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Eine fehltSo tränenreich ist das große „Harry Potter“-Wiedersehen

Lesezeit 4 Minuten
HP Reunion

Daniel Radcliffe (r.), Rupert Grint und Emma Watson kehren in der Retrospektive "Return to Hogwarts" an das Set der Filme zurück.

Am Ende der "Harry Potter"-Reunion, die in Deutschland seit Jahresbeginn bei Sky zu sehen ist, fließen Tränen. Emma Watson und Rupert Grint, berühmt geworden als Hermine Granger und Ronald Weasley in acht Harry-Potter-Filmen, bekunden einander, wie sehr die gemeinsame Arbeit und das Aufwachsen am Set sie verbunden habe. Natürlich sei die Liebe nur platonisch, aber sehr tief, wie bei einer Familie eben.

Rückkehr nach 20 Jahren

20 Jahre nach dem Kinostart des ersten Teils sind Watson, Grint und Harry-Darsteller Daniel Radcliffe noch einmal in die Kulissen der Filme zurückgekehrt. Was bei der Serie „Friends“ im vergangenen Jahr schon so gut funktionierte, soll nun auch bei Harry Potter gelingen. Neben den drei Hauptdarstellern hat HBO auch viele andere Beteiligte vor die Kamera geholt.

Schon damals etablierte erwachsene Stars wie Ralph Fiennes, Helena Bonham Carter, Robbie Coltraine und Gary Oldman sind gekommen. Und viele der ehemaligen Zauberei-Schüler schwelgen ebenfalls in Erinnerungen: Matthew Lewis, der Neville Longbottom spielte, Bonnie Wright (Ginny Weasley) und Tom Felton, der als Draco Malfoy stets der Gegenspieler der drei Helden war.

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Rupert Grint (l.), Daniel Radcliffe, Emma Watson und die Autorin J. K. Rowling bei der Premiere des ersten Films.

Aber eine fehlt bei der großen Wiedersehensparty: J.K. Rowling, die nicht nur die literarische Vorlage erschuf, sondern auch an der Entstehung der Filme maßgeblich beteiligt war, ist nur in kurzen Interview-Szenen aus dem Jahr 2019 zu sehen. Zwar berichtete "Entertainment Weekly" jetzt, Rowling habe eine Einladung erhalten, diese jedoch ausgeschlagen, doch besonders erpicht auf ihr Mitwirken waren die Machern der Reunion vermutlich ohnehin nicht.

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Denn Rowling fiel in den vergangenen Jahren vor allem durch transfeindliche Äußerungen auf, die dazu führten, dass sich viele Fans und auch die Hauptdarsteller der Filmreihe von ihr distanzierten.

Jüngst wurde bekannt, dass die Dachorganisationen „US Quidditch“ und die „Major League Quidditch“ ihre Namen ändern wollen, um sich von Rowling und ihren problematischen Aussagen abzugrenzen. Quidditch ist der rasante Zauberer-Sport, den Rowling für ihre Bücher erfand und der heute weltweit – wenn auch ohne fliegende Besen – gespielt wird.

Arg weichgespültes Wiedersehen

Doch solche Kontroversen passen nicht in das leider arg weichgespülte Wiedersehen. Ebenso wenig wie Daniel Radcliffes Beichte, der frühe Ruhm und der Druck hätten ihn in die Alkoholsucht getrieben. In Interviews gab der Schauspieler in der Vergangenheit zu, teilweise betrunken am Set aufgetaucht zu sein.

In den anderthalb Stunden, die natürlich auch dazu dienen sollen, den Zauberlehrling und seine Welt in der Öffentlichkeit zu halten, sind alle Probleme wie weggezaubert. Die Reunion ist zweifellos liebevoll und aufwendig gemacht, aber ein bisschen entzaubert sie sich auch selbst, wenn etwa Helena Bonham Carter, die die böse Bellatrix Lestrange spielte, und Daniel Radcliffe durch die Kulissen der Zauberer-Bank Gringotts gehen und dort auf die Kobold-Puppen stoßen, die friedlich vor sich hin verstauben. Wir wussten ja, dass das alles nur eine große Illusion war, aber müssen wir das auch sehen?

Fans erfreut das Special aber auch mit einigen schönen Anekdoten. Etwa Rupert Grints Erinnerungen daran, dass der erste Tanz seines Lebens gleich mit Maggie Smith war. Die Zuschauer erfahren aus erster Hand, dass Emma Watson sich in Tom Felton verguckt hatte und Daniel Radcliffe Helena Bonham Carter nach den Dreharbeiten einen Brief schrieb, in dem er bedauerte, nicht ein paar Jahre älter zu sein, so sehr hatte sie ihn fasziniert.

Es ist anrührend zu sehen, wie der famose Gary Oldman mit Radcliffe darüber spricht, wie sehr er als Schauspieler gewachsen sei in dieser Zeit. Und auch die vier Regisseure, die den Filmen jeweils ihren Stempel aufdrückten, kommen zu Wort.

Partystimmung am Set

Chris Columbus etwa, der bei den ersten beiden Teilen Regie führte, berichtet, wie schwer es teilweise war, die Kinderdarsteller-Schar anzuleiten, weil deren Freude über das eigene Mitwirken so groß war, dass am Set mitunter eine regelrechte Partystimmung herrschte.  

Da geht den Fans natürlich das Herz auf, aber jeder Harry-Potter-Kenner weiß eben auch, dass niemals nur Licht herrschen kann, sondern es immer auch Schatten gibt. Diesen Schatten blendet die Reunion leider vollständig aus. Die Marketing-Maschine muss eben weiterlaufen.