In der Oper im Staatenhaus brachte eine Gala zehn Stücke zeitgenössischen Tanzes auf die Bühne. Ein launiger, langer Abend mit etlichen großartigen Tänzerinnen und Tänzern.
Gala im StaatenhausEin glorioser Abend ‒ trotz turbulenter Zeiten für den Kölner Tanz
Die Gala, welche die Kölner Tanzkuratorin Hanna Koller mit dem Tanzagenten Meinrad Huber aus zehn Beiträgen zusammengestellt hatte, hätte zum feierlichen Einstand am Offenbachplatz gehört. Ein Hoch auf die neue, alte Sparte. Der Abend „Fast, furious & serious“ ließ die Vertagungsschmach unerwähnt, auch die des Spartewerden des Tanzes an den Städtischen Bühnen, für 2025 versprochen, jetzt auf 2028 verschoben.
Das Publikum füllte die Staatenhausränge komplett. Gerade beim Tanz in Köln mischen sich die Zuschauergenerationen! Es wurde zwar gehustet beim langen Eröffnungsduett „Piano Phase“, das Anne Teresa de Keersmaeker, 21-jährig, 1982 zu Minimal Music von Steve Reich choreografiert hatte. Das Stück, ein Rütteln am Zeitempfinden, mit Armependeln, nach vorn, nach hinten, das per Schuhumsetzen wieder Vorne wird, ein Oszillieren zwischen Gleich und Ungleich. Die folgende „Clapping Music“, ebenfalls von Madison Vomastek und Jasmine Ashtari vom Ballett Flandern resolut getanzt, war kürzer. Doch dann begann das unterhaltende Programm.
Nach langem Eröffnungsduett begann das unterhaltende Programm
Der Moderator erschien, Eric Gauthier, der in Stuttgart am Theaterhaus seit 2007 seine eigene Company betreibt, mit erst sechs Tänzern, inzwischen 16. Was für ein Erfolg, Hallo Köln! Die Company gastierte hier auch schon und kommt Anfang Dezember für sogar drei Abende wieder ins Depot 1. Gauthier sprach nun viel von sich, rahmte die Ego-Show clever mit „ein Freund meinte, ich soll das erzählen“. Er animierte das Publikum zum Mittanzen einer Küchen-Choreo mit den Armen. Das helfe gegen Demenz.
Schließlich sorgte sein Ensemble auch für eine Art krönenden Abschluss der Gala: mit „Contemporary Dance 2.0“ von Hofesh Shechter von 2019 für 12 Tänzer. Zwischen die ewigen Wiederholungen der typischen, in der Luft vorm Kopf rüttelnden Fäuste oder Handflächen, des Wedelns, Winkens, Schüttelns, dazu das fedrig breitbeinige Stehen mit tiefergelegtem Becken und Kreistanzen – dazwischen also streute Shechter Referenzen an alte Discotänze und Aerobic-Übungen samt Hüftkreisen. Ein Pappschild hatte „Pop“ angekündigt.
Wechselhaftigkeit von Launen, Beziehungen, Distanzen
Wie man noch besser den power-soften knietiefen Stil tanzt, der auf Ohad Naharin in Tel Aviv zurückgeht, bewies das Trio aus „Wabi Sabi“ von Sofia Nappi zu balkanisch gelaunter Musik: Adriano Popolo Rubbio, Paolo Piancastelli und Glenda Gheller. Wechselhaftigkeit von Launen, Beziehungen, Distanzen, die Nappi da verknetet, zeigte das Solo „Well Done“ (Tanz: Arianna di Francesco) und eins aus „Bedtime Story“ (Gianni Notarnicola) des israelischen Choreografen Nadav Zelner, mit der ihm eigenen splittrig rasanten Art.
„Kama“ von und mit Gianni Notarnicola dann war bemühte Publikumsbelustigung. Im Gespräch mit Gauthier durfte er erläutern, dass eigentlich ein Solo über Schwächen und Zerbrechlichkeit folgen würde. Auch die Duette von Philippe Kratz, „der stammt aus Leverkusen, hier nebenan“, laut Gauthier, sowie ein Männertrio von Alejandro Cerrudo wirkten angeberisch, etwas leer virtuos.
Nächste Aufführung im Rahmen der Gastspielreihe Tanz Köln: die Kreation „Spiegelneuronen“ von Rimini-Protokoll-Mitglied Stefan Kaegi und Sasha Waltz aus Berlin, am 23. und 24. November im Depot 1. Das wird Mitmachen par excellence.