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Ranking des Silvester-SketchesDas sind die beste und die schlechteste Version von „Dinner for One“

Lesezeit 5 Minuten
Filmszene aus Dinner for One: Freddie Frinton als Diener James und May Warden als allein speisende alte Dame

Dinner for One: Freddie Frinton als Diener James und May Warden als allein speisende alte Dame

Seit 51 Jahren gucken die Deutschen an Silvester „Dinner for One“ – in zig Versionen. Wir haben eine Rangfolge erstellt, von cringe bis nice.

Warum Henri Regnier, damaliger Unterhaltungschef des NDR, Ende 1972 auf die Idee verfiel, eine neun Jahre alte Aufzeichnung eines noch viel älteren britischen Bühnensketches ins Silvesterprogramm zu hieven, das vermag heute niemand mehr so genau zu sagen. Butler James ruft in der Rolle des fistelnden Mr. Pommeroy einmal aus: „Happy new year, Miss Sophie“, und das ist die einzige Verbindung von „Dinner for One“ zum Jahreswechsel.

Trotzdem begründete Regnier eine TV-Tradition, ohne die der Rutsch für viele Deutsche kein guter wäre. Rund 15 Millionen schalteten 2021 die Originalversion mit Freddie Frinton und May Warden ein. Inzwischen existieren unzählige Parodien und Dialektversionen des Sketches. Damit Sie das nicht tun müssen, haben wir sie angeschaut und eine Rangliste erstellt, von schlimm bis toll.

„Dinner for One“ (Netflix, 2016)

Wirkt als Werbung für den Streamingdienst inzwischen viel älter als das bald 60 Jahre alte Original. Butler James muss hier die Stars der ersten Erfolgsserien auf Netflix spielen: Frank Underwood („House of Cards“), Pablo Escobar („Narcos“), Saul Goodman („Better Call Saul“) und Crazy Eyes („Orange Is The New Black“). Die Kevin-Spacey-Parodie ruiniert den Sketch, die anderen sind ebenfalls unlustig. Lichtblick: Miss Sophies Kommentar, wenn sie sich am Ende des Dinners zurückzieht: „I’am going to watch Netflix and chill.“

„Döner for one“ („Headnut.tv“, 2002)

Wo wir von schlecht gealtert reden: Die Zeiten, in denen Alman-Abiturienten Assis mit Migrationshintergrund spielen können, liegen Gott sei Dank hinter uns, und auf Humorkracher wie „der schwule Jens-Uwe hat einen peinlichen Unfall mit Silvesterraketen gehabt“ verzichtet man nur zu gerne. Das Tigerfell ist in diesem Erkan & Stefan-Sketch ein Pitbull, der vor Ort erschossen wird. Schön nur die Übersetzung der „Same procedure“-Frage: „Gleichen Scheißendreck wie letztes Jahr?“

„Dinner for One – auf hessisch“ (HR, 2007)

Diese Dialektversion mit Walter Flamme und Fastnacht-Sängerin Margit Sponheimer ist rund acht Minuten länger als das Original? Warum? Weil man den Darstellern offensichtlich vor der Aufzeichnung einen Bembel Valium eingeflößt hat. Bräsiger sind Gags selten verschleppt worden.

„Dinner op kölsch“ (WDR, 2013)

Vor zehn Jahren schickte auch der WDR eine Dialektversion ins Rennen, die weniger mit Mundart als mit Lokalkolorit punktet. Annette Frier und Ralf Schmitz übernehmen die bekannten Rollen in Alters-Make-up. Anstelle von Mulligatawny-Suppe gibt es wenig Erbensuppe mit reichlich Hämchen- und Wurstbeilage, das Tiger- ist ein Geißbockfell, das meckert, wenn Schmitz darüber stolpert. Der parodiert mit groben Strichen Dirk Bach, Hans Süper, Alfred Biolek und Reiner Calmund. Was irritiert, bedenkt man, dass 2013 nur Bach von uns gegangen war.

Eine Grafik dazu, wie betrunken das „Dinner for One“ macht.

Sherry, Weißwein, Champagner, Portwein – So betrunken macht das „Dinner for One“.

Die Silvestertradition „Dinner for One“ ist für viele ein Muss. Miss Sophie feiert ihren 90. Geburtstag mit Butler James, wobei reichlich Alkohol im Spiel ist. Sherry, Weißwein, Champagner und Portwein bilden ein beachtliches Getränkeprogramm für ein Abendessen.

Selbst, wenn man nicht wie James die vierfache Menge trinkt. Es ist daher nicht überraschend, dass Miss Sophie nach ihrem „Dinner for One“ vermutlich leicht beschwipst ist. Man fragt sich, wie betrunken die beiden am Ende des Abends wohl sein mögen – für alle Interessierten und Nachahmer gibt es eine Beispielberechnung.

„Döner for one“ (Stunksitzung, 2015)

Nicht Miss Sophie, sondern Tante Hatice hat in diesem Stunksitzungs-Sketch Verwandte und Freunde in eine Grillstube in der Keupstraße eingeladen. Und die sind auch nicht tot, sondern lieber in der Türkei geblieben. Ozan Akhan gibt als Grillstuben-Besitzer Murat den Butler mit akrobatischer Verve. Sie sei „so voller Glanz wie ein 3er BMW in der Abendsonne auf der Inneren Kanalstraße“ komplementiert er das Geburtstagkind.

„Dinner for one“ (Schweizer Fernsehen, 1963)

Warum zeichnete das Schweizer Fernsehen noch im gleichen Monat März des Jahres 1963 eine eigene Version von „Dinner for one“ auf, ebenfalls mit Freddie Frinton und Maya Warden? Angeblich wird hier weniger getrunken, aber das ließe sich nur im Bild-für-Bild-Vergleich feststellen. Die anderen Kameraperspektiven sind für deutsche Gewohnheitsgucker irritierend, was viel mehr stört, ist das billig zusammengezimmerte Set. Und Frinton vergisst, nach dem ersten Stolperer das Tigerfell zurückzustreichen, wie schade!

„Dinner for One“ („Happy Otto“, 2008)

In der Ralf Schmitz zum ersten Mal den Freddie Frinton gibt, mit derart perfektem Timing, dass Otto lachend aus der Rolle fällt. Dazu parodiert Schmitz deutschsprachige Humorgrößen – Hans Moser, Heinz Rühmann, Heinz Erhardt und Rudi Carrell – in deren Gesellschaft „Miss Otti“ ihren 90. Geburtstag feiert. Das Tigerfell hat einen Ottifanten-Rüssel.

„Dinner für Brot“ („Bernd das Brot“, 2003)

Er stolpert immer über ein Tigerfell!, versucht Chili das Schaf den meist wiederholten TV-Sketch der Welt ihrem Freund Bernd schmackhaft zu machen. Das depressive Kastenbrot bleibt maximal unbeeindruckt: „Man muss wohl dabei gewesen sein.“ Der Versuch, den ungelenken Bernd in Freddy Frinton zu verwandeln, führt ins totale Chaos: Am Ende brennt ein brüllender Wikinger.

„Silvester für Eins“ („Joko & Klaas“, 2021)

Eine ganz peinliche Nummer sei das, mahnt der Regisseur der beiden ProSieben-Moderatoren, wenn man einen Klassiker einfach so hinrotzt. Genau das passiert: Joko und Klaas schenken sich bei jeder Gelegenheit nach und boykottieren die Aufzeichnung in liebevoll nachgestellter Schwarz-Weiß-Kulisse, wo sie nur können. Das wutverzerrte Gesicht des frustrierten Regisseurs ist fast noch witziger als der dahingemetzelte Klassiker. Zum Höhepunkt säuft Jokos Butler viel zu spät aus der Blumenvase, während Klaas’ Miss Sophie verkündet: „Trink aus, ich will bumsen.“