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Cuarón, „Schneeschwester“ und Co.Das sind die besten neuen Weihnachtsfilme

Lesezeit 4 Minuten
Ein Junge trägt eine Eule in der Hand.

„Weihnachten im Anflug“ von Alfonso Cuarón

Konkurrenz für Kevin, Aschenbrödel und den kleinen Lord: Neue Festtagsfilme für Kinder- und Familien im Fernsehen.

Jährlich erhellen mehr als 50.000 Lichter einen riesigen Weihnachtsbaum vor dem Rockefeller Center in New York. Im Jahr 2020 stahl dem Spektakel eine winzige Eule die Show, als sie von der Feuerwehr live vor laufenden Kameras aus der Baumspitze gerettet wurde. Die kleine Episode brachte den mexikanischen Filmemacher Alfonso Cuarón („Harry Potter und der Gefangene von Askaban“) auf eine Idee: Nachdem er für Disney+ bereits zwei weihnachtliche Kurzfilme produziert hatte – „Le Pupille“ über einen Aufstand in einem katholischen Waisenhaus sowie „Der Lotse“ über einen Piloten der Royal Air Force, dem an Heiligabend 1957 ein Engel (John Travolta) den Weg weist –, beendet er nun seine Festtagstrilogie mit dem Abenteuer der kleinen Eule.

Alfonso Cuarón erzählt in „Weihnachten im Anflug“ die Odyssee der putzigen Eule Moon

So erzählt „Weihnachten im Anflug“ in 25 turbulenten Minuten die Odyssee der putzigen Eule Moon vom väterlich behüteten Nest im Winterwald mitten hinein in den hektischen Großstadtverkehr. Moon begegnet einer coolen Tauben-Gang, freundet sich mit einem traurigen Mädchen an und nimmt auf seine arglos-kindliche Art Einfluss auf die Gefühle aller. Während die computeranimierten Figuren und Settings liebevoll wie aus Pappe und Holz gefertigt erscheinen, trägt ein Obdachloser das Geschehen als Ballade vor und fragt nebenbei nach dem Wesen einer guten Weihnachtsgeschichte.

Gute Geschichten für Kinder gibt es im diesjährigen Weihnachtsangebot der Fernsehsender so einige zu entdecken, so etwa bei Netflix den stimmungsreichen, gefühlvollen Kinderfilm „Die Schneeschwester“ aus Norwegen: Ein elfjähriger Junge mit indischen Wurzeln trauert um seine verstorbene Schwester, als ein fröhlich-ausgelassenes Mädchen in sein Leben platzt und ihm rechtzeitig zu Weihnachten neuen Lebensmut beschert. Von Ferne erinnert das Mädchen in Rot an Pippi Langstrumpf, könnte aber eher einer Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens entsprungen sein, trägt es doch selbst eine „überirdische“ Last, die nunmehr abgegolten werden muss. Inhaltlich könnte dieses Kleinod kaum weiter entfernt sein vom heiter aufgedrehten Netflix-Animationsfilmspaß „Ein klitzekleines Weihnachtswunder“, doch am Ende verknüpfen sich auch hier die Anekdoten aus einer englischen Küstenstadt im Schneesturm zum besinnlichen Weihnachtsreigen.

Dornröschen und der Fluch der siebten Fee_

Dornröschen und der Fluch der siebten Fee: v.l.n.r.: Rosabella (Alix Heyblom), Parvus (Claude Heinrich)

Ähnlich ausgelassen bürstet auch das neue Weihnachtsmärchen im Ersten Vertrautes gegen den Strich. „Das Märchen von der silbernen Brücke“ (ARD-Mediathek, am 25.12. im Ersten) ist bereits der 57. Teil der langlebigen Reihe „Sechs auf einen Streich“ und basiert lose auf einem Kunstmärchen von Hertha Vogel-Voll aus dem Jahr 1950: Rose und Heinrich, Kinder eines chronisch überarbeiteten Bäckerehepaars, finden ein Märchenbuch, aus dem Hexe, Teufel, Rotkäppchen, Schneewittchen und Rumpelstilzchen herauspurzeln und sie um Hilfe bitten: Die Märchenwelt wird vom „Dicken Ende“ bedroht, was die Geschwister nur verhindern können, indem sie sich einträchtig der heilenden Macht von Märchenfantasien vergewissern. Das muntere Patchwork jongliert mit sanft persiflierten Märchenhelden, wobei Christina Große als herbe Hexe und Detlev Buck als grantiger Teufel herrliche Kabinettstücke bieten.

Die neue „Märchenperle“ im ZDF denkt einen klassischen Märchenstoff ebenfalls anders und würzt ihn mit modernen Fantasy-Kapriolen und anachronistischen Brüchen. Dabei geht es in „Dornröschen und der Fluch der siebten Fee“ (ZDF Mediathek, am 24.12. im ZDF) vorrangig um den sanften Prinzen Parvus, der so gar kein Interesse am Heldentum hat und viel lieber Pflanzen studiert. Dass er Dornröschen dennoch aus ihrem 100-jährigen Schlaf weckt, verdankt er seinen charakterlichen Stärken, an denen er zuvor lange zweifelt und an der garstigen Dornenhecke Heckbert sowie den Zauberkräften der dunklen Fee Rubia zu scheitern droht.

Schön schaurig geht es in diesem Abenteuermärchen mitunter zu – wenn auch bei weitem nicht so schaurig wie in der kraftvollen Neuverfilmung von Astrid Lindgrens „Ronja Räubertochter“ (ab 20.12. in der ARD-Mediathek, am 25./26.12. im Ersten). Gewaltig donnert und kracht es im düsteren, nicht nur von freundlichen Fabelwesen bewohnten Mattiswald, aber auch in Ronjas kompliziertem Familienleben zwischen starker Mutter und schwachem Räuber-Vater. Lindgrens heiterer Charme versteckt sich oft hinter dem naturalistischen Ambiente der Serie, die gleichwohl zu den Highlights im festlichen Fernsehangebot gehört – prächtige Alternativen zum immergleichen Angebot aus Kevin, Aschenbrödel und kleinem Lord.