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ARD-Serie über MedienanwälteJeder Tweet kann einer zu viel sein

Lesezeit 3 Minuten
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Besser das Busunternehmen vertreten, dessen Fahrzeug gerade in einen tragischen Unfall mit vielen Toten verwickelt war oder den trauernden Familienvater, dessen Frau das Unglück nicht überlebte und dessen Tochter um ihr Leben kämpft?

Das Unternehmen kann sich die teuren Honorare von Staranwältin Leo Roth problemlos leisten, ein Engagement für den Vater wäre ein pro-bono-Fall. Die Juristin entscheidet sich dennoch für die Familie, denn dann sind ihr positive Schlagzeilen gewiss.

Hektischer Alltag

Und die sind in der Welt der Medienkanzlei mindestens genauso wichtig wie Geld und Macht. Die neue ARD-Serie „Legal Affairs“ mit Lavinia Wilson in der Hauptrolle bildet das hektische Alltagsgeschäft von Juristen ab, deren Job es ist, Skandale aus der Öffentlichkeit zu halten und die Persönlichkeitsrechte ihrer meist prominenten Mandanten zu wahren.

Leo Roth ist dafür fast jedes Mittel recht. Die Boulevardpresse will pikante Details aus dem Leben eines Klienten veröffentlichen? Kompromittierende Fotos über einen anderen Promi, die sie dem Journalisten zusteckt, lassen die Geschichte schnell vergessen.

Sie setzt Menschen unter Druck

Die Frau in den Designerklamotten schreckt auch nicht davor zurück, Menschen massiv unter Druck zu setzen. Was einmal in der Welt ist, ist meist nicht mehr einzufangen. Also muss man mit allen Mitteln verhindern, dass Dinge publik werden.

So schnell und kurzatmig der Alltag in der Kanzlei, so temporeich ist auch „Legal Affairs“ erzählt. Die Regisseure Randa Chahoud und Stefan Bühling haben sich in Zusammenarbeit mit den Kameramännern Julian Hohndorf und Jan Prahl zum Glück vom Look biederer Anwaltsvorabendserien getrennt. Diese Serie ist für ein jüngeres Publikum gemacht, das sonst vor allem Streaming-Angebote nutzt.

Die Drehbuchautorinnen Lena Kammermeier und Felice Götze erzählen pro Folge einen Fall, die alle exemplarisch für die Herausforderungen unserer digitalen Zeiten stehen.

Ging es früher für Anwälte vor allem darum, Zeitungs- und Magazinberichte zu verhindern, sind sie nun damit konfrontiert, dass jeder Post bei Social Media schon einer zu viel sein kann.

Perfekt gefälschte Pornovideos

Leo Roth versucht, linke Aktivisten rauszuhauen, deren Satirevideo zu einem Angriff auf Asylbewerber führte. Sie vertritt einen Nachwuchs-Schauspieler, von dem plötzlich perfekt gefälschte Pornovideos im Netz kursieren. Und sie versucht die Karriere eines Fußballprofis zu retten, über den kurz vor Vertragsunterzeichnung bei Bayern München Gerüchte gestreut werden, er habe einen Herzfehler.

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Auf der horizontalen Erzählebene geht es um den Schwager von Leo Roth. Der bittet sie, zu verhindern, dass seine Affäre bekannt wird, kurze Zeit später ist die junge Frau tot. Und Leo muss erkennen, dass noch viel mehr hinter der Geschichte steckt.

Die Frauen regeln hier alles

Lavinia Wilson spielt Leo Roth mit der richtigen Mischung aus Kaltschnäuzigkeit und Verletzlichkeit und scheut sich auch nicht, sie in vielen Szenen als Antiheldin anzulegen. Da hätte es die dramatische Geschichte aus ihrer Jugend, mit der ihre Figur konfrontiert wird, gar nicht gebraucht.

Überhaupt sind es die Frauen, die in „Legal Affairs“ die Dinge regeln, neben Roth vor allem Maryam Zaree als Leos rechte Hand Elena.

Die Figur der Leo Roth hat ein reales Vorbild: den Medienanwalt Christian Schertz aus Berlin. Er stand der Serie als Berater zur Seite und ist auch in einer Szene zu sehen, in der er sich selbst spielt.

Schertz beteuert zwar in einem Interview, nicht alle Mittel der Serienfigur seien auch seine, aber mit harten Bandagen kämpft auch er. Und das rasante Tempo, so versichert er, sei im wahren Leben eines Medienanwalts genauso hoch.