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„Talent Over Privilege Conference“Wieso die deutsche Filmlandschaft diverser werden muss

Lesezeit 3 Minuten
27.04.2022, Köln: Stadtleben - Interview mit Esra und Patrick Phul über die neue TV-Serie "Hype" über Köln Porz.



Foto: Csaba Peter Rakoczy

Esra und Patrick Phul haben mit ihrer Kölner Serie „Hype“ überzeugt

Im Rahmen des Film Festival Cologne trafen sich Filmschaffende mit Migrationshintergrund zur „Talent Over Privilege Conference“ im Filmpalast. Drei Personen bekamen Auszeichnungen.

Talent oder Hautfarbe – was entscheidet eigentlich darüber, ob man in der Filmbranche Fuß fassen kann? Was vor einigen Jahren unter dem Hashtag #OscarsSoWhite in den USA diskutiert wurde, zeigt sich auch in deutschen Produktionen. Es gibt wenig Repräsentanz für Menschen mit internationaler Biografie und die steckt oft voller Klischees. Und je höher man in der Hierarchie nach oben schaut, desto weißer und männlicher sind die Teams.

„Talent Over Privilege Conference“ geht auf Esra und Patrick Phul zurück

Im Rahmen des Film Festival Cologne machte die „Talent Over Privilege Conference“ auf die fehlende Diversität in Film und Fernsehen aufmerksam. Dazu trafen sich im Filmpalast am Hohenzollernring Menschen mit Migrationshintergrund, die sich in der Branche bewegen. Diese konnten sich bei Speed-Datings vernetzen, es gab aber auch Diskussionsrunden, in denen Producer, Schauspieler und Autoren miteinander ins Gespräch kamen. Partner der Veranstaltung war die ARD Degeto, gefördert wurde sie zudem von der Bundeszentrale für politische Bildung und der Film- und Medienstiftung NRW.

Die Konferenz verdankt ihre Existent dem Engagement von Esra und Patrick Phul, die mit ihrer in Köln spielenden Serie „Hype“ ihr Regiedebüt feierten. Mit ihr haben sie schon eine wichtige Forderung erfüllt, die auf der Konferenz immer wieder auftauchte: nämlich Menschen mit Migrationshintergrund nicht nur vor der Kamera zu zeigen, sondern auch selbige im Autorenteam und auf dem Regiestuhl zu haben. Nur so könne man ihre Lebensrealität authentisch darstellen.

Film Festival Cologne mit Programm zu Diversität

Ein weiteres Argument für mehr Diversität ist ganz banal: Die Produktionen seien profitabler. Tyron Ricketts, der mit Panthertainment („Sam - ein Sachse“) seine eigene Produktionsfirma gründete, sieht besonders die Streaming-Services wie Netflix und Disney in dieser Hinsicht vorne. Zumal ein diverser Cast auch dabei helfe, ihre Produkte weltweit zu vermarkten. Letztlich aber gehe es vor allem darum, „dass wir in Deutschland eine Erzählung brauchen, in der alle Leute, die Teil dieses Landes sind, Platz finden.“ Als Wegbereiter dieses Prozesses bekam er in der Preisverleihung am Abend den „One of the Firsts“ TOP Award. Die Schauspielerin Tua El-Fawwal und die Regisseurin Soleen Yusef wurden ebenfalls ausgezeichnet.

Ein Panel widmete sich dem Austausch über rassistische Erfahrungen, die die Anwesenden an Filmsets erlebt haben. Anlass dafür war die Erkenntnis der Phuls, dass Betroffene von Übergriffen erzählen, diese aber nirgends Thema sind. „Es ist ein empowerndes Gefühl, weil man sich sonst immer allein fühlt“, so Esra Phul. „Man hinterfragt die Erfahrungen, die man macht: Ist das jetzt wirklich Rassismus? Habe ich vielleicht etwas Falsches gemacht? Und hier sieht man, dass wir alle dieselben Erfahrungen machen.“

Viele talentierte Filmschaffende haben Migrationshintergrund

Denn dass sich nicht genug Menschen mit Migrationshintergrund für die Filmbranche interessieren und die Teams deswegen wenig divers seien, hält Esra Phul für einen Mythos. „Wir wollen die Leute zeigen, weil uns oft gesagt wird, dass es sie nicht gibt und man sie deswegen nicht einsetzt. Das ist Quatsch. Es gibt so viele talentierte Menschen.“ Die gut besuchte Konferenz bestätigt das.

Trotzdem sah Juliana Maug von der Produktionsfirma UFA Fiction in Sachen Diversität vor allem „Babyschritte“. Viele Stellen seien langfristig besetzt, auch mit Leuten, die über Jahre dort sind und ihren Platz am Futtertrog verteidigen. Auf die mögliche Einführung einer Quote reagierten die anwesenden Produzenten verhalten.