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Influencerin Diana zur Löwen„Dieser massive Hass verfolgt mich bis heute“

Lesezeit 6 Minuten
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Influencerin Diana zur Löwen 

Köln – Diana zur Löwen, heute 25, hat bereits mit 14 angefangen zu bloggen. Sie befasste sich zunächst mit Mode und Kosmetik, seit 2019 auch mit politischen Themen. Nach ihren Studium in Köln und Cambridge hat mehrere Unternehmen gegründet und arbeitet als Influencerin auf Social-Media-Kanälen.

Frau zur Löwen, ist Hass für Sie ein Thema in Ihrem Arbeitsalltag?

Diana zur Löwen: Seit ein paar Jahren beschäftige ich mich auch mit kontroverseren Themen – Gleichberechtigung zum Beispiel. Und seitdem gibt es mehr Menschen, die sich davon angegriffen fühlen und damit nicht zurechtkommen. An sich ist es ja nicht schlimm, wenn man in den Sozialen Medien etwas kritisiert oder seine Meinung schreibt – genau um diesen Austausch geht es ja gerade. Aber bei politischen Themen werden viele schon aggressiver und stärker beleidigt als wenn ich ein Bild von mir in einem neuen Kleidungsstück poste. Da schreibt dann vielleicht mal jemand »Du bist hässlich«, aber das ist ja noch verhältnismäßig harmlos.

Und wie sehen die Reaktionen auf Ihre politischen Inhalte aus?

Vor kurzem hat sich zum Beispiel die AfD von einem Post von mir angegriffen gefühlt. Das war ein sehr liberaler Post von einem Unternehmen, das feministische Erotikfilme produziert und seinen Mitarbeiterinnen erlaubt hat, eine Masturbationspause auf der Arbeit zu nehmen. Mir ging es gar nicht darum, das als beispielhaft für alle Unternehmen zu feiern – sondern eher darum, solche Themen ein bisschen zu enttabuisieren. Und das fand die AFD nicht so cool. Die haben mich dann als »umstrittene Influencerin« dargestellt, als Beispiel dafür, »wie sehr sich die radikale Linke von der Wirklichkeit normaler arbeitender Menschen abkoppeln kann«. Mal ganz davon abgesehen, dass ich ganz sicher keine »radikale Linke« bin – wenn jemand umstritten ist, dann doch wohl eher die AfD als ich! Aber da mache ich mir jetzt natürlich auch Gedanken – was, wenn die AfD mich jetzt im Fokus hat und meine Inhalte benutzt, um ihre Community gegen mich und andere Feministinnen aufzuhetzen?

Gelernt durch Shitstorm

Anfang 2020 haben Sie in Südafrika den Handelsblatt-Korrespondenten getroffen und ihm eine Bühne für diskriminierende Ausführungen geboten. Danach ging ein heftiger Shitstorm auf Sie nieder. Wie fühlt sich so etwas an?

Ich habe durch diesen Shitstorm sehr viel gelernt – trotzdem würde ich jetzt nicht so weit gehen, zu sagen, ich bin dankbar dafür. Denn in der Zeit, wo ich diesen ganzen Hass abbekommen habe, hatte ich permanent Bauchschmerzen. Ich hatte einen Fehler gemacht und das hat mir wirklich unendlich leid getan. Und ich habe seitdem alles daran gesetzt, das wieder gut zu machen – auch wenn das natürlich gar nicht so leicht getan ist. Aber dieser massive Hass und diese Sensationslust – auch zum Teil von Journalisten – hat mich schon sehr verletzt und psychisch belastet. Und es verfolgt mich bis heute.

Inwiefern?

Das Internet vergisst nicht so leicht. Und es tut natürlich schon weh, wenn mich andere immer noch dafür abstrafen oder mir Rassismus unterstellen. Mir wurden auch schon falsche Zitate in einem rassistischen Kontext in den Mund gelegt, sowas geht natürlich gar nicht. Wenn man einen Anwalt oder eine Anwältin einschaltet, machen die Leute dann aber doch oft einen Rückzieher, weil sie merken, dass man im Internet offenbar doch nicht alles sagen oder machen kann.

Unter permanenter Beobachtung

Wie lebt es sich unter permanenter Beobachtung?

