Falke und Grosz jagen Schleuser, aber im Fokus von „Verborgen“ steht die Suche von Geflüchteten nach einem besseren Leben.
So war der „Tatort“Falke dringt zu tief in die Safe Spaces der Geflüchteten-Community ein
Im „Tatort“ am Sonntag hat das Hamburger Team ermittelt, gespielt hat der Krimi allerdings in Hannover.
Der Fall zum „Tatort“ in Hannover
Das aus Simbabwe geflüchtete Ehepaar Makoni sucht seinen 17-jährigen Sohn Noah. Vater Jon (Alois Moyo) wendet sich an die Polizei. Mutter Hope (Sheri Hagen) ist erbost, die Familie hat doch keine Papiere. Es ist ein Glück, dass Kommissar Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) Jons Anliegen auf einer Hannoveraner Wache mitbekommt.
Dort sind die „Tatort“-Kommissare aber aus einem anderen Grund. Der Hamburger Ermittler ist mit seiner Kollegin von der Bundespolizei Julia Grosz (Franziska Weisz) auf der Suche nach Schleusern. Sie haben einen Toten gefunden, im Pallettenkasten eines LKW: ein junger schwarzer Mann, Narben auf den Händen, abgeschliffene Fingerkuppen. Jon sagt, er habe mit seinem Sohn gearbeitet.
Die Auflösung zum „Tatort“ in Hannover
Jon hat den Toten aus dem LKW gar nicht gekannt, er wollte nur endlich Hilfe bei der Suche nach Noah erhalten. Trotzdem hat Jon die Ermittler auf die richtige Fährte gebracht. Noah plante gemeinsam mit seinem Freund Sam (Ben Andrews Rumler), nach England weiterzuziehen. Dafür zahlten sie viel Geld an die Schleuserbande, denen Falke und Grosz auf den Fersen sind. Sam hilft schließlich, die skrupellosen Schleuser auffliegen zu lassen.
Der Schleuser-Fall der Bundespolizisten scheint gelöst. Falke und Grosz vertrösten die Makonis schon, nach ihrem Sohn könnten sie nicht weiter suchen. Die Eltern geben nicht auf, Hope hatte eh nicht geglaubt, die Polizei würde ihnen tatsächlich helfen. Sie finden parallel zu den Ermittlern raus, was mit Noah passiert ist.
Denn Falke kehrt noch einmal zurück in die Bar, wo er vom vermeintlichen Unfalltod eines weiteren Mannes erfährt. Auch dieser hatte Narben auf den Händen. Die Spur führt Falke und unabhängig von ihm Jon auf eine Baustelle, wo Noah und der weitere Tote arbeiteten. Ein Abrissunternehmen beschäftigte sie dort schwarz. Als Noah mehrere Stockwerke in die Tiefe gestürzt war, bedrohte der Bauleiter eine Ärztin, damit sie keinen Krankenwagen ruft. Noah starb.
Die Trostlosigkeit der Auflösung dieses „Tatorts“ unterstreicht eine letzte Szene mit Sam, der in einen Van einsteigt und trotz seiner Hilfe, die Schleuserbande auffliegen zu lassen, anscheinend doch entscheidet, durch eine vergleichbare Unternehmung nach England zu gelangen. Das Krimi-Drama begleitet die Suche von Geflüchteten nach einem besseren Leben und zeigt vor allem ihre Verluste.
Der Schauspieler des Protagonisten: Alois Moyo
In den „Tatort“ sind die persönlichen Erlebnisse des Schauspielers Alois Moyo eingeflossen. Er stammt selbst aus Simbabwe, wo er aus einem Karateclub ein politisches Theater entwickelte – und in den Fokus der Regierung geriet. 2001 kam er für ein Kunstprojekt nach Deutschland, machte sich, wie Sam im Film, auf nach England und beantragte Asyl. Vergebens, Moyo wurde wieder nach Deutschland abgeschoben. Arbeiten oder studieren durfte er nicht, lebte sich jedoch weiter als Künstler aus. Vor vier Jahren erhielt Alois Moyo dann einen deutschen Pass.
Fazit zum „Tatort“ in Hannover
„Verborgen“ zeigt das Hannover der Geflüchteten, eine Subkultur, die nicht auffallen will und darf. Nachdem Regisseurin Mia Spengler beim Dreh des vorherigen „Tatort“ des Hamburg-Duos einen „Inclusion Rider“ einsetzte, zeigt der neue Fall von Regisseurin Neelesha Barthel fast ausschließlich den Alltag nicht weißer Menschen. Falkes und Grosz' Privatleben spielt keine Rolle, im Vordergrund stehen Jon und Hope, wie sie sich durch den Alltag beißen, wie sie als in der Heimat Studierte in Hannover die Jobs annehmen, die niemand sonst machen möchte.
Falke dringt zu leicht in die Safe Spaces einer Community ein, für die er eine große Gefahr darstellt: Jon nimmt den Polizisten mit in seine Kirche, in die Szene-Bar des Viertels und schickt Grosz zur Ärztin, bei der kein Pass gezeigt werden muss. Die Kreise, in denen sich Jon bewegt, misstrauen der Polizei – zurecht: Wer mit Falke spricht, riskiert, abgeschoben zu werden. Sie dürften gar nicht dort sein. Trotzdem knirschen seine Gesprächspartnerinnen nur kurz mit den Zähnen, lassen sich schnell überreden, ihm Informationen zu geben.
Der „Tatort“ des Hamburger Teams in Hannover zeigt ohne zu viel Pathos das Sozialdrama einer geflüchteten Familie, die Hilfe braucht, sie aber nicht erhalten kann. Dass die Ermittler die zahlreichen Menschen ohne Papiere, auf die sie treffen, nicht weiterverfolgen, erscheint wenig glaubhaft.
Die Fokussierung auf die Geflüchteten anstatt auf die Kommissare ist eine willkommene Abwechslung, die in manchen Momenten allerdings zu gewollt erscheint: „Jon, ich sehe dich“, sagt Falke zu dem im Schatten Hannovers lebenden Geflüchteten. Ein wohlwollender, aber zu einfacher Versuch einer Wiedergutmachung für die ausweglose Situation von Jon.