Nabu, Stiftungen und der Kreis Euskirchen haben das gemeinsame Projekt ins Leben gerufen. Schnelle Unterstützung gibt es über eine Hotline.
Netzwerk geschaffenSo wird verletzten Wildtieren im Kreis Euskirchen ab sofort geholfen
Ein Greifvogel, der gegen eine Scheibe geprallt ist und in die Unterdruckkammer kommt, damit die Hirnschwellung zurückgeht. Ein seltener Specht, dessen Flügel in einer Operation „gestiftet“ werden müssen – vergleichbar mit einem Nagel im Schienbein beim Menschen. Oder auch der Steinmarder, der aufgepäppelt werden muss, dann aber nur per „Softrelease“ in die Natur wieder entlassen werden kann, weil er sich zuvor zu sehr an den Menschen gewöhnt hat und nun Schritt für Schritt wieder an seinen eigentlichen Lebensraum herangeführt werden muss.
Und dann sind da noch Fledermäuse, Eichhörnchen und Igel, die immer mal wieder in Unfälle verwickelt sind und Hilfe benötigen. Nach Angaben von Marion Zöller, Vorsitzende des Nabu im Kreis Euskirchen, klingelt in der Brutzeit pro Tag bis zu 20 Mal das Telefon, weil ein Tier verletzt aufgefunden worden sei.
Nabu hat sich im Kreis Euskirchen bisher in Eigenregie gekümmert
Bisher hat sich das Team des Nabu in Eigenregie um die verletzten Wildtiere gekümmert und sie mitunter bis nach Mayen gefahren, weil dort eine Tierklinik ansässig ist, die über eine Unterdruckkammer für Greifvögel verfügt.
Nun wird die Netzwerkarbeit der Naturfreunde mit Unterstützung des Kreises Euskirchen sowie der Eifelstiftung und der Dr. Axe-Stiftung gebündelt und auf neue Beine gestellt. Die Akteure haben dem Projekt den Namen „Wildtierhilfe Nordeifel“ gegeben. „Unsere Mission ist, Wildtiere zu retten, zu rehabilitieren und in die Natur zurückzuführen“, sagt Monika Zöller.
Wildtierhilfe Nordeifel: ehrenamtliches Netzwerk
Die Wildtierhilfe Nordeifel sei ein ehrenamtliches Netzwerk, das professionell und engagiert arbeite, so Zöller: „Wir folgen den Empfehlungen des Veterinäramts im Kreis Euskirchen sowie denen der beteiligten Tierärzte.“
Nach Angaben von Kreisveterinär Dr. Jochen Weins war zunächst eine Wildtierauffangstation in Kooperation mit dem Kreis Düren und dem Landesumweltamt NRW (Lanuv) im Gespräch. Das Projekt sei an den Kosten gescheitert. Ganz verabschieden habe man sich aber auch nicht wollen. Also seien die Kräfte gebündelt und vor allem in eine Struktur gebracht worden, so Weins.
Ganz wichtig im neuen Netzwerk sei die Hotline, die geschaffen worden sei, so der Experte. An der Hotline will der Nabu dafür sorgen, dass die Unterstützung und Hilfe für das verletzte Wildtier schnell er- und vermittelt ist. So haben sich laut Weins auch Tierärzte dem Netzwerk angeschlossen, die das verletzte Tier ehrenamtlich versorgen und notfalls auch operieren. So gebe es beispielsweise Tierärzte und Pflegestationen, die auf Marder spezialisiert seien – und auf das bereits erwähnte „Softrelease“. „Dann wissen wir, wohin wir das Tier bringen müssen – egal, wo es gefunden worden ist“, so Zöller: „Marder können nicht einfach vor die Tür gesetzt werden, wenn sie gesund sind.“
Kreisveterinär Weins ergänzt: „Man muss aber ganz klar sagen: Wenn das Tier nicht genesen ausgewildert werden kann, dann muss es leider eingeschläfert werden. So traurig das auch ist.“
Damit das verletzte Tier aber überhaupt vom Auffindeort zum Tierarzt oder einer Pflegestation kommt, hat der Nabu einen Fahrdienst. „Ich kann schon verstehen, wenn nicht jeder, der einen verletzten Greifvogel findet, den auch im Auto transportieren will“, so Weins. Daher sei es eine sehr gute Sache, dass der Nabu den ehrenamtlichen Fahrdienst ins Leben gerufen habe. Und da kämen mitunter viele Kilometer zusammen. Nicht selten werde ein Tier auch mal nach Sankt Goarshausen gefahren, weil ihm dort am besten geholfen werden könne.
Die Fahrdienst-Ehrenamtler sind laut Ulrich Pohl, ebenfalls Vorsitzender des Nabu im Kreis Euskirchen, im ganzen Kreis verteilt. „Es dürfen gerne mehr sein“, so Pohl. Gleiches gelte auch für Helfer, die sich der verletzten Tiere in Pflegestationen annehmen wollen. Davon gebe es zwischen Losheim und Metternich aktuell 20.
Nabu nimmt ausrangierte Transportboxen
Auch indirekt können der Nabu und die Wildtiere unterstützt werden. „Wer beim Aufräumen des Kellers eine Katzentransportbox findet, kann die gerne spenden. In eine Katzenbox passt mitunter viel Wildtier“, sagt Monika Zöller.
Unterstützung erhält das Netzwerk auch von den beiden Stiftungen. So sollen die Ehrenamtler, aber auch die Tierärzte, die auch ehrenamtlich agieren, eine finanzielle Aufwandsentschädigung für ihre Auslagen erhalten. Dazu gehören laut Bernd Hellgardt, Stiftungsvorstand der Eifelstiftung, Kilometergeld, Kosten für Futter, Verbandsmaterial oder auch Streu fürs Gehege. Wie viel Geld die Stiftung zum Start des Projekts eingezahlt hat, wollte Hellgardt nicht verraten. Es sei auch nicht klar, wie viel Geld man so benötigte, weil man einfach keine Erfahrungswerte habe. Die Wildtierhilfe sei eben ein Pionierprojekt.
„Wildtiere haben keine Lobby. Im Notfall benötigen sie einfach unsere Hilfe“, sagt Hellgardt: „Da viele Notfälle durch menschlichen Einfluss entstehen, ist es für uns von größter Bedeutung, jede Situation sorgfältig zu prüfen und sicherzustellen, dass unser Eingreifen den Tieren mehr hilft als schadet.“
Wie Monika Zöller berichtet, ist die Hotline (siehe „So funktioniert die Rettung“) auch bei der Polizei und der Feuerwehr hinterlegt. „Die kennen uns und haben die Nummer“, berichtet das Vorstandsmitglied des Nabu im Gespräch mit dieser Zeitung.
So funktioniert die Wildtierhilfe
Wer ein verletztes Wildtier findet, soll im Idealfall den Fund – telefonisch oder per Formular – melden. Die Nummer der Hotline ist: 0 65 57/90 098 79.
Das Hotline-Team ermittelt nach Angaben der Wildtierhilfe Nordeifel die bestmögliche Hilfe für die jeweilige Tierart und die vorliegende Situation. Über die Hotline werde dem Finder ein Ansprechpartner vermittelt, bei dem das Tier abgegeben werden kann, um anschließend eine fachgerechte Versorgung gewährleisten zu können. Bei Bedarf wird im Hintergrund über das vorhandene Netzwerk ein Fahrdienst aktiviert.
Mithilfe des Fahrdienstes wird das Tier zum Tierarzt und oder zur Pflegestation gebracht. Das im Idealfall genesene Tier wird laut Tierhilfe nach der Versorgung beim Arzt und der Pflegestation wieder in die Freiheit entlassen.