Es ist schon schlimm, dass so etwas dazu führt, dass man Angst hat, öffentlich seine Meinung zu äußern. Und es kann einen auch der Hass der eigenen Community treffen, weil die inzwischen sehr sensibilisiert ist für viele Themen. Wenn ich jetzt zum Beispiel mit einer Marke zusammen arbeiten würde, die nicht mit aller Konsequenz für Feminismus oder Tierschutz steht. Oder wenn ich auch nur mal in Urlaub fliege. Irgendwie brauchen die Leute das offenbar, dass sie jemanden immer schlechter machen müssen als er ist. Obwohl es vom eigentlichen Thema ablenkt, für das ich mich ja wirklich engagiere. Aber dann ist es halt trotzdem nie gut genug.

Wie erklären Sie sich solche Angriffe?

Ich verstehe es bis heute nicht, woher dieser Frust und diese Wut kommt, warum Leute meinen, sie müssen irgendwie durch die Sozialen Medien ihre Wut bei anderen rauslassen. Wie kann es sein, dass sich Menschen von so einem Thema wie Gendern so angegriffen fühlen? Ich habe mal in einem Video andere Methoden zum Gendern vorgestellt. Die Leute waren so wütend! Dabei ist sowas ja nur als Inspiration gedacht, die Sprache inklusiver zu machen.

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Wie gehen Sie damit um?

Ich muss schon sagen, dass mir das auch schon öfter nahe geht. Und ich versuche da für mich eine gesunde Mitte zu finden. Ich suche mir immer mehr andere Felder jenseits der Sozialen Medien, gebe mein Wissen an Unternehmen weiter und beteilige mich selbst an Start-ups. Wenn ich nur aktivistisch tätig wäre, würde mich das auch fertig machen.

Wie sehen Sie die Rolle von Plattformen wie Facebook?

Ich finde es gut, dass man die Kommentarfunktionen jetzt selber individueller einstellen kann. Zum Beispiel kann ich festlegen, dass jemand, der mir nicht folgt, keine Kommentare schreiben kann. Ich kann auch einstellen, welche Begriff ich nicht in der Kommentarspalte lesen möchte. Das hilft schon mal ein bisschen, weniger Hass abzubekommen. Am Ende ist mein Instagram-Account ja immer noch mein eigener Account und ich muss auch auf mich selbst aufpassen.

Gegen Klarnamenpflicht

Ist Anonymität ein Problem?

Ich glaube nicht daran, dass dieser Hass durch die Sozialen Medien neu entstanden ist, aber sicher fühlen sich die Leute durch die Anonymität einfach freier, ihre Meinung zu äußern. Trotzdem fände ich es schwierig, wenn Facebook jetzt zum Beispiel eine Klarnamen-Pflicht einführen würde oder dass jeder Nutzer seinen Perso registrieren lassen muss. Manchmal braucht man ja auch die Anonymität, um etwas zum Positiven zu verändern, zum Beispiel Whistleblower.

Wie gehen Sie konkret mit problematischen Kommentaren um?

Manchmal, wenn ich mit den Leuten in die Argumentation gehe, merken die auch, dass sie einen Fehler gemacht haben. Zum Thema Rassismus hatte ich diese Woche auch wieder eine Debatte, aber das sehe ich eigentlich nicht als meinen Job. Es ist mein Job, auf Themen aufmerksam zu machen und den Leuten Impulse zu geben. Aber ich kann jetzt auch nicht über Instagram eine gefühlte Schulstunde zum Thema Rassismus geben. Das kann ich gar nicht leisten. Und da ist Instagram jetzt auch nicht die beste Plattform, um sich tiefergehend über Themen zu informieren.

Ignorieren Sie die Hass-Posts? Oder ist es besser, die Leute öffentlich bloß zu stellen?

Ich will gar nicht so einen Fokus auf diesen Hass legen. Und ich muss ja schon ein bisschen auf mein eigenes Wohlbefinden aufpassen. Ich will auch gar nicht immer auf alles reagieren – mal davon abgesehen, dass ich den ganzen Kommentaren alleine auch gar nicht Herr werden könnte. Ich beobachte natürlich, was in den Kommentaren passiert. Und wenn mich jemand ganz krass beleidigt, bin ich gezwungen, diesen Menschen zu blockieren. Oder diesen Post zu löschen – aber dann werden die meisten nur noch wütender. Deswegen denke ich manchmal nur: »Schreib’ mal deine Meinung dahin, ist mir egal.« Denn was diese Leute wollen, ist ja auch Aufmerksamkeit. Und die bekommen sie nicht – zumindest nicht von mir.

Das Gespräch führte Kerstin Meier