Plätze hatte, ebenso wie die beiden neu gegründeten Gesamtschulen auf dem Areal. Auch die Gesamtschule Porz hatte – Stand von Montag – noch Plätze.
In der Kölner Schulpolitik wurde die deutliche Reduzierung der Ablehnungszahlen für die Gesamtschulen quer durch alle Parteien mit Erleichterung aufgenommen. „Das ist wirklich ein großer Erfolg und ein irrer Sprung nach vorne“, freute sich die schulpolitische Sprecherin der Grünen, Bärbel Hölzing. Der Vorsitzende des Schulausschusses, Helge Schlieben (CDU), sprach von der „geringsten Abmeldequote an Gesamtschulen in den letzten 20 Jahren. Das ist der größte Erfolg in 15 Jahren Gesamtschulpolitik dieser Stadt“. Auch wenn man auf einem guten Weg sei: „Die Zahlen zeigen aber auch eindeutig, dass unser Auftrag ist, jetzt rechtsrheinisch Vollgas zu geben“, merkte Andrea Browers (Volt) kritisch an.
„Die Tatsache, dass allein im rechtsrheinischen Köln etwa 280 Kinder keinen gewünschten Platz an ihrer Wunschschule erhalten haben, zeigt mal wieder, wie notwendig die Errichtung neuer Gesamtschulen in diesem Gebiet gewesen wäre“, kritisierte der schulpolitische Sprecher der SPD, Oliver Seeck. Vor diesem Hintergrund sei es um so unverständlicher, dass durch Grüne und CDU eine Neugründung der Gesamtschule in Neubrück weiter verhindert werde, die weitere 108 Kinder versorgt hätte, fügte er hinzu. Auch der schulpolitische Sprecher der Linken, Heiner Kockerbeck, forderte, dass dem hohen Bedarf in den Bezirken Mülheim und Kalk dringend Rechnung getragen werden müsse.
Im nächsten Schuljahr sollen im Kölner Bezirk Kalk zwei neue Gesamtschulen starten
Außerdem müsse man die Frage stellen, wie sinnvoll es sei, im Kölner Westen so viele Gesamtschulen auf kleinem Radius an den Start zu bringen. „Kopflos Gesamtschulen einfach nur in Interims dahin zu platzieren, wo es gerade geht, nur weil man mehr Gesamtschulen will, kann nicht der Weg sein“, kritisierte die schulpolitische Sprecherin der FDP, Stefanie Ruffen. Zumal Interimslösungen von Eltern nur zögerlich angenommen würden. Auch sie plädierte dafür, „das Rechtsrheinische endlich groß gedacht in den Fokus zu nehmen“.
Denn: Die Bildungsungerechtigkeit lässt sich von fehlenden Kitaplätzen über hohe Wiederholerzahlen bei Erstklässlern bis zu den Gesamtschulplätzen durchdeklinieren: Überall sind die rechtsrheinischen Stadtteile, in denen der überwiegende Teil der Schulen mit der höchsten Schulindexstufe liegt, im Nachteil.
Schon im nächsten Jahr werde sich dieses Ungleichgewicht weiter auflösen, kündigte Schlieben an. Dann würden zwei weitere Gesamtschulen im Stadtbezirk Kalk im Interim an den Start gehen. Das bedeute rechtsrheinisch weitere 108 Plätze. „Auch wenn wir einen neuen Meilenstein erreicht habe, so ist es doch bitter für jedes einzelne Kind, das jetzt keinen Platz bekommen hat“, sagte er. Politik und Verwaltung würden in ihren Bemühungen erst dann ruhen, wenn jedes Kind, das einen Gesamtschulplatz möchte, diesen auch bekomme. Idealerweise in Wohnortnähe.