Lainey Wilson hat den Grammy für das beste Country-Music-Album gewonnen. Jetzt versucht sie, auch Europa zu erobern und spielte dabei auch in Köln. Unsere Kritik.
Country-StarIn den USA spielt Lainey Wilson in Arenen, hier trat sie in Köln auf
Lainey Wilson hat eine goldene Regel und die lautet WWDD. Im gleichnamigen Song löst die Countrysängerin die Anfangsbuchstaben auf: „What would Dolly do?“, sei die Frage, die sie sich vor großen Entscheidungen stellen würde und in der Kantine berichtet Wilson voller Stolz, dass sie ihr Idol inzwischen auch getroffen habe und nicht enttäuscht worden sei.
Dass man mit Dolly Parton immer gut beraten ist, versteht sich von selbst. Wilsons Haare, in Köln zu langen Zöpfen geflochten, sind nicht nur beinahe so blond wie Partons Perücken. Die wichtigste Lehre, die sie von der Ikone aus Tennessee mitgenommen hat, ist folgende: Du kannst selbst inmitten des Country-Mainstreams und eines unversöhnlichen Kulturkrieges unparteiisch bleiben, solange du voller Stolz auf dein eigenes Hinterwäldlertum verweist.
Dolly Parton ist Lainey Wilsons großes Vorbild
Auch Wilson stammt aus eher ärmlichen Verhältnissen, eine Bauernstocher aus einem Kaff in Louisiana. Im Konzert bezeichnet sie sich immer wieder als Redneck, fügt am Ende jeder Publikumsansprache ein „y‘all“ hinzu. Und staunt darüber, auch auf der anderen Seite des großen Teichs verstanden zu werden.
Man sieht es schon beim Betreten des Konzertsaals, viele tragen hier Cowboyhüte. Rund 900 Menschen fasst die Kantine und die sind auch gekommen. Aber eigentlich ist das ein Witz: In ihrer Heimat füllt Lainey Wilson Arenen. Sie war mit fünf Auszeichnungen, unter anderem als „Entertainer of the Year“ die Königin der vergangenen Country Music Association Awards, ihr aktuelles Album „Bell Bottom Country“ gewann den Grammy für das beste Country-Album des Jahres.
Den Verweis auf Schlaghosen muss man ernst nehmen: Wilsons Musik greift tief in die Schublade des Southern Rock, besonders schön zu hören ist das, wenn sich Wilson, selbst kompetent an der Klampfe, in „Smell Like Smoke“ mit ihren beiden Gitarristen duelliert.
Sie kann auch sanfter: Wie in der Schunkelballade „Watermelon Moonshine“, in der die 31-Jährige an verliebte Sommer mit 18 erinnert. Kennen wir alle, nur mit weniger oder zumindest weniger großen Trucks. Die süße Jugenderinnerung leitet Wilson mit einer A-Capella-Version von Deana Carters „Strawberry Vine“ ein, dem Song, der hier offensichtlich Pate gestanden hat. Sie kennt ihre Einflüsse, sie singt sie nur ein wenig lauter.
In der zweiten Single von „Bell Bottom Country“, „Wildflowers and Wild Horses“, beschwört sie ihre Verbundenheit mit dem alten Westen, „I’m five generations of blaizing a trail“ („Ich bin fünf Generationen lang ein Wegbereiter“), und auch die ist in Tradition gebettet: Die Band stimmt „Ghostriders in the Storm“ an und niemand würde sich wundern, wenn hier gleich ein paar staubige Pferde von der nahen Rennbahn vorbeigaloppieren würden.
Lainey Wilson erzählt von ihrem Nashville-Traum, von bescheidenen Anfängen im Karavan, von der Schönheit des Country-Lifestyles, der nun wieder überall populär würde. Sie covert das zu oft gehörte „What’s Up“ von den 4 Non Blondes, versichert uns, das sie ein Herz wie ein Truck habe – mit dem schönen Zweizeiler „I got a heart like a truck/It's been drug through the mud“ – und zählt im finalen Stück noch einmal im Klein-Klein auf, warum sie mehr Macho ist, als die meisten Hutträger in Nashville: „Ich kann einen Anhänger an eine Zwei-Zoll-Kupplung hängen/Ich kann mit einer Schrotflinte schießen, ich kann einen Fisch fangen/Ich kann einen Reifen am Straßenrand wechseln.“ Da ziehen wir unseren Stetson.