Sahra Wagenknecht hat sich in der ARD einmal mehr gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für baldige Friedensverhandlungen eingesetzt.
„Anne Will“Sahra Wagenknecht liefert sich heftige Wortgefechte mit Historiker
Beim ARD-Talk mit Anne Will lautete das Thema am Sonntag (17. August) „Mühsame Offensive, ferner Frieden – Braucht die Ukraine noch mehr Unterstützung?“ Zu Gast waren die Außenpolitiker Roderich Kiesewetter (CDU), Michael Roth (SPD), Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht, der Historiker Karl Schlögl sowie Rieke Havertz („Zeit“-Journalistin). Es drehte sich vor allem um die mögliche Taurus-Lieferung von Deutschland an die Ukraine.
Die Runde war sich – bis auf Wagenknecht – einig, dass die Ukraine weiterhin unterstützt werden müsse und es derzeit keine Verhandlungen mit Putins Russland geben könne. Wagenknecht sah sich mit ihrer grundsätzlichen Ablehnung von Waffenlieferungen einer geschlossenen Front der anderen Gäste gegenüber. Argumentativ hätte der Schlagabtausch auch bereits in ähnlicher Form vor Monaten stattfinden können.
„Anne Will“ zur Ukraine: Sahra Wagenknecht will „furchtbare Situation“ beenden
Insbesondere Karl Schlögel bietet Wagenknecht verbal Paroli. Wagenknecht sagt zu Taurus-Lieferungen: „Es muss darum gehen, diese furchtbare Situation zu beenden, [...] die Angst, das Sterben. Aber das beenden wir doch nicht, indem wir jetzt, nachdem wir Panzer geliefert haben [...] jetzt auch noch Taurus-Marschflugkörper liefern.“
Schlögel entgegnet der Linken-Politikerin, die angeblich kurz vor der Gründung einer eigenen Partei steht: „Sie hatten jetzt zehn Jahre Zeit, sich mit den ukrainischen Verhältnissen vertraut zu machen. Waren Sie einmal da? Haben Sie sich einmal umgehört, was dort passiert? [...] Es wird ein Krieg geführt, mit einem Gemetzel, veranstaltet von russischer Seite. Die Ukrainer kriegen jeden Tag vorgeführt, was mit ihnen passiert, wenn sie in die Knie gehen!“
Der Historiker äußert sich auch zu Wagenknechts Wirkung in Deutschland. Er wirft der Linken-Politikerin indirekt Heuchelei vor. Diese habe, so wie sie rede, überhaupt keine Angst vor einer Ausweitung des Krieges. Sie wolle „die Angst anderer Leute instrumentalisieren. Das ist ihr Geschäft!“, sagt Schlögel, sichtlich in Rage.
„Sie sind die Putinsche Stimme in Deutschland, zusammen mit der AfD“, zeigt sich Schlögel „schockiert“ über Wagenknechts Rhetorik. Diese weist eine Zusammenarbeit mit der AfD weit von sich.
Ukraine-Debatte: Anne Will wirft Sahra Wagenknecht Zynismus vor
Wagenknecht beschreibt die derzeitige Lage in der Ukraine so: „Die Russen müssen eigentlich nur abwarten. Die Ukrainer haben derart hohe Opfer in dieser Offensive, dass sie jetzt Schwierigkeiten haben noch zu rekrutieren.“ Sie wird von Anne Will unterbrochen. „Ist das nicht furchtbar, Frau Wagenknecht? Ist das nicht ein furchtbarer Satz?“, so die Moderatorin leicht fassungslos. Das sei eben die „furchtbare Realität“, insistiert Wagenknecht. Man könne ja „nicht immer gleich moralisieren“, meint sie.
Roderich Kiesewetter und Michael Roth können nur schwer an sich halten. Roth verlangt von Wagenknecht, den Verantwortlichen für das Morden klar zu benennen. „Putin tut das! Sagen Sie es doch einmal: Putin ist für diesen Krieg verantwortlich!“ – „Putin hat diesen Krieg begonnen, das ist richtig“, sagt Wagenknecht. „Aber wir sind auch in der Verantwortung als Waffenlieferanten..“, will Wagenknecht relativieren und wird von Kiesewetter unterbrochen: „..dass die Ukraine gewinnt“, beendet er ihren Satz. Wagenknecht wollte dagegen sagen „diesen Krieg zu beenden, weil er militärisch nicht beendbar ist“. Kiesewetter widerspricht.
Wagenknecht will weiter auf Verhandlungen setzen, und es scheint, als stehe die Debatte rund um die Politikerin der Linken an genau dem Punkt wie vor einem Jahr. Man werde militärisch keinen Sieg der Ukraine erreichen, es sei denn, die Nato greife ein, so Wagenknecht. Das würde aber wohl einen dritten Weltkrieg bedeuten.
Sahra Wagenknecht mit Falschaussage zu den USA
Wagenknecht behauptet in der Schlussrunde zudem, die USA würden Waffenlieferungen an die Ukraine an die Bedingung knüpfen, dass sie nicht auf russischem Boden eingesetzt werden. Biden distanziere sich von Angriffen auf die von Russland seit 2014 besetzte Krim. Sie suggeriert, dass Deutschland dies bei Waffenlieferungen nicht verlange. „Das ist doch völlig falsch“, schreitet Kiesewetter ein.
Im Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, wird diese Einschätzung Kiesewetters geteilt. User teilen ein Video, in dem US-Außenminister Anthony Blinken es der Ukraine explizit freistellt, wie sie mit den gelieferten Waffen umzugehen hat. Das Interview mit dem Sender abc stammt vom 10. September. Blinken sagt auf die Frage, ob es in Ordnung sei, wenn die Raketen auch auf russisches Territorium vordringen, dies sei die Entscheidung der Ukraine.