So war der „Tatort”Gelungenes Spiel mit Fiktion und Realität
Der Fall
Die Nachwuchsautorin Luise Nathan (Jana McKinnon) hatte gerade ihren Debütroman "Luna frisst oder stirbt" veröffentlicht. In ihm erzählt die 19-Jährige in schonungslosen Worten vom Leben am gesellschaftlichen Rand, von Abstürzen, Problemen mit der Mutter, Suizidgedanken.
Für „Tatort“-Fans
„Tatorte“ gibt es viele: klassisch, experimentell, spannend oder doch eher langweilig? In unserer Vorschau erfahren Sie immer bereits ab Samstag, wie der kommende „Tatort“ werden wird.
Direkt im Anschluss an jede Sendung am Sonntagabend folgt dann unsere „Tatort“-Kritik.
Am Morgen nach der Release-Party wurde ihre Leiche gefunden. Sie war von einer Brücke in die Tiefe gestürzt. Hatte sie den Suizid umgesetzt, über den ihre Romanfigur nachgedacht hatte, fragten sich die Frankfurter Kommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch). Doch schnell stellte sich heraus, dass sie in den Tod gestoßen worden war.
Die Auflösung
Luise stammte aus gutem Hause, ihre Mutter war Stadträtin für Soziales. Woher nahm sie also die krassen Geschichten? Nur aus ihrer Fantasie? Im Rahmen der Ermittlungen stießen die Kommissare auf Nellie Kunze (Lena Urzendowsky). Die lebte mit ihrer sichtlich überforderten Mutter und ihr kleinen Schwester in einer Sozialbausiedlung - und war mit Luise befreundet.
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In den Tod gestoßen hatte Jessie Kunze (Tinka Fürst), Nellies Mutter, Luise. Sie hatte sich von dieser eine Falschaussage im Sorgerechtsstreit gegen ihren Ex-Freund erhofft. Als sie jedoch die Szene, in der sie nicht gut auf ihre jüngere Tochter aufgepasst hatte, in dem Roman wiederfand, war sie ausgerastet.
Fiktion oder Realität?
Dass man Werk und Autor nicht verwechseln darf, lernt man schon früh im Deutschunterricht. Und doch spielte dieser "Tatort" sehr schön mit unserem Impuls, genau das immer wieder zu tun.
War es Luises Geschichte? Oder Nellies? Oder waren Lunas Erlebnisse eben doch nur Fiktion? Luna, Luise, Nellie - die Grenzen zwischen den dreien waren fließend. In Rückblenden und Einschüben spielten die Autorinnen Johanna Thalmann und Katharina Bischof, die auch Regie führte, gekonnt mit der Erwartungshaltung des Publikums. So führten sie es immer wieder in die Irre.
Fazit
Darf die Tochter aus gutem Hause die Geschichte ihrer weniger privilegierten Freundin nutzen, um daraus eine spannende Geschichte zu machen? Hat sie das überhaupt getan? Die Frage, was Literatur darf und was nicht, wurde in diesem Frankfurter Fall glücklicherweise nicht dröge abgehandelt, sondern sehr spannend und filmisch ansprechend erzählt.
Dabei konnten sich die Macherinnen auf die beiden Hauptdarstellerinnen verlassen. Urzendowsky und McKinnon waren schon gemeinsam in der Amazon-Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" zu sehen - und überzeugten in diesem "Tatort" als Freundinnen mit sehr unterschiedlichem Background. Sehenswert.