Wir stellen Ihnen alle Kandidatinnen und Kandidaten des ersten Halbfinals beim ESC vor und tippen, wer weiterkommt.
ESC 2023So schrill sind die Acts im 1. Halbfinale beim Eurovision Song Contest – Wir tippen, wer weiterkommt
Der 67. Eurovision Song Contest findet zum neunten Mal in Großbritannien statt: Los geht es am Dienstag, 9. Mai 2023, mit dem ersten Halbfinale in Liverpool, das ab 21 Uhr live im Spartensender ONE und im Livestream auf www.eurovision.de übertragen wird. Die Zuschauer erwartet wieder eine spektakuläre Show mit 15 Ländern und zahlreichen Gästen wie der britischen Popsängerin Rita Ora oder der ukrainischen ESC-Teilnehmerin von 2010, Aljosha.
Am 22. November 2022 kündigte die Europäische Rundfunkunion (EBU) eine Reform des Abstimmungsverfahrens an. Erstmals seit 2007 werden die Finalistinnen und Finalisten in den beiden Halbfinals ausschließlich per Televoting ermittelt und nicht mehr zur Hälfte durch Fachjurys. Deutschland ist im ersten Semifinale stimmberechtigt.
Es kommentiert zum letzten Mal in diesem Jahr Peter Urban. Im Folgenden werfen wir einen ausführlichen Blick auf alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer – und tippen, wer ins Finale (13. Mai 2023) einzieht.
1. Norwegen: Alessandra - „Queen of Kings“
Alessandra ist eine norwegisch-italienische Singer-Songwriterin, die mit ihrer ersten Single, dem Eurovisionsbeitrag „Queen of Kings“, der bis zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels über 25 Millionen Streams verzeichnen konnte und sie bereits zum TikTok-Star machte, schnell bekannt wurde. Alessandra, die offen bisexuell ist, sagt, dass der Song eine Botschaft der Selbstliebe enthält und dass sie Zuhörer jeden Alters und Geschlechts dazu inspirieren möchte, ihre innere „Königin der Könige“ zu verkörpern.
Prognose: Der mitreißende Dance-Stampfer mit starker Stimme ist der perfekte Auftakt für das erste Halbfinale und gehört zu Recht zu den Favoriten. Sie wird sicher weiterkommen und im Finale um die vorderen Plätze singen.
2. Malta: The Busker - „Dance (Our Own Party)“
Die Band begann mit Straßenmusik in Malta. Nach ihrer Entdeckung trat sie auf Festivals auf, war Headliner bei großen Events und tourte durch mehrere europäische Länder. Ihr Sound ist ein bisschen Soul, ein bisschen Pop und ein bisschen Funk. In ihrem Lied geht es um soziale Ängste und vor allem darum, eine Party zu verlassen, um Zeit mit Freunden in einer gemütlicheren Umgebung zu verbringen.
Prognose: Die Jungs haben zu viel Bruno Mars und vor allem „Uptown Funk“ gehört. Das sieht bunt und unterhaltsam aus, das Auto ist auch süß, aber insgesamt hinterlässt das alles einen faden Beigeschmack nach der norwegischen Königin. Fliegt raus!
3. Serbien: Luke Black - „Samo Mi Se Spava“
Luka Ivanović, besser bekannt als Luke Black, begann im Alter von 12 Jahren, Texte zu schreiben und später eigene Songs zu komponieren und zu produzieren. Später zog er nach Belgrad, um englische Sprache und Literatur zu studieren. Derzeit lebt er in London. Bereits 2018 bewarb sich Ivanović für den ESC, doch erst 2023 hat es geklappt. Zu seinen Einflüssen zählt der offen schwule Sänger Künstler wie Queen, Elton John, Lady Gaga, aber auch Maria Callas und Eartha Kitt. Das Lied handelt von der Flucht vor trüben Gedanken und Problemen im Schlaf.
Prognose: Ein düsterer Industrial-Pop-Song, der auf der Bühne mit einer exzentrischen Performance in einer Art Videospielwelt nach der Zombie-Apokalypse zum Leben erweckt wird. Verrückt und unheimlich, aber wirkungsvoll.
4. Lettland: Sudden Lights - „Aijā“
Die Gruppe Sudden Lights gehört zu den am meisten gestreamten Künstlern Lettlands. Sie spielen eine Kombination aus Pop-Rock mit leichten alternativen Einflüssen. Die Musik der Band zeichnet sich durch eingängige, tanzbare Melodien mit einem Hauch von Melancholie und jugendlicher Energie aus. Das Lied hat eine tiefe Bedeutung und wurde auf Englisch geschrieben, um mehr Menschen Trost zu spenden: „Wir konnten nicht gleichgültig bleiben gegenüber den dunklen Ereignissen in der Welt und den Leben der Menschen, die durch das Böse zerstört wurden.“
Prognose: Die Jungs haben hehre Ziele, aber der Funke springt nicht über. Das fade Indie-Pop-Süppchen dümpelt vor sich hin. Und die großen Spots haben Ann Sophie schon 2015 kein Glück gebracht.
5. Portugal: Mimicat - „Ai Coração“
Mimicat ist schon seit vielen Jahren in der portugiesischen Musikszene unterwegs, veröffentlichte 2014 und 2017 jeweils ein Album. Für dieses Jahr hat sie ein weiteres geplant. 2001 nahm Mimicat unter dem Künstlernamen Izamena am portugiesischen ESC-Vorentscheid teil. Sie trat mit „Mundo Colorido“ im dritten Halbfinale auf, konnte sich aber nicht für das Finale qualifizieren. In diesem Jahr hat es endlich geklappt. Ihr Song verbindet Soul, Pop und portugiesische Folklore und wurde laut Mimicat in fünf Minuten geschrieben.
Prognose: Das Lied in Landessprache steht bedauerlicherweise nicht sehr hoch im Kurs, wirkt aber wie ein frischer Wind inmitten der Charts- und Club-orientierten Nummern. Auch die knallrote Show ist ein echter Hingucker. Ein starkes „Dark Horse“ für das Finale.
6. Irland: Wild Youth - „We Are One“
Die 2018 in Dublin gegründete Band besteht aus vier Freunden und verbindet in ihrem Stil Pop-Rock, R&B und klassische Boygroup-Harmonien. Mit ihrer Debüt-EP „The Last Goodbye“ (2019) landete die Band in den irischen Top 5. Die Band war unter anderem mit Lewis Capaldi oder Westlife auf Tournee.
Prognose: Die obligatorische Pop-Hymne im Coldplay-Stil. Warum sich der Leadsänger in einen Glitzeranzug à la Austin Powers' „Goldständer“ zwängt, wissen wohl nur die Iren. Das wird verdammt knapp für den Rekordsieger Irland.
7. Kroatien: Let 3 - „Mama ŠČ!“
Let 3 kommen aus Rijeka, der Wiege der kroatischen Punk-Szene, wo sie sich seit 1986 mit energiegeladenen Performances, politischer Satire, schriller Theatralik und ausgefallenen Kostümen einen Namen gemacht haben. Sie haben bereits zehn Alben veröffentlicht. Die Band ist in Kroatien für ihre provokanten Auftritte bekannt und schockiert das Publikum gerne mit Nacktauftritten. Sogar mit Korken im Hintern soll das schon vorgekommen sein. Beim ESC 2023 treten Let 3 mit einem Antikriegssong an.
Prognose: Der Trash-Moment im ersten Halbfinale. Die schrägen Outfits sorgen zwar für Lacher, aber der Song ist viel zu sperrig und gleitet spätestens nach zwei Minuten ins Chaotische ab. Worum geht's hier eigentlich? Nur etwas für Liebhaber stark geschminkter Altherren in Feinripp-Schlüpfern.
8. Schweiz: Remo Forrer - „Watergun“
Remo Forrer gewann „The Voice of Switzerland“ 2020, konnte danach aber mit seinen Singles in der Schweiz keine großen Erfolge feiern. In Deutschland war er in der RTL-Show „Zeig uns Deine Stimme!“ zu sehen, wo er ebenfalls durch sein kraftvolles Organ auffiel. Zu seiner Ballade „Watergun“ sagt er selbst: „Wir sind mit globalen Krisen und Kriegen konfrontiert. Und wir müssen mit den Folgen von Entscheidungen leben, die wir nicht getroffen haben. Aber ich hoffe immer noch, dass wir die Dinge ändern können“.
Prognose: Eine weniger choreografische Inszenierung hätte der Ballade gutgetan. So wirkt sie etwas gewollt. Die starke Stimme von Forrer trägt die Weltverbesserungsnummer aber ins Finale, wo sie wohl leider auf den hinteren Plätzen landet.
9. Israel: Noa Kirel - „Unicorn“
Noa Kirel ist in ihrem Heimatland Israel ein großer Star. Seit 2017 hatte sie zahlreiche Erfolge, darunter einige Nummer-eins-Hits. Sie ist nicht nur Sängerin, sondern auch Schauspielerin und hatte ihre eigene Fernsehserie, außerdem ist Noa Jurymitglied bei „Music School“ und „Israel's Got Talent“, wo sie für ihre spontanen Auftritte bekannt ist. Sie gewann den MTV Europe Music Award als bester israelischer Act 2017-2022.
Prognose: Wie schon Eleni Foureira („Fuego“) oder Chanel („SloMo“) im vergangenen Jahr setzt auch Superstar Noa auf vollen Körpereinsatz. Jeder Move sitzt und auch der Song passt perfekt zu dieser durchdachten Performance. Sicher im Finale!
10. Moldau: Pasha Parfeni - „Soarele şi Luna“
Pasha Parfeni ist ein alter Bekannter des ESC, denn er nahm an mehreren nationalen Vorentscheidungen in Moldau teil und vertrat das Land 2012 beim Eurovision Song Contest, wo er den 11. Platz belegte. Im darauffolgenden Jahr begleitete er Aliona Moon am Klavier. Parfeni ist auch für seinen Aktivismus bekannt, da er mit seiner Musik und seinen Auftritten für Freiheitsrechte eintritt.
Prognose: Ein typischer Ethno-Pop-Beitrag, wie man ihn nur einmal im Jahr beim ESC sieht. Achten Sie auf den kleinwüchsigen Herrn mit Goldmaske und Flöte neben Parfeni. In schönstem Rumänisch singt sich der singende und tanzende Derwisch, der auch optisch einiges hermacht, locker ins Finale.
11. Schweden: Loreen - „Tattoo“
Die Siegerin von 2012, Loreen (39, „Euphoria“), wird Schweden erneut beim Eurovision Song Contest vertreten. Schon jetzt gilt sie mit „Tattoo“ bei den Wettbüros als Favoritin auf den erneuten Sieg. Dieser würde der Sängerin gut zu Gesicht stehen, denn nach ihrem ESC-Triumph war sie vor allem in Schweden erfolgreich. Bisher hat sie erst zwei Alben veröffentlicht. Nach dem erfolgreichen Debüt „Heal“ (2012) floppte der Nachfolger „Ride“ (2017) sogar in Schweden. Ihr Song „Tattoo“ ist im „Euphoria“-Stil: atmosphärischer Elektro-Pop, der sich immer weiter steigert. In vielen Ländern Europas ist das Lied außerdem bereits ein Hit.
Prognose: Bei den Proben überzeugte Loreen nicht nur mit ihrer beeindruckenden Show, sondern auch mit ihrer Stimme. Der Song ist stark und ein erneuter Sieg in greifbarer Nähe. Alles andere als der Finaleinzug wäre eine Sensation.
12. Aserbaidschan: TuralTuranX - „Tell Me More“
Nach x Beiträgen, die Aserbaidschan frisch vom reichhaltigen schwedischen Songbuffet bestellt hatte, setzt man in diesem Jahr auf zwei unerfahrene Jungs, die zwar in den Parks von Baku gesungen haben, aber in Liverpool ihre ersten großen Bühnenerfahrungen sammeln. Die Zwillinge Tural und Turan Baghmanov lassen sich von der Musik und den Stilen der 60er und 70er Jahre inspirieren. Sie haben sich für den ESC beworben, „einfach um es zu versuchen, denn das Glück ist mit den Mutigen“.
Prognose: Irgendwo zwischen Yacht-Rock, den Beatles und der längst vergessenen 90er-Jahre-Band Sixpence None the Richer komponiert, liegt der Song bei allen Wetten ganz weit hinten. Aber wetten, dass dafür viele Mädels und Muttis anrufen, und sei es nur aus Mitleid. Tolle Anzüge auch!
13. Tschechien: Vesna - „My Sister's Crown“
Vesna ist eine reine Frauenband unter der Leitung der bekannten Sängerin und Songwriterin Patricia Kaňok. Auf dem Höhepunkt der Covid-19-Pandemie nutzte sie die Pause, um ein neues Album mit dem Titel „Anima“ aufzunehmen, das ihre Position in der Popszene ihres Landes festigte. Mit dem Lied „Na Dračích Perutích“ („Auf Drachenflügeln“) landete die Band einen Radiohit. „My Sister's Crown“ handelt vom schwesterlichen Zusammenhalt unter Frauen und wird überwiegend in englischer Sprache gesungen, enthält aber auch ukrainische, bulgarische und tschechische Textbestandteile.
Prognose: Der mädchenhafte Power-Pop kombiniert mit slawischen Folk-Einflüssen und wütender Rap-Einlage ist sehr originell. Kommt weiter!
14. Niederlande: Mia Nicolai & Dion Cooper - „Burning Daylight“
Das niederländische Duo wurde vom Eurovision 2019-Gewinner Duncan Laurence und seinem Partner, Songwriter Jordan Garfield, zusammengebracht. Nicolai genoss eine kreative Erziehung mit Geigen- und Ballettunterricht, die den Weg für ihren Pop-Hit „Mutual Needs“ ebnete. Auch Coopers frühes Leben war musikalisch, was zu erfolgreichen Hits mit beeindruckenden Streaming-Zahlen führte. 2021 begleitete er Duncan Laurence auf dessen Tournee. Cooper selbst beschreibt seinen Sound als eine Mischung aus Bryan Adams und Harry Styles.
Prognose: Die optische Enkelin von Pat Benatar und ihr schmachtender Locken-Romeo sind etwas zu unscheinbar, da hilft auch der gute Gesang nicht viel. Der Finne (s.u.) wird sie wegfegen.
15. Finnland: Käärijä - „Cha Cha Cha“
Der Rapper, Sänger und Songwriter Käärijä ist bekannt für seine energiegeladenen, oberkörperfreien Auftritte, die er selbst so beschreibt: „Es ist verrückt, es ist Party“. Käärijä aus dem finnischen Vantaa macht seit 2014 Musik - sein Debütalbum „Fantastista“ erschien 2020. Sein ESC-Song „Cha Cha Cha“ war bereits wochenlang ganz oben in den finnischen Charts, zwei Wochen sogar auf Platz eins. Er gehört neben Loreen zu den Favoriten des diesjährigen Wettbewerbs – eine Seltenheit für Finnland. In dem Lied geht es darum, dass man keinen Alkohol braucht, um Spaß zu haben.
Prognose: Ein lauter, publikumswirksamer Techno-Kracher, der Elemente aus K-Pop, Shouting und VGM (Videospielmusik) vereint, trifft auf eine rosa gekleidete Cha-Cha-Tanztruppe, die Käärijä an langen Bändern fest im Griff hat. Krasses Finish in Finnisch, aber auf jeden Fall im Finale.
Folgende zehn Länder tippen wir ins Finale beim Eurovision Song Contest am 13. Mai 2023 in Liverpool (in Startreihenfolge):
Norwegen, Serbien, Portugal, Schweiz, Israel, Moldau, Schweden, Aserbaidschan, Tschechien, Finnland