Das K-Pop-Quartett Blackpink ist die derzeit erfolgreichste Girlgroup der Welt. Am Donnerstagabend sorgten Jisoo, Jennie, Rosé und Lisa in der Kölner Lanxess-Arena für Begeisterungsstürme.
K-Pop-Band in KölnWarum Blackpink-Fans mit 75-Euro-Spielzeug winken
Einen Blackpink-Schlüsselanhänger kann man am Merch-Stand in der Lanxess-Arena für 15 Euro erwerben, das klingt beinahe günstig. Doch das einzig unverzichtbare Accessoire für Blinks, wie sich Blackpink-Fans nennen, ist nun mal der offizielle Lightstick. Dessen roséfarbene Schachtel mit den schwarzen Rändern erinnert an Chanel-Produkte. Der Inhalt ist jedoch wenig mehr als ein quietschender Spielzeughammer mit Leuchtdioden. Für 75 Euro.
Aber Blackpink ist eben nicht nur die zweitbekannteste K-Pop-Band gleich nach BTS, das südkoreanische Quartett ist auch die erfolgreichste Girlgroup der Welt. Mein iPhone verbessert mich, wenn ich ihren Namen nicht in Großbuchstaben schreibe. Wer es in die Autokorrektur schafft, der hat es wirklich geschafft. Das rechtfertigt den Hammerpreis: Man zahlt 75 Euro für die Marke und fürs Dabeisein.
K-Pop-Quartett Blackpink ist die derzeit erfolgreichste Girlgroup der Welt
In der Arena selbst laufen bereits die milliardenfach bei Youtube aufgerufenen Musikfilme von Lisa, Rosé, Jennie und Jisoo. In Endlosschleife auf riesigen Videoschirmen, unterbrochen nur von freundlichen Ermahnungen, nicht zu drücken und drängeln. Jeder Clip wird mit einem freudigen Aufschrei begrüßt, jedes Lied wird mitgesungen. Sogar die in Koreanisch gerappten Strophen, die beherrschen hier selbst zehnjährige Kinder. Die ganz besonders. Dazu wird fröhlich der Blinkhammer geschwenkt, mit herzförmigen Schlagflächen. Die Arena glüht rosarot. Ich glaube, ich hätte jetzt auch gerne einen.
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Um 20 Minuten nach acht ist es endlich so weit. Wir sehen die jungen Idole noch einmal im Film, sie streifen durch ein psychedelisches Paradies mit fluoreszierenden Pflanzen. Aber dann stehen sie leibhaftig auf der Bühne, in goldbetressten Minirock-Kostümen. Schon ertönt der Mädels-Schlachtruf: „Blackpink in your area!“. Die Trommeln marschieren wie beim Zapfenstreich. „Schau dich an, schau mich an, wie gefällt dir das?“, fragen Blackpink und die Reaktion ist ein gewaltiges, orgiastisches Ja, als hätte die einst von Janet Jackson ausgerufene Rhythm Nation noch einmal kräftig aufgerüstet.
Konzert in Köln: Damen von Blackpink räkeln sich an efeuumrankten Gestänge
Mit dem nächsten Stück, „Pretty Savage“, löst sich die strenge Formation auf. Die jungen Damen räkeln sich an efeuumrankten Gestänge, unterstützt von einer unübersichtlichen Zahl an Tänzerinnen und Tänzern. Sind es 20, oder sogar 30? Jedenfalls hätte ich beinahe „lasziv“ geschrieben, aber Laszivität hat im K-Pop nichts zu suchen. Sexualität ist hier nur eine weitere Zutat im hybriden Gebräu aus westlichen Pop-Spielarten der vergangenen 30 Jahre. Das Ergebnis fällt zuverlässig keusch und proper aus.
Dabei lassen es Blackpink lyrisch sogar krachen: „We some bitches you can‘t manage“, behaupten sie etwa in „Pretty Savage“, aber „hübsch wild“ trifft als Eigenbeschreibung genau den Punkt. Wichtiger ist die Nahbarkeit. Nach den ersten Tracks stellt sich das Quartett, das hier natürlich keiner Vorstellung bedarf, erst einmal vor. Rosé begrüßt die Fans. Jennie und Jisoo versuchen „Ko-Eln“ auszusprechen, später schenken sie ihren Fans noch ein verkichertes „Ik liebe dich“, und Lisa, die Jüngste, mahnt zur Party.
Schon nimmt jedes Mitglied eine Ecke der kleinen Vorbühne am Ende des Laufstegs ein. „We are lovesick girls“, deklamieren sie gemeinsam. Und im Publikum singen die Jungs – es sind gar nicht so wenige – genauso enthusiastisch mit wie die weiblichen Blinks.
So sorgfältig choreografiert wie Blackpink ist keine andere Popband der Welt
Es regnet Luftschlangen. Es bläst Feuerbälle. Es sprüht Funken. Es gibt sogar eine vierköpfige, megaprofessionelle Band (Teile der Musik kommen natürlich trotzdem vom Band). Ein Popkonzert eben. Und doch anders: Wie perfekt sie sich die Blackpink-Mitglieder mit dem Singen, Rappen und Tanzen abwechseln, wie sorgfältig durchchoreografiert jeder Moment der Show ist, das hat man so noch nicht gesehen. In Koreanisch gibt es sogar ein Wort dafür: „jaribakkum“.
Aber sie wollen nicht überwältigen, sondern vereinnahmen: Die Choreos sind so einfach gehalten, dass die Fans sie zu Hause nachtanzen können. Und die Disziplin birgt Freiheit. Friedrich Nietzsche, bitte übernehmen Sie: „In Ketten tanzen, es sich schwer machen und dann die Täuschung der Leichtigkeit darüber breiten, — das ist das Kunststück, welches sie uns zeigen wollen.“
Stupsnasige Niedlichkeit in geballter Frauenpower sind typisch für K-Pop
Die besten Blackpink-Tracks knüpfen an die seit 20 Jahren nicht eingeholte Zukunftsvision von Missy Elliott und Timbaland an. Und die Rap-Verse schlagen hart zu, insbesondere Lisas. Im dritten Akt stellen sich die Blackpinks als Solokünstlerinnen vor. Jisoo covert ein leichtes Reggae-Stück von Camila Cabello, Jennie wagt einen heißen Tanz mit einem Jungen im offen flatternden Hemd, Rosé darf mit einer funkelnden Disconummer ihre Gesangstärke beweisen. Aber Lisa hat mit „Lalisa“ schon ihren eigenen „signature song“ und kanalisiert mit „Money“ die rotzige Power von Lil’Kim und Foxy Brown (in der FSK 6-Version).
Aber zusammen sind sie am stärksten und verwandeln die K-Pop-typische stupsnasige Niedlichkeit in geballte Frauenpower: „Ich bring' das Geld auf den Tisch, nicht dein Abendessen“, singen sie in „Typa Girl“. Sie sind auch der Typ Mädchen, der die ödesten Pop-Klischees sorgsam meidet: seifige Balladen sucht man im Blackpink-Oeuvre vergeblich. Selbst ein potenzielles Kuschellied wie „Forever Young“ (es handelt sich weder um das Bob-Dylan-, noch um das Alphaville-Stück) swingt im schmissigen Midtempo. Langweile kommt keine auf.
Konzert in Köln: Blackpinks setzen zum Abschluss Kaufanreize
Ihre größten Hits spart sich die Girlgroup nicht für den Zugabenteil auf, der dient erneut dem Fan-Service. Die Blackpinks tragen jetzt ihre eigenen Tour-Shirts, ein letzter Kaufanreiz. Es wird eifrig ins Publikum gewunken, ein Erinnerungsbild mit Band und Tanzensemble geschossen, noch ein letztes Mal gemeinsam getanzt und versucht „Ko-Eln“ auszusprechen.
Man verabschiedet sich wie gute Freunde am Ende einer langen Partynacht. Aus den Abfallkörben rund um die Arena quellen schwarz-rosa Pseudo-Chanel-Schachteln. Aber das Konzert war der Hammer.