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Gamescom-Kongress zum Potenzial von VideospielenWie Mario Kart im Mathe-Unterricht eingesetzt werden kann

Lesezeit 4 Minuten
Wird in Berlin im Mathematikunterricht eingesetzt: Mario Kart.

Wird in Berlin im Mathematikunterricht eingesetzt: Mario Kart.

Die Stiftung Digitale Spielekultur versteht sich als Brückenbauer zwischen Gaming-Industrie und Bildungspolitik. Çiğdem Uzunoğlu erklärt, welchen Nutzen Videospiele für Schule und Gesellschaft haben können.

Lange Zeit galten sie als stumpfer Zeitvertreib und sinnloses Geballer: Videospiele. Bereits seit 2008 werden sie jedoch als Kulturgut anerkannt. Mit der Stiftung Digitale Spielekultur gibt es sogar eine Organisation, die sich ausschließlich damit beschäftigt, zwischen der Gaming-Industrie und Entscheidern aus Politik und Wirtschaft zu vermitteln.

„Die Welt verändert sich und wir als Stiftung wollen natürlich, dass alle die Chancen und Potenziale von Games nutzen und wissen, wie sie diese Chancen für die Gesellschaft einsetzen können“, sagