Fettes Brot ist auf Abschiedstour. So hat sich das Rap-Trio aus Hamburgs Vorstädten von seinem Kölner Publikum verabschiedet.
„Köln, was für ein Abend“Fettes Brot verabschieden sich endgültig – So wurden sie gefeiert
Das war es mit „everybody's favorite Bäckerladen“. Doktor Renz, König Boris und Björn Beton, die drei Hip-Hopper aus Hamburgs Vorstädten, verabschieden sich mit einer knallenden Party von ihren Fans. Fettes Brot hat eines ihrer letzten Konzerte in der Lanxess-Arena in Köln gespielt. Die Abschiedstour endet in einer Woche am 6. Mai in Kiel. Aber: „Brot weint nicht“, verkündete das Rap-Trio bereits im vergangenen Herbst in diesem letzten neuen Song, der zum Ende ihrer Bandgeschichte geschrieben wurde.
Der Beginn vom Ende ist ein Blick zurück. Eine Fotoshow auf dem großen Vorhang führt durch fast 30 Jahre Bandgeschichte. Was groß und bedeutend hätte ausfallen können, ist bei den Broten absurd klein. Ihre Liebe zum Bezirksfußball des SuS Waldenau, punkige Wahlplakate für die „Fettes Brot Partei“ und eine Menge Bilder der Bandmitglieder mit schlechten Frisuren aus den 90ern sind da zu sehen.
Fettes Brot bleibt auch auf Abschiedstournee bodenständig
Martin Vandreier, Boris Lauterbach und Björn Warns sind eben nahbar. Sie packen Anekdoten über Abstürze auf der Comet-Preisverleihung aus und stellen ihre Anfänge als ulkige weiße Spaß-Rapper in Norddeutschlands Gemeindesälen nach. Selbst auf der großen Bühne sind Fettes Brot bis heute bodenständig geblieben. Statt der sonst so üblich gewordenen LED-Screens hängt, ganz oldschool, eine Leinwand mit Hamburger Hafen-Skyline hinter den Musikern. Eine aufblasbare Plastikmöwe schwebt davor. Street-Credibility haben sie, als bürgerliche Gymnasiasten, eh nicht vorzuweisen, also musste der Wortwitz ihre Marke werden.
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Lanxess-Arena lispelt sich durch Lied von Fettes Brot
Aber die Lanxess-Arena dazu zu bringen, lispelnd „Hafenmeister stolpert übern spitzen Stein“ zu rappen, ist ja auch eine Leistung. Investiert haben die Drei in ihrem Bühnenbild dafür in einen Kutter, von dem es sich in die Halle hinein rappen lässt. Und dessen Führerhäuschen zu „Emanuela“ wildestes Strobolicht abwirft – Einsatz: DJ exel. Pauly (Markus Pauli). Brot weint nicht, Brot feiert aber.
Mit den Emotionen ihres Publikums spielen sie trotzdem. Auf diesen textlich zwar sinnfreien Hit, der dennoch alle, die Ende der Nullerjahre in Clubs unterwegs waren, an alte Zeiten erinnern dürfte, „Das letzte Lied“ folgen zu lassen, ist gleicht doppelt fies: Jetzt ist es wirklich fast das letzte Lied auf der Party Fettes Brot.
Fettes Brot: Selbstironisch gegen Hip-Hop-Klischees
Um wirklich wie „Große“ zu wirken, haben sich die Anti-Gangster-Rapper einen Hafenpoller auf der Bühne bereitgestellt. Stehen sie darauf, wie Kinder an den Landungsbrücken es tun, mag man ihnen nicht unbedingt mehr Autorität zugestehen, dafür Sympathie.
Als Poster hingen die Brote trotz ihrer notorischen Uncoolness in den deutschen Jugendzimmern und liefen in der Hochzeit des Musikfernsehens auf Viva rauf und runter. Fettes Brot stammt aus einer anderen Zeit, vielleicht löst die Band sich deshalb auf, einen konkreten Grund haben sie nicht verraten, außer: „Anno 2022 erscheint uns unsere gemeinsame Story irgendwie auserzählt“.
Dabei stieß sie schon 2001 Debatten an, die heute noch eindringlicher geführt werden als damals. „Schwule Mädchen“ schießt gegen die (damals) gängigen vermeintlichen Beschimpfungen im Hip-Hop und funktioniert noch immer. Zum Grand Finale bekennt sich die gesamte Arena minutenlang dazu, schwule Mädchen zu sein.
Letztes Fettes Brot-Konzert: Fans wollen nicht aufhören
Fettes Brot hat die Eigenheiten des originalen Hip-Hops adaptiert und so umgekehrt, dass man, hat man den Schiffmeister und seine zwei Freunde einmal live erlebt, den unironischen Kollegen kaum noch ohne Schmunzeln zusehen kann. Das Rap-Battlen der drei Brote ist freundschaftliches Kabbeln, das zwischen den fast 50-Jährigen noch amüsanter wirkt als in jüngeren Jahren, in ihren Baggy-Pants und mit bunten Caps hüpfen sie wenig klassisch-maskulin über die Bühne, schmeißen dafür im Takt gleichzeitig die Beine hoch.
Spätestens ab den 2010ern produziert das wuselige Trio allerdings auch deutlich mehr ernsthafte Popmusik, wie mit „Echo“. In der Arena spielt die Band mit dem Text, wird das Konzertpublikum doch tatsächlich zu ihrem Echo. Da Fettes Brot die Setliste aus ihren Best-ofs zusammengestellt hat, so wie auch das dieses Jahr erschienene letzte Brot-Album „Hitstory“, kann so gut wie jeder Fan jeden Vers mitsingen.
Und die Fans wollen gar nicht aufhören, ginge es nach ihnen, endet das Abschiedskonzert nie. Nach dem ersten Encore inszeniert die Band nochmal einen Curtain Drop, die Leinwand mit einem lebensgroßen Bild im Hafen aufgestapelter Container fällt wie schon am Anfang hinab.
Ein nun wirklich letztes Mal, zumindest für Köln, kommt Fettes Brot hervor, denn: „Es war tierisch einsam hinter der Bühne“, kommentiert König Boris, bevor er den zweiten Zugabe-Block anstimmt. An das Leben ohne Publikum sollte sich die Band allerdings langsam gewöhnen. Ein kleiner Trost bleibt: Die drei Nordischen versprechen ihren Fans, „wenn ich eine Party schmeiße, kannste kommen“.