Bei den Kölner Kino Nächten stellen sich Filminstitutionen mit ihren Lieblingsfilmen vor. Der Höhepunkt des Festivals beschwört den guten Geist von Finkenberg.
15. Kölner Kino NächteUnter dem heißen Pflaster liegt der Rheinstrand
Was schreibt man einem Mädchen, wenn man sich nicht traut, es anzusprechen? „Hey Nadja“, das ist schon mal ein guter Anfang, finden die drei Freunde, die dem Jungen ansonsten keine große Hilfe sind. Soll es danach mit einem Komma weitergehen oder ist das schon cringe? „Ich schreib doch keinen Brief“, empört sich der SMS-Texter und sieht sich heimlich nach dem Objekt seiner schüchternen Begierde um.
Auf der Suche nach einer Chronistin des Kölner Stadtlebens kommt man schon jetzt an Sophia Groening nicht vorbei. Dabei hat die KHM-Studentin lediglich eine überschaubare Anzahl an Kurzfilmen gedreht. Die aber enthalten, wie der mit dem Deutschen Filmpreis geehrte „Muss ja nicht sein, dass es heute ist“, mehr Großstadtluft als die meisten deutschen Spielfilm- und Fernsehproduktionen. Allein wie Groening die pubertäre Wortklauberei aus dem Alltag eines Platzes in Köln-Finkenberg heraushebt und wieder darin aufgehen lässt, erzählt ebenso viel über den (guten) Geist des Ortes wie über eine abenteuerliche Lebenszeit.
Auch die neue Komödie mit Anke Engelke ist zu sehen
Bei den 15. Kölner Kino Nächten läuft Groenings zweitjüngster Kurzfilm als Gastspiel, nämlich im Rahmen der Kinotournee des aktuellen deutschen Kurzfilmpreises. Am 1. Juli ist das reisende Programm in der Filmpalette zu sehen, ansonsten stellen sich bei den Kinonächten wieder einzelne lokale Film- und Kulturinstitutionen mit ihren „Lieblingsfilmen“ vor. So zeigt die Kunsthochschule für Medien (KHM) einige Diplomfilme von Absolventinnen, der Filmclub 813 präsentiert mit „Heißes Pflaster Köln“ eine filmhistorische Rarität über das kriminelle Milieu der Stadt, und das Institut Français zeigt als Vorpremiere „Mit Liebe und Entschlossenheit“, den neuen Film von Claire Denis.
Die insgesamt 40 Filme sind so verschieden wie die Institutionen, die sie als Visitenkarte verteilen. Die Bandbreite reicht von einem US-Independent-Klassiker wie John Cassavetes‘ „A Woman Under the Influence“ (ausgesucht von Edimotion und Internationaler Filmschule) bis zur französischen Agentenparodie „OSS 117“, mit der das Film Festival Cologne für sich wirbt. Die Kino Gesellschaft Köln wiederum bringt den neuen Film von Anke Engelke ins Museum für Angewandte Kunst. In der österreichischen Komödie „Der Onkel“ spielt sie ein „Vorstadtweib“, das unerwarteten Besuch von ihrem Schwager erhält, als ihr Ehemann, ein Prominenten-Anwalt, ebenso unerwartet ins Koma fällt.
Selbstredend ist in dieser Familiengeschichte nichts wie es scheint: Die Ehefrau ist immer noch in den Schwager verliebt, der ehrbare Gatte hat eine stattliche Menge Schwarzgeld in der Vorstadtvilla versteckt, und die spießige Nachbarschaft treibt es einigermaßen toll, wenn gerade niemand schaut. Allein der Onkel steht von Anfang an als halbseidener Trickbetrüger da und bringt gerade deswegen das bürgerliche Herz des Films zum Pochen.
„Kölner Kino Nächte“, 29. Juni bis 2. Juli, Köln, diverse Spielorte