Die Studiobühne Siegburg zeigt „Dinner for One“ in einem ganz besonderen Ambiente. Was nach mehr als 60 Jahren immer noch den Reiz ausmacht.
Stück in SiegburgWarum das Stolpern über den Tigerkopf bei „Dinner for One“ eine Herausforderung bleibt
Das Publikum ist mittendrin. Als Miss Sophie den Spiegelsaal der Siegburger Röstburg betritt, staunen die 36 Gäste. Butler James hat das Publikum vorher schon am Eingang begrüßt, zu ihren Tischen geführt und eine Mulligatawnysuppe zur Vorspeise serviert, eine exotische Currysuppe – genau wie in dem berühmten Fernseh-Sketch. Der Butler spricht mit den Gästen die gesamte Zeit auf Englisch. „Wir wollen sofort die Atmosphäre schaffen und den Leuten zeigen, dass sie ein guter Abend erwartet“, erläutert Christoph Wolff, der den Butler mimt.
An seiner Seite steht Simone Walleck, die mit ebenso aufwendigem Kostüm und Make-up als 37-Jährige das 90-jährige Geburtstagskind verkörpert. „Dinner for One“ ist der Silvesterklassiker der Deutschen, mittlerweile schon mehr als 60 Jahre alt. Die Studiobühne Siegburg hat das Stück im November und Dezember schon mehrfach aufgeführt, am Silvesterabend wird es zum 21. Mal über die Bühne gehen.
Silvestertradition in der Siegburger Röstburg: Originalgetreu mit kleinen Eigenanteilen
Regisseur Bardia Rousta hat das Stück so originalgetreu wie möglich, aber doch mit eigenem Esprit interpretiert. So führt Butler James zu Beginn des Stückes beim Eindecken einen grazilen Tanz zur Musik Richard Wagners auf. Etwas später stolpert er an einen Tisch, an dem das Publikum sitzt, und trinkt ein Glas Wasser aus. Reaktion: großes Gelächter.
„Manche Leute im Publikum haben auch schon angefangen, den Text mitzusprechen“, schildert Walleck. „Jeder kennt es. Jeder liebt es. Es ist einfach deutsches Kulturgut.“ Wolff ist begeistert von seiner Rolle des Butlers: „Es ist sehr angenehm. Ich spiele einen charmanten Mann, der immer freundlich zu den Leuten ist und trotzdem hier und da sehr schelmisch.“ Wenn es nach ihm gehe, sollten die Menschen mit einem Lachen aus dem Saal gehen, und das gebe die Rolle auch her.
„Stolpern ist die größte Herausforderung“ – Darsteller muss vorher Schritte abzählen
Die größte Herausforderung ist laut Wolff das Stolpern. Er müsse vor jeder Aufführung die Schritte vor dem Tiger abzählen. „Es darf niemandem auffallen, dass ich mit Absicht stolpere. Das würde die Illusion zerstören.“
Robert Gerstner, Inhaber des Cafés Röstburg, hat im vergangenen Sommer mit Studiobühnenleiter René Böttcher die Idee zu der Inszenierung entwickelt. Da das Haus der Studiobühne seit März saniert wird, sucht Böttcher nach anderen Orten, an dem Stücke aufgeführt werden können.
Auch Gerstner sucht laufend nach Künstlern, die in seiner Location auftreten: „Wir hatten hier schon Lesungen, Konzerte und Comedy. Kultur ist auf jeden Fall ein wichtiger Bestandteil“, betont der Inhaber. Die Zusammenarbeit sei eine Win-win-Situation.
Großartige Resonanz: Alle 21 Vorführungen bereits im Vorfeld ausverkauft
Die Resonanz sei überwältigend gewesen. Noch vor der ersten Veranstaltungen seien alle 21 Termine ausverkauft gewesen. Bedenken hatten Gerstner und Böttcher im Vorfeld, da an den Sechser-Tischen mitunter auch Gäste nebeneinander sitzen, die sich gar nicht kennen. „Sehr unüblich in der deutschen Kultur“, merkt Gerstner an. Doch da die Gäste aus demselben Grund kämen und das gemeinsame Essen auch verbinde, gingen aus den Abenden durchaus Freundschaften hervor.
Der Ort des Geschehens ist der historische Spiegelsaal. Plattenspieler, Kronleuchter und antiker Holzdielenboden schaffen ein authentisches Ambiente. Das Gebäude ist rund 150 Jahre alt. Gerstner: „Wenn die Menschen hier reinkommen, kommen die nicht mehr aus dem Staunen raus. Man spürt, dass dieser Saal einiges mitgemacht hat.“