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Daniel Donskoy im Interview„Ich bin ein Teilzeitmelancholiker“

Lesezeit 5 Minuten

Daniel Donskoy in „Sankt Maik“

  1. Schauspieler Daniel Donskoy spricht über seine Serienrolle in „Sankt Maik“, den Kleinkriminellen Maik Schäfer.
  2. Außerdem teilt er seine seine filmischen Vorlieben und sogar seine musikalischen Ambitionen.
  3. In der Serie spielt er einen Priester, aber was denkt Donksoy über die katholische Kirche?

Herr Donskoy, bei RTL startet am Dienstag die zweite Staffel von „Sankt Maik“, in der Sie einen Kleinkriminellen spielen, der aufgrund einer Verwechslung als katholischer Priester in einem Dorf lebt. Wie unterscheidet sich die neue Staffel von der ersten?

Donskoy: Maik wird ja am Ende der ersten Staffel angeschossen, und ich habe sehr dafür gekämpft, dass er mehr Tiefe bekommt. Das ist wichtig, sonst versteht man nicht, warum er immer noch in diesem Dorf ist. Er sieht dort etwas, was er nie hatte. Genau das zerreißt ihn innerlich, denn er kann es ja nicht haben. Er hat sich etwas aufgebaut, er fühlt sich wohl, aber das alles basiert auf einer Lüge.

Ich wollte diese zerrissenen Momente noch viel deutlicher zeigen. Diese Herausforderung hat mir Spaß gemacht: Zu zeigen, dass auch ein Unterhaltungsformat Tiefe haben kann. Ich glaube, dass man dem Publikum mehr zutrauen kann, als es bisher gemacht wird. Weitererzählen geht nur mit Weiterentwicklung, das finde ich ganz wichtig.

Mit der katholischen Kirche geht die Serie doch sehr freundlich um. Hätten Sie sich da nicht etwas mehr Kritik erhofft?

Ich hätte mir noch mehr Kritik gewünscht, aber man kann in einer solchen Serie nicht Kindesmissbrauch oder Antisemitismus behandeln. Die Doppelmoral zeigen wir aber schon: Wer nicht regelkonform lebt, wird ausgegrenzt. Das ist bei den strengen Konservativen im Katholizismus auch nicht anders als im Judentum oder Islam.

Sie sind in Moskau geboren, in Berlin und Tel Aviv aufgewachsen, haben lange in London gelebt. Können Sie denn verstehen, dass Maik diese Sehnsucht nach Verankerung an einem Ort hat?

Ich kann es hundertprozentig verstehen. Meine Mutter lebt in einem Dorf mit 2000 Einwohnern in der Nähe von Tel Aviv. Da gehe ich abends joggen und treffe alle Eltern der Freunde, mit denen ich auf der Schule war. Das ist schön, das ist Nostalgie, ein Gefühl von Zusammengehörigkeit, von Angekommensein. Du bist irgendwo, wo du dich auskennst. Denn diese Welt ist ein sehr skurriler Ort mit viel Angst, Tod, Hunger und extrem ungerechten Verhältnissen. Und eine solche Gemeinschaft ist ein Schutz davor, sich Gedanken über die Welt zu machen. Das ist nicht verwerflich.

Zur Person

Daniel Donskoy wurde 1990 in Moskau geboren. Er wuchs in Russland, Deutschland und Israel auf. Von 2011 bis 2014 absolvierte er eine Schauspiel- und Musicalausbildung an der Arts Educational School in London. Nach Rollen im britischen Fernsehen wechselte er nach Deutschland und spielte unter anderem bei „Soko Köln“ und mehreren „Tatort“-Folgen mit.

„Sankt Maik“, vom 7. Mai um 21.15 Uhr wieder im Programm von RTL.

Sie haben im vergangenen Jahr nicht nur gedreht, sondern auch ein Drehbuch geschrieben.

Wenn du das, was du möchtest, nicht hast, dann mach es selbst. Ich suche gerade Partner, um das zu realisieren. Es ist ein Familiendrama, denn für mich sind Leute wie Ken Loach, Mike Lee und Andrei Swjaginzew die Größten. Sie schaffen es, dich mit scheinbar nichtigen Geschichten mitzureißen. In meinem Projekt geht es um eine DDR-Russland-Geschichte. Eine Familie, die jahrzehntelang alles unter den Teppich gekehrt hat, muss sich damit auseinandersetzen. Sehr melodramatisch, sehr schwer.

Sie mögen es traurig?

Ich liebe es zu weinen bei Filmen. Ich liebe das Drama. Die Regisseure, die ich verehre, sind nicht für ihre Komödien bekannt. Ein Teilzeitmelancholiker wie ich braucht halt manchmal einen Film zum Ausheulen.

Parallel zur Schauspielerei arbeiten Sie auch noch an einer Musikkarriere.

Ich wollte eigentlich Musiker werden. Ich habe auch eine Aufnahmeprüfung für klassischen Gesang gemacht. Die Musik hat mir immer geholfen, Dinge zu verarbeiten. Wenn es mir schlecht geht, setze ich mich ans Klavier und lasse alles raus. Vor zehn Jahren habe ich es schon mal versucht, aber das war ganz schlechte Popmusik. Das hat nicht geklappt. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Ich schreibe an einem Album, arbeite mit verschiedenen Songwritern, treffe Musiker. Es ist ein großes Geschenk, auf der Bühne zu stehen, da bin ich ungefiltert, da gibt es keine Instanz zwischen mir und dem Publikum.

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In der Ankündigung zu Ihrer zweiten Single „Didn’t I say so“ sagen Sie, gesellschaftliche Normen seien Ihnen egal. Wie meinen Sie das?

In jedem Interview werde ich gefragt, warum ich Single bin. Ich verstehe nicht, warum das so ein Thema ist. Dann sage ich eben, dass mich die gesellschaftsrelevanten Normen nicht interessieren. Ich genieße es, einfach irgendwohin zu fliegen. Und vielleicht will ich auch mal eine Woche lang mit niemandem reden. Das kann ich machen, weil ich auf mich alleingestellt bin. Ich muss mich niemandem erklären, das ist für mich als Künstler das Größte. Ich liebe ja zu lieben, sich zu verlieben ist wunderschön. Aber meine Unabhängigkeit ist mir momentan das Wichtigste.

Geht es zu sehr um gutes Aussehen in Ihrer Branche?

Ich war als Teenager pummelig, hatte eine Brille, rote Haare und eine Zahnlücke. Das waren nicht die besten Voraussetzungen. Ich habe mitbekommen, wie sich das Verhalten der Menschen in Bezug auf mich verändert hat, als sich mein Körper verändert hat. Klar weiß ich, dass mein Aussehen auch beeinflusst. Menschen achten nun mal auf Außenwirkung, auch wenn das traurig ist.

Das Gespräch führte Anne Burgmer