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Enissa Amanis „Die beste Instanz“Bei rassistischer Sprache geht es „um Leben und Tod“

Lesezeit 3 Minuten
Enissa Amani

Enissa Amani

Köln – Die deutsch-iranische Comedian Enissa Amani hat vergangene Woche in einem rund 20-minütigen Video, das bei Instagram knapp zwei Millionen Mal angeschaut wurde, ihrem Zorn über die WDR-Talkshow „Die letzte Instanz“ Luft gemacht. Wir erinnern uns: Darin diskutierten Micky Beisenherz, Janine Kunze, Jürgen Milski und Thomas Gottschalk mit Moderator Steffen Hallaschka, ob es richtig war, die „Zigeunersauce“ umzubenennen. Amani äußerte ihr Unverständnis darüber, dass fünf Menschen, die nicht von Rassismus betroffen sind, über Rassismus diskutierten.

Doch sie beließ es sich nicht dabei sich zu ärgern. Sie organisierte ihre eigene Talkshow, die sie „Die beste Instanz“ nannte und deren Herstellung sie selbst finanzierte, wie sie zu Beginn sagte. Am Dienstagabend war sie bei Youtube und Instagram zu sehen.

Gäste, die zum Thema Rassismus etwas zu sagen haben

Und sie hatte sich Gäste eingeladen, die wirklich etwas zu dem Thema zu sagen haben. In der Runde dabei waren die Schwarze Autorin, Wissenschaftlerin, Aktivistin und Filmemacherin Natasha A. Kelly (ihr neues Buch "Rassismus. Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen!" erscheint im April), der Comedian und Roma-Aktivist Gianni Jovanovic, die Bildungsreferentin Nava Zarabian, der Journalist und Autor Mohamed Amjahid („Unter Weißen: Was es heißt, privilegiert zu sein“ und "Der weiße Fleck: Eine Anleitung zu antirassistischem Denken") und der Berliner Lyriker und Autor Max Czollek, der die Bücher "Desintegriert euch!" und "Gegenwartsbewältigung" geschrieben hat.

Es ging in der knapp anderthalbstündigen Diskussion auch um die Frage, warum Menschen immer noch darauf beharren, das N-Wort oder Z-Wort zu benutzen mit dem Argument, das hätten sie immer so gemacht. "Das Interessante an der Dominanzkultur ist die Arroganz, mit der sie die Gegenwart wahrnimmt, nämlich immer als eine, die behauptet: Das, was ich sehe, ist das, was wahr ist. Und das, was ich nicht sehen kann, existiert auch nicht", so Max Czollek.

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"Was veranstalten wir mit Sprache? Was lösen wir mit Sprache aus? Das ist eine sehr, sehr starke Ressource, die wir haben. Und wir wissen, mit Sprache können Kriege anfangen, aber auch beendet werden", betonte Gianni Jovanovic und erklärte noch einmal, warum es eben nicht in Ordnung oder harmlos ist, Sinti und Roma mit der Fremdbezeichnung, die sie selbst nie nutzten, zu benennen: "Menschen wurden deportiert, dieses Wort wurde Menschen in die Haut eintätowiert, man hat sie gekennzeichnet. Und deshalb ist dieses Wort so gewaltvoll."

Mohamed Amjahid betonte, die Diskussion über inklusive Sprache sei kein Selbstzweck: "Hier geht es um Existenzen und eine Selbstverteidigung." Die Verwendung einer solchen Sprache münde in Machtmissbrauch. "Sprache spiegelt Realität und formt, was wir erleben. Es klingt pathetisch, aber es geht um Leben und Tod." Natasha A. Kelly ergänzte: "Sprache ist Handlung. Mit Sprache kann ich Gewalt ausüben."

"Bleibt wütend"

Zugleich betonten alle in der Runde, dass wir in der Debatte schon weiter sein müssten als über die Verwendung solcher Wörter zu sprechen. "Es ist extrem frustrierend. Wir führen diese Diskussionen seit Jahren und Jahrzehnten", sagte Nava Zarabian.

Dieser Punkt war auch Max Czollek wichtig. Über die immer gleichen Themen zu sprechen, sei Ablenkung. "Es geht nicht nur darum, eine bessere Sprache zu benutzen", so Czollek. Man müssen Menschen, die betroffen sind, zuhören, empathisch sein. Dann sei Veränderung möglich. Und Zarabian ergänzte: "Bleibt wütend. Ihr seid nicht allein."