Autor und Regisseur Frederik Werth zeigt im FWT sein neues Stück „Fleischmaschine“. Unsere Kritik.
Freies Werkstatt-Theater in KölnGefangen in den Körperwelten von Tiktok und Instagram
Kamera läuft und Mensch läuft mit. Für „Fleischmaschine“, dem neuen Stück von Autor und Regisseur Frederik Werth, hat sich die Bühne im Freien Werkstatt-Theater in ein Aufnahmestudio verwandelt. Zwei Kameras sind in ständiger Bewegung, die eine dreht sich im Zentrum, die andere umkreist den Bühnenraum auf einem langen Schwenkarm. An den Kameras hängen Aa (Lisa Sophie Kusz) und Ee (Thomas Kaschel), zwei Menschen, die ihre Haut, die nur noch wie eine lästige Hülle an ihnen hängt, zu Markte tragen.
„Bio-Aktien“ nennt Frederik Werth diese dem Modellierungszwang verhafteten Wesen, die sich hier in digitale Waren verwandelt haben. Es ist ein schauriges Szenario, dieser Blick in die Körperwelten von TikTok und Instagram, die aus den Protagonisten Gefangene eines Ich-Ideals werden lassen, das sie wie in einem virtuellen Hamsterrad willenlos auf Trab hält.
Lisa Sophie Kusz und Thomas Kaschel zeigen eine schauspielerische Tour de Force
Eine Kommunikation zwischen den beiden Akteuren auf der Bühne findet kaum statt. Zu hören sind Monologe, die sich teilweise überlappen. Monologe in der Ansprache zur Kamera, die zwischenmenschliche Dialoge unmöglich machen. Das Geschehen wird für Lisa Sophie Kusz und Thomas Kaschel zur schauspielerischen Tour de Force, die von den Beiden mit Bravour gemeistert wird.
Aber auch das Publikum kommt nicht ohne Anstrengung durch den Abend. Autor Frederik Werth fügt auf der Sprachebene ansatzlos einen assoziativen Reigen von Textpassagen aneinander. Sie stammen mal aus der Welt der Influencer, mal geben sie eine analytische Antwort auf deren Menschenbild, das in der Technik ein Heilsversprechen für einen immer weiter zu perfektionierenden Körper sieht.
Eine Bühnenwand, in Form einer aus Quadraten zusammengestellten Patchworkdecke, wird zur Leinwand, auf der die Kamerabilder sich mit Videocollagen überschneiden. Antike Skulpturen sind dort unter anderem zu sehen, als Verweis darauf, dass der Mensch schon immer Schönheitsidealen sehnsuchtsvoll nachgeeifert hat. Kontinuitäten werden hier ebenso sichtbar gemacht, wie dramatische Veränderungen im modernen Alltag der Algorithmen und einer grenzenlosen „Schönheits“-Industrie.
Ein Ausstieg aus diesem sich rasant zuspitzenden Selbstoptimierungswahn, so lautet das ernüchternde Fazit dieses eindringlichen Theaterabends, ist nicht in Sicht.
Freies Werkstatt-Theater, 20.1., 22., jeweils 20 Uhr, 25.2., 18 Uhr