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Comedy in KölnWarum Matteo Lanes schwuler Stand-up das Carlswerk Victoria gleich zweimal ausverkauft

Lesezeit 4 Minuten
US-Stand-up-Comedian Matteo Lane posiert im weißen T-Shirt.

Der amerikanische Stand-up-Comedian Matteo Lane gab in Köln sein Deutschland-Debüt.

In Köln-Mülheim gab der amerikanische Stand-Up-Comedian Matteo Lane sein Deutschland-Debüt. Unsere Kritik.

Die Bühne ist noch leer, aber das Publikum jauchzt auf, als Matteo Lanes vertraute Stimme aus dem Off ertönt. „Wir haben heute eine Menge zu besprechen“, kündigt der Mann aus Chicago an, „vor allem Chers Weihnachtsalbum.“ Das Carlswerk Victoria hat Lane an zwei Abenden ausverkauft. Bemerkenswert für eine Show auf Englisch, von einem Act, der vor wenigen Jahren noch nahezu unbekannt war.

Matteo Lane hat Operngesang und Ölmalerei studiert, heute ist er der berühmteste schwule Stand-up-Comedian der Welt. Die sexuelle Orientierung ist hier unbedingt erwähnenswert, denn die Welt des humorvollen Solovortrags war lange Zeit ähnlich hetero geprägt wie die des Fußballs. Das allein erklärt den Jubel, mit dem Lane in Köln begrüßt wird. Doch an Stelle des Amerikaners tritt zuerst sein italienischer Kollege Francesco De Carlo ins Rampenlicht.

Matteo Lane hat vor seiner Comedy-Karriere Operngesang und Ölmalerei studiert

Charmant und verbindlich arbeitet sich De Carlo an unbedenklichem Material ab: Wie verführerisch seine Stimme klingt, wenn er Italienisch spricht, während er im Englischen zur Karikatur verkomme: „Auf Englisch bin ich Borat. Es ist schwer etwas Kluges zu sagen, wenn du dich anhörst wie Super Mario.“ Die Witze über seinen Macho-Vater, amerikanische Geografie-Kenntnisse oder kuriose italienische Gerichte („Stierhoden mit Lakritze“): na ja. Als er davon erzählt, wie er sich mit seinem – ebenfalls schwulen – Bruder einen Computer und einen Internetbrowser teilte, und dass seine Lieblingskategorie auf Erwachsenenseiten „Grannies“ gewesen sei, verspricht es kurz, interessant zu werden. Auf angeekeltes Aufstöhnen im Saal antwortet De Francesco: „Im Stand-up geht es nun mal um Wahrhaftigkeit.“ Aber damit trudelt das Thema leider aus.

Höchste Zeit für den Hauptact. Die weitläufige Mülheimer Veranstaltungshalle ist kein idealer Ort für Stand-up. Aber Matteo Lanes unbeschwertes Charisma überträgt sich bis in die letzte Reihe, ihm geht es weniger um hart aufschlagende Pointen, als darum, sein Publikum auf eine imaginäre Kaffeehaus-Couch zu setzen. Zu seinen lohnendsten Youtube-Videos gehören die „Advice“-Specials, in denen er auf Zuruf von Zuschauerinnen und Zuschauern Lebenshilfe gibt (und manchmal auch singt). So viel Dialog ist in Köln leider nicht drin. Egal, man fühlt sich dennoch sofort in ein Vieraugengespräch mit Lane verstrickt, oder wenigstens in den Monolog des unterhaltsamsten aller Freunde.

Selbstredend beginnt der sprachbegabte Comedian mit einer Erinnerung an seine Deutschstunden bei Herrn Katzenmeier in der Mittelstufe, und parliert erstaunlich akzentfrei, wenn man bedenkt, dass der Donnerstagabend in Köln sein erster Auftritt in Deutschland überhaupt ist. Dann bekommen die anderen Länder, in denen er auf seinen Touren gastiert hat, nacheinander ihr Fett weg. Es ist nicht rasend originell, dass in Paris alles schwul aussieht, oder dass sich holländische Namen anhören, als hätte jemand geniest, man hat das alles schon so oder so ähnlich gehört.

Lustiger sind da schon Beobachtungen wie die, dass es eine bestimmte Sorte weißer Frauen gäbe, die Koalas umarmen wollen. Australische Fans würden ihm daraufhin stets zurufen, dass die süßen Beutelsäuger Chlamydien verbreiten, was Lane zu einer Oralsex-mit-Koala-Pantomime inspiriert, die das Publikum lachend von den Klappstühlen haut.

Seine wahre Stärke kann Matteo Lane immer dann ausspielen, wenn er seine Zuhörerinnen und Zuhörer in spezifische Situationen mitnimmt. In ein französisches Top-Restaurant, in dem alle Kellnerinnen wie Models aussehen und die Gäste behandeln wie Dreck, zu einer Zufallsbegegnung mit Oprah Winfrey in Rom, oder zum Clubbing mit seinem aus zahlreiche Kurzvideos bekannten „bösen“ Freund Nick Smith, der sich kleide wie Maggie Smith in „Downton Abbey“.

Kommst Du mit in den Alltag, lautet die eigentliche Aufforderung des 36-Jährigen. Er erzählt von Fitnessstudiobesuchen und Uber-Fahrten, vom Escort, den er für einen Masseur gehalten hat, von schnarchenden Ex-Freunden und von der Hochzeit mit seinem „hot mexican man“ Rodrigo. Als er fragt, ob auch heterosexuelle Männer anwesend seien, gehen drei Hände hoch. „Schwule, fasst sie!“, fordert Lane.

Aber das hat er ja längst getan. Man muss als uneingeweihte Minderheit zwar hinterher nachgoogeln, was genau „douching“ bedeutet, aber man könnte sich kaum besser amüsiert haben. Nur Chers Weihnachtsalbum bleibt leider außen vor.