Die Debatte um die Benin-Bronzen ist neu entflammt und bringt längst überwunden gehoffte Argumente zurück. Ein Kommentar.
Debatte um Benin-BronzenDie Rückkehr der kolonialistischen Doppelmoral
Am Wochenende wurde bekannt, dass der Staat Nigeria die aus Deutschland restituierten Benin-Bronzen wohl an das Königshaus von Benin weiterreichen will. Für manche Kritiker wird deswegen aus der Rückgabe ein kulturpolitisches Fiasko, weil die Bronzen nun hinter den Mauern eines Palasts zu verschwinden drohen. Sie würden dadurch nicht nur der Öffentlichkeit entzogen, so die Befürchtung, sondern auch der Wissenschaft. Letztlich drohe eine Geschichtsklitterung, denn die Nachfahren des Königshauses hätten keinerlei Interesse daran, die eigene blutige Historie aufzuarbeiten.
Waren die „Strafexpeditionen“ in Wahrheit kulturelle Rettungsmissionen?
Es ist nicht der erste Versuch, die Rückgabe der einst von den Briten geraubten und als Hehlerware in deutsche Museen gelangten Bronzen schlechtzureden. In unschöner Regelmäßigkeit werden dem Publikum dabei die alten kolonialen Argumente aufgetischt, warum afrikanische Kunst in europäischen Museen am besten aufgehoben ist. Hier sei sie sicher, würde unvoreingenommen erforscht und als Teil des Weltkulturerbes öffentlich zugänglich gemacht. Beinahe könnte man glauben, die kolonialen „Strafexpeditionen“ seien vor allem kulturelle Rettungsmissionen gewesen.
Am dreistesten ist die Behauptung, das Königreich Benin sei nicht der rechtmäßige Besitzer seiner Bronzen, weil es seinen Reichtum auf Kriegszüge und Sklavenhandel gründete. Das stimmt zwar, trifft aber auch auf viele europäische Mächte zu. Die Forderung, der deutsche Staat solle die Bronzen einbehalten, bis die Eigentumsfrage geklärt sei, versucht den Besitzer von Diebesgut in einen ehrlichen Makler zu verwandeln. Es ist gut, dass sich die Regierung darauf nicht eingelassen hat. Die Debatte um die Benin-Bronzen sollte geführt werden. Aber bitte dort, wo sie hingehört: in Nigeria.