AboAbonnieren

EM-BerichterstattungDas Unbehagen des Bastian Schweinsteiger

Lesezeit 4 Minuten
Schweinsteiger

Jessy Wellmer und Bastian Schweinsteiger

Die Vorrunde der Fußball-Europameisterschaft ist vorbei, Deutschland ist der Einzug ins Achtelfinale gelungen, wenn auch alles andere als souverän. Bevor die K.O.-Runde startet, lohnt ein erster Blick zurück auf die Berichterstattung von ARD, ZDF und Magenta TV. Bei der ARD steht Bastian Schweinsteiger als Experte vor der Kamera.

ARD

Fußball-Kommentatoren sind Kritik gewohnt. Egal, was sie sagen – irgendwem passt es nicht. Und außerdem wissen es ja die mindestens 80 Millionen nebenberuflichen Bundestrainer im Land alle ohnehin besser. Die Erfahrung musste auch Tom Bartels machen, als er im Spiel Dänemark gegen Russland doch sehr deutlich zu erkennen gab, dass er den Dänen den Sieg und das Weiterkommen gönnte.

Die „Sportschau“ bat dafür um Entschuldigung, Bartels gab hingegen in der „Bild“ zu Protokoll, er sei zwar immer um Neutralität bemüht, aber „wer sich als Reporter von so einer Atmosphäre wie in Kopenhagen im Wissen der Vorgeschichte mit Eriksens Zusammenbruch nicht mitreißen lässt, sollte sich einen neuen Job suchen.“ Neben Bartels setzt das Erste auch mit Gerd Gottlob, Florian Naß und dem Experten Thomas Broich auf ein rein männliches Team im Stadion.

Für einige Irritationen im Studio sorgt bei vielen Zuschauern die „Sportschau“-Band, die seltsam deplatziert wirkt. Als Zuschauer erwartet man da jeden Moment den Start einer Late Night Show.

Das könnte Sie auch interessieren:

Alexander Bommes macht seine Sache ordentlich, fällt allerdings nicht gerade durch Originalität auf. Ihm zur Seite stehen Kevin Prince-Boateng, Nationaltorhüterin Almuth Schult, und U21-Bundestrainer Stefan Kuntz. Das Problem bei diesem Überangebot an Experten: Sie laufen ständig Gefahr, eben Gesagtes zu wiederholen – und tun dies auch allzu oft.

Das größte Problem der ARD ist jedoch das Duo Jessy Wellmer und Bastian Schweinsteiger. Zwischen den beiden stimmt die Chemie einfach nicht. Was besprochen wird, klingt allzu oft belanglos, und wenn Wellmer versucht, locker zu sein, geht es meist nach hinten los. Schweinsteiger hingegen scheint der Job manchmal nur unangenehm zu sein, man sieht ihm sein Unbehagen an, auch wenn er sich im Lauf des Turniers etwas entspannt hat.

Ob es den „Sportschau-Club“ im Anschluss an die Spiele braucht, sei einmal dahingestellt. Aber wer sich noch an Waldemar Hartmanns Bierzelt-Moderationen erinnert, kann Esther Sedlaczek und Micky Beisenherz nur als echte Steigerung bezeichnen. Nicht alles gelingt den beiden, aber wenn die Gäste stimmen, dann gerät ihr Plausch durchaus kurzweilig.

ZDF

Beim ZDF ist eingetroffen, was schon vorher feststand: Die Twitter-Gemeinde lässt kaum ein gutes Haar an der Kommentatorin Claudia Neumann. Es wäre mal interessant zu wissen, wie die Meinungen ausfielen, wenn ein Mann genau das vortrüge, was sie sagt. Mit ziemlicher Sicherheit weniger heftig.

Béla Réthy, Oliver Schmidt und Martin Schneider kommentieren so, wie man es von ihnen gewohnt ist. Positiv überrascht Co-Kommentator Sandro Wagner, manchen ist er vielleicht mitunter zu flapsig, aber er ist ein Freund klarer Aussagen.

79516-6-19

Per Mertesacker, Christoph Kramer, Katrin Müller-Hohenstein

Trainer und Taktik-Experte Peter Hyballa wirkt im Studio bisweilen ziemlich übermotiviert und eine Spur besserwisserisch. Grundsätzlich ist beim ZDF dasselbe Problem wie im Ersten zu beobachten: Es gibt zu viele Experten. Warum müssen Christoph Kramer und Per Mertesacker zusammen im Studio sitzen? Sympathisch sind ja beide, allerdings häufig auch sehr diplomatisch, wenn es um Kritik geht.

Magenta TV

Magenta TV hat mit Johannes B. Kerner im Studio und Wolf Fuss im Stadion, der die Deutschland-Spiele kommentiert, zwei erfahrene Sportreporter verpflichtet, die ihre Sache gut machen. Vor allem Fuss kommt bei den Fans auf Twitter sehr gut weg. Kerner plaudert im Studio mit Michael Ballack und anderen Experten gewohnt locker. Schnitt und Ton ließen bisher bei dem Bezahlangebot der Telekom mitunter zu wünschen übrig, aber ansonsten muss sich Magenta TV nicht hinter den Öffentlich-Rechtlichen verstecken.

Interessant ist aber, dass Christian Straßburger sich beim Spiel Dänemark gegen Russland ebenso wie Tom Bartels sehr mitreißen ließ von den Emotionen im Stadion. Der ARD-Journalist wurde dafür kritisiert, Straßburger gefeiert. Auch die Zuschauer messen eben manchmal mit zweierlei Maß.