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Acht-Brücken-Festival in KölnZischen und Flatterzunge – So waren die Konzerte am Maifeiertag

Lesezeit 3 Minuten
Yuko Kakuta (Sopran) und Yukiko Sugawara (Klavier) Yukiko Sugawara beim Kölner Festival Acht Brücken.

Yuko Kakuta (Sopran) und Yukiko Sugawara (Klavier) Yukiko Sugawara beim Kölner Festival Acht Brücken.

Das Acht-Brücken-Festival in Köln hat am Maifeiertag wieder Konzerte zu freiem Eintritt geboten, darunter auch Uraufführungen. So war der „Freihafen“.

Auch dieses Jahr wurden im Rahmen des Acht Brücken Freihafen am Maifeiertag zehn Konzerte zu freiem Eintritt vom Publikum dankbar angenommen. Schon am Vormittag war die Aufführung von Helmut Lachenmanns „GOT LOST“ in der Philharmonie gut besucht. Der 1935 geborene Komponist lässt im 2008 vollendeten Duo für hohen Sopran und Klavier anfängliche Zisch- und Atemgeräusche nach und nach in Gesangstöne und einzelne Silben übergehen. Die Artikulationen verdichten sich endlich zu versprengten Versen von Nietzsche, Pessoa und der Vermisstenanzeige „Today my laundry basket got lost“, die dem Stück den Titel gab.

Yuko Kakuta und Yukiko Sugawara sind mit der virtuosen Komposition seit Langem vertraut. Das Duo bescherte einmal mehr eine packende Aufführung. Wie die drei Sprachen Deutsch, Portugiesisch und Englisch amalgamiert Lachenmann auch vokale, pianistische und perkussive Aktionen durch analoge Spielweisen: Zungenschnalzen und Pizzikati, Flatterzunge und Rattern über die Tastatur, Klatschen auf die Wange bei mit offenem Mund geformten Vokalen und abgedämpften Tönen im Innenklavier. Die Sopranistin singt auch in den Konzertflügel, damit die Töne auf den resonierenden Saiten wie aus einem tiefen Abgrund zurückhallen. Wie ein Alarmsignal gellen schließlich finale Spitzentöne zum Nietzsche-Vers „verloren bist du, glaubst du an Gefahr“.

Zola Mennenöh singt „Ohne Garantie“ von Max Andrzejewski auf Acht-Brücken-Festival

Mit dem Programm „Ohne Garantie“ wurde dagegen schon zu Mittag eine Schlaftablette verabreicht. Max Andrzejewskis monotone Stückchen sang Zola Mennenöh mit ebenso gleichbleibend weich gehauchter Sing- und Sprechstimme ohne jede Varianz mit immer gleichen Intervallkombinationen und Begleitakkorden des Ensembles. Ausgerechnet zur Textzeile „find new possibilities“ verebbte diese „zeitgenössische Klassik“ mit wenigen gehauchten Tönchen. Statt Aufbruch zu Neuem, Musik gewordene Lethargie.

Zola Mennenöh in orangen Jumpsuit singt beim Festival Acht Brücken in Köln mit kleinem Ensemble.

Zola Mennenöh singt beim Festival Acht Brücken in Köln.

Am Nachmittag mäandrierte das Projekt „KonSequenzen“ mit zwölf neuen Solostücken von Milica Djordjević, Yu Kuwabara, Mikel Urquizua und Vito Žuraj zwischen Funkhaus und Baptisterium. In Anlehnung an Luciano Berios „Sequenze“ sollten einmal mehr die spieltechnischen Möglichkeiten der Instrumente ausgelotet und außerdem durch zweimalige Aufführung die Räume mit ihrer unterschiedlichen Akustik, Atmosphäre, Aura, Architektur, Materialität und Disposition als Dialogpartner der Solostimmen erfahrbar gemacht werden. Die ausgezeichneten Mitglieder von Ensemble Musikfabrik, Ensemble Modern sowie namhafter weiterer Solistinnen und Solisten waren ein Erlebnis, obwohl eine Serie von zwölf Solostücken keine tragfähige Dramaturgie darstellt.

Acht-Brücken-Festival: Ensemble Modern mit „Triptychon“ von Rebecca Saunders

Den Musiktag beschloss das Ensemble Modern unter Leitung von Bas Wiegers mit dem „Triptychon“ von Rebecca Saunders. Im ersten Teil „Scar“ kommen die Klänge aus dem Nichts und verschwinden auch wieder darin, so dass zwischenzeitlich Stille als Grundfolie von Musik wie die Leinwand der Malerei hervortritt. Die von der britischen Komponistin tausendfach verwendeten Klänge und Gesten sind zwar allesamt schön, aber längst zum leerlaufenden Manierismus erstarrt.

Im zweiten Teil „Skin“ wird eine einmal gefundene Parallele von Flatterzungen „R“ der hervorragenden Sopranistin Juliet Fraser und der ebenso mit Flatterzunge und Dämpfer geblasenen Trompete bis zum Überdruss breitgetreten. Und im uraufgeführten Schlussteil „Skull“ werden Glissandi eine volle halbe Stunde lang in allen möglichen Kombinationen und Varianten ausgebreitet, bis am Ende ein solistisches Streichquartett mit plötzlicher Schroffheit doch nochmals überrascht.