Die Ticketpreise für Konzerte steigen überall, doch im obersten Segment explodieren sie geradezu. Das sind die Gründe.
Konzerttickets600 Euro für Madonna in der Arena – Das könnte bald ein Schnäppchen sein
Als Madonna ihre Rückkehr auf die Konzertbühne ankündigte, war die Freude groß. Noch größer war allerdings der Schock, als die Ticketpreise für ihre Shows, zum Beispiel in der Kölner Lanxess-Arena, bekannt wurden: 209 Euro für einen Stehplatz? Dabei ist Madame Ciccone in bester Gesellschaft, wenn es um exorbitant teure Eintrittspreise geht. Wo soll das noch hinführen? Wir haben Antworten.
Tickets für Konzerte werden immer teurer, nicht wahr?
Der subjektive Eindruck täuscht nicht. Bereits im Zeitraum von 2007 bis 2017 stieg der Durchschnittspreis für Veranstaltungen in Deutschland von knapp 30 auf 44 Euro. Nach der Pandemie hat sich diese Entwicklung beschleunigt. Konnte man Harry Styles im Sommer 2022 in der Kölner Lanxess-Arena ab 53 Euro erleben, kosten die günstigsten Karten für seine beiden Shows im Juni 2023 in der sehr viel größeren Düsseldorfer Merkur-Spiel-Arena – sie fasst bis zu 66 000 Zuschauer – bereits 74 Euro. Beide Shows waren binnen kürzester Zeit ausverkauft.
Zuletzt erregten sich die Gemüter ob der Preise für Madonnas „The Celebration Tour“. Ein Stehplatz für 209 Euro (derzeit allerdings nur noch als „Platin-Ticket“ für 459 Euro), ein Sitz im Unterrang für mehr als 600 Euro – wer will das bezahlen? Die Antwort lautet: viele. Am Montag kündigte Live Nation Zusatzkonzerte für Köln und Berlin an.
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Aber warum werden Konzerte denn immer teurer?
Es liegt jedenfalls nicht, oder nur zu einem geringen Anteil, an der Inflation. Die Kartenpreise steigen in viel höherem Maße als die allgemeinen Lebenskosten. Die Gründe sind vielfältig. Der Sprit für den Tourbus oder die LKW, die die Bühnenbauten transportieren, die Stromkosten für die wattstarken Shows, die Heizkosten für die Halle und auch die Preise für die Versorgung Backstage – sie alle sind in dem bekannten Maß gestiegen.
Stärker fallen die Personalkosten ins Gewicht. Viele Ton-, Licht- und Bühnentechniker, Stagehands, Sicherheitsleute und Caterer mussten sich während der Corona-Zeit anderweitig umsehen. Jetzt stellen sie eine knappe Ressource dar und können bis zu 30 Prozent mehr Gehalt verlangen als noch vor zehn Jahren. Und selbstredend müssen auch die Veranstalter und die Veranstaltungsorte nach der Pandemie wieder finanziell auf die Füße kommen.
Aber das erklärt doch noch nicht 600-Euro-Tickets für Madonna?
Das war ja auch längst noch nicht alles! Um einmal weiter auszuholen: Von ihren Streaming-Tantiemen können die wenigsten Künstler die Miete bezahlen, Konzerte und die auf Konzerten verkauften Merchandising-Artikel sind zu ihrer Haupteinnahmequelle geworden. Dementsprechend höher fallen die Gagen aus. Die Veranstalter holen sich ihren geringeren Anteil am Profit wieder über diverse Bearbeitungsgebühren oder neue Verkaufsstrategien wieder.
Warum gehen die Ticketpreise so weit auseinander?
In den vergangenen Jahren haben die großen Player – allen voran Live Nation mit seiner Ticketfirma Ticketmaster, und der deutsche Marktführer beim Tickethandel CTS Eventim – entdeckt, wie viel mehr Umsatz man mit einer differenzierten Preisgestaltung machen kann. Deren Prinzip ist simpel: Je näher man seinem Lieblingsact im Konzert kommen will, desto teurer sind die Tickets.
Für Künstler bedeutet das: Es wird weniger wichtig, Arenen auszuverkaufen, als die besten Plätze, mit denen sie den Großteil des Umsatzes machen. Fans, die sich zudem noch ein Meet & Greet vor der Show, oder gar ein gemeinsames Bild mit dem Favoriten wünschen, können häufig noch teurere VIP-Tickets erwerben. Zudem halten Ticketfirmen bestimmte Top-Plätze zurück, um sie dann später als „Platin-Tickets“ zum oft vielfach höheren Preis anzubieten.
Ist das nicht Wucher?
Vielleicht, aber man kann es auch anders sehen: Der sogenannte Zweitmarkt von Ticketbörsen, auf denen Karten für ausverkaufte Konzerte zu Fantasiepreisen angeboten werden, ist ein Milliardengeschäft. Wenn die offiziellen Ticketverkäufer dies nun wieder an sich ziehen, garantieren sie dem Kunden Sicherheit und das Geld geht an diejenigen, die das Konzert tatsächlich geben oder veranstalten. Und fairerweise muss man hinzufügen: Eine Madonna-Show zu produzieren ist erheblich teurer als ein Rockkonzert.
Wir regen uns über 600 Euro für Madonna auf, aber in den USA sollen Fans inzwischen mehrere Tausend Dollar für Bruce-Springsteen-Tickets zahlen?
Solche Spitzenpreise sind das Ergebnis des schon berüchtigten „dynamic pricing“, also der nachfrageorientierten Preisgestaltung, die zuerst der Marktführer Live Nation in den USA eingeführt hat: Algorithmen analysieren in Echtzeit die Nachfrage und ermitteln den Maximalpreis eines Tickets. Wer schon mal kurzfristig ein Flugticket, oder während einer großen Messe ein Hotelzimmer buchen wollte, weiß schon wie solche dynamischen Preise funktionieren.
Die angefragten Tickethändler wollten hierzu auf Anfrage keine offiziellen Stellungnahmen abgeben, aber ihre Argumentationslinie ist klar: Der Konsument entscheidet letztlich selbst, was er bereit ist, für ein begrenztes Gut zu bezahlen.
Können demnächst nur noch Reiche Konzerte besuchen?
Alle anderen müssen auf jeden Fall rechtzeitig anfangen zu sparen. Etwa in dem sie nur das eine Konzert ihres absoluten Lieblings besuchen und nicht noch vier andere Clubshows. Damit beschleunigt man freilich noch die jetzige Entwicklung: Wenige extrem begehrte Stars können immer mehr Geld verlangen, in der Breite hagelt es Absagen, weil beim potenziellen Publikum kein Budget mehr für kleinere Acts vorhanden ist.