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„Anne Will“FDP-Politiker sorgt für Verständnislosigkeit mit „Rollstuhl“-Aussage

Lesezeit 4 Minuten
Anne Will DPA 250722

Die Talk-Runde am Sonntagabend bei „Anne Will“.

Berlin – Atomausstieg und Tempolimit bei „Anne Will“: Die großen Streitfragen der Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen dominieren am Sonntagabend die ARD-Talkshow. Die Themen sorgen für ein Chaos an Wortbeiträgen, bei denen selbst Moderatorin Anne Will nicht immer den Überblick behält.

Dabei sollten die Rollen eigentlich klar verteilt sein. Da sind zum einen mit Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Alexander Graf Lambsdorff (FDP) und Nina Scheer (SPD) drei Vertreter der Regierungsparteien, auf der anderen Seite sitzt CDU-Politiker Norbert Röttgen. Mit dabei ist auch Journalistin Petra Pinzler, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, beiden Seiten unangenehme Fragen zu stellen.

„Anne Will“: Alexander Graf Lambsdorff bekennt sich zum 1. FC Köln

Pinzler und Moderatorin Will müssen aber gar nicht für Diskussionsstoff sorgen, das macht das Politiker-Quartett von ganz alleine. Zunächst geht es um die „You'll Never Walk Alone“-Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der den Bürgerinnen und Bürgern versprochen hatte, dass er sie in der Energiekrise nicht alleine lassen wird.

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Graf Lambsdorff stellt sich zunächst hinter Scholz, er verstehe die Aussage als Fußballfan. „Zwar bin ich Fan des 1. FC Köln, aber der Fangesang kommt ja vom FC Liverpool und unterstreicht die enge Bindung zwischen dessen Anhängern und der Mannschaft. Diese Bindung will auch Kanzler Scholz symbolisieren“, so der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende.

Doch bevor der erfahrene Talkshow-Gast fortfahren kann, entzündet sich neben ihm der nächste Streit: Katrin Göring-Eckardt verpasst der FDP zunächst einen Seitenhieb, in dem sie den von den Liberalen erdachten Tankrabatt als „sinnlos“ bezeichnet.

„Anne Will“: Katrin Göring-Eckardt und Alexander Graf Lambsdorff gehen aufeinander los

CDU-Politiker Norbert Röttgen nimmt das zum Anlass, mal genauer auf die bisher getroffenen Maßnahmen der Regierung zu schauen: „Es gibt überhaupt keine Strategie. [...] Keine, die sich in Gesetzen ausdrückt. [...] Das Gas muss aus unserer Stromproduktion. Das hätte längst passieren müssen. [...] Es ist ein halbes Jahr vertrödelt worden“, sagt der ehemalige Bundesumweltminister.

Göring-Eckardt kontert: „Ich wollte noch was sagen zu Ihrer Vergesslichkeit. Heute wäre wirklich der Moment, dass sie sagen: 'Wir haben so lange versäumt, uns unabhängig von Putin zu machen'. Das war ihre Regierungszeit und das wäre das Mindeste an Redlichkeit.“ Seit Februar würden diese Versäumnisse geklärt.

„Der Umstieg auf Erneuerbare Energien wurde im Bundestag beschlossen. Ich weiß nicht, vielleicht waren sie nicht da, Herr Röttgen“, schießt die Bundestagsvizepräsidentin der Grünen weiter. Auch Graf Lambsdorff unterstützt Göring-Eckardt, verweist auf Gesetze zur Reaktivierung von Kohlekraftwerken.

Ampel-Parteien werfen Norbert Röttgen Lügen vor

„Es wurde nichts gemacht“, bekräftigt Röttgen und zieht damit den Zorn des FDP-Politikers auf sich. „Das ist einfach objektiv unrichtig!“ Auch SPD-Politikerin Nina Scheer, die sich ansonsten eher an die Linie ihres Bundeskanzlers hält und eher ruhig bleibt, betont: „Das wird gerade alles umgesetzt. Es stimmt einfach nicht, was Sie uns vorwerfen.“

Man habe die Abhängigkeit von Gasimporten von 55 auf 26 Prozent reduziert. Graf Lambsdorff ergänzt: „Die Diversifizierung ist damals verpennt worden. Punkt.“

Komplette Einigkeit in der Ampel-Regierung herrscht dann allerdings doch nicht, denn natürlich geht es bei allen Energiesparmaßnahmen auch ums Tempolimit. Das will FDP-Politiker Graf Lambsdorff natürlich auf keinen Fall: „Wenn ich sonntags auf der freien Autobahn von Berlin in meinen Wahlkreis fahre, dann ist es doch absurd, dass ich dann ein Tempolimit befolgen muss“, erklärt der gebürtige Kölner.

Den Einwand, dass er auch damit mehr CO2 ausstoßen würde, lässt er nicht gelten. Journalistin Pinzler wirft ein: „Rote Ampeln gibt es auch, da halten sie sich ja auch daran. Die FDP lässt einfach die Argumente nicht gelten.“

„Anne Will“: Alexander Graf Lambsdorff lächelt Tempolimit-Debatte weg – Grüne verständnislos

Graf Lambsdorff schmunzelt, spricht beim Tempolimit von einem „kleinen Thema“, man habe schließlich gerade einen Krieg in der Ukraine. „Wir lehnen es aus liberaler Sicht eine Regelung ab, die für alle im ganzen Land gilt. Der Vergleich mit der roten Ampeln hinkt nicht nur, der sitzt im Rollstuhl.“

Göring-Eckardt schaut ein wenig verständnislos und lässt die Hände auf ihren Sessel fallen. Graf Lambsdorff sieht das Problem nicht: „Wir haben 100 Milliarden in die Bundeswehr investiert. Das ist wirklich relevanter.“ Göring-Eckardt sagt: „Das Tempolimit ist auch eine Frage der Haltung.“

Am Ende kommt die Grünen-Politikerin der FDP aber noch etwas entgegen, zeigt sich im absoluten Ausnahmefall offen für eine Strecklösung bei den deutschen Atomkraftwerken, also den Weiterbetrieb mit den noch vorhandenen Brennstäben. Eine Stunde „Anne Will“ ist am Ende ein bisschen wie die aktuelle Situation in der Ampel-Regierung: Man ist sich nicht immer einig, aber bei verbalen Attacken der CDU steht man (halbwegs) zusammen. (shh)