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„Ballet Revolución“Begeisterte Zuschauer, unterforderte Tänzer

Lesezeit 3 Minuten

Ein kraftvoller Pas de deux

  1. Die kubanischen Tänzer vom „Ballet Revolución“ kombinieren das klassische Erbe mit karibischen Schwung.
  2. Doch je lauter die Live-Musik wummerte, desto dünner wirkt das Tanzen.
  3. Unsere Kritik.

Köln – Am Ende prangt ein roter Stern über der Bühne, als Glühbirnenlichtdesign. Der Fünfzack gehört zum Namen des „Ballet Revolución“, das mit Revolution nichts zu tun hat, so wenig wie der Stern den Kommunismus propagiert. Doch eine Menge Energie bringen die 18 Tänzerinnen und Tänzer auf die Bühne des ausverkauften Musical Dome. Nicht für einen Umsturz, sondern, im Gegenteil, für große Sprünge, vielfache Pirouetten, Salti und gewagte Hebungen, ohne zu fallen. Das Publikum der Köln-Premiere feierte die Leistung mit stehenden Ovationen.

Auch die Musik schürte die Stimmung. Die sechsköpfige Band thront hinter der Bühne hinter einer Gaze, sichtbar je nach Scheinwerfereinsatz, so dass man Luis Palacios Galvez bewundern kann, den irrwitzig schnellen Tanz seiner Hände auf den Congas. Oder man sieht mal die beiden britischen Sänger, Weston Foster und Janine Johnson, auf fünf Meter Abstand im Duett singen, und wenn Johnson alleine loslegen darf, ist bemerkbar, dass sie mehr Stimme, mehr Klang hat als er.

Doch meistens bei den gut 25 Musiknummern des zweistündigen Programms plus Pause bleibt die Band verborgen. Mitunter auch die Musik. Denn die Coverversionen von Hits von Sia, Prince, Timberlake, Coldplay und anderen sind in Richtung Dröhnen arrangiert und elektronisch aufgemotzt. Je lauter es aus den Lautsprechern wummert, vor allem gegen Ende, desto dünner wirkt das Tanzen: Als müsste die Lautstärke ihm auf die Sprünge helfen. Arme Tänzer. Dass mancher Hit gar keinen flott tanzbaren Rhythmus hat und dass überhaupt einige der Ballett- und ballettoiden Choreographien die prima Tänzer eher zu bremsen und zu unterfordern scheinen – Arabeske auf Spitze hier, Beine auf 180 Grad hochgeklappt dort, brave Schritte mit versteiften Armen – und dass manches in Lichtspots gesetzte Mann-Frau-Duett bloß mechanisch wirkt, ziehen, heben, kippen, drehen, übers Knie legen (sie ihn, er sie), das ist den Choreographen Roclan Gonzalez Chavez und Aaron Cash anzulasten.

Auch wenn’s nach Klischee klingt: Das Tanzzuschauerherz hüpft freudiger bei kleinen und großen Gruppensequenzen, die im Mambo- und Salsatakt grooven. Mit Hüftschwüngen, weichen Knien, wogenden Schultern, flatternden Händen oder vorgestreckten Handflächen und den Bodenstreichelschritten, die nie geradeaus streben.

Dass überhaupt das europäisch-russische Erbe des Klassischen Tanzes gemeinsam mit afrikanisch-karibischer Tradition und Gesellschaftstänzen in einer Show von einem Ensemble präsentiert wird, ist das Besondere am Ballet Revolución und an dessen in Kuba ausgebildeten Tänzern. Es wurde von Jorge Gonzalez einkleidet, mal schlicht, mal farbenfroh, und stellt die Männervirtuosität in den Vordergrund, mit Tendenz zur Wiederholung. Den sechs Frauen, Könnerinnen, vor allem Roberta Maresca und Barbara Lisandra Patterson Sánchez, wäre mehr Raum zu gönnen. Richard Siegal, übernehmen Sie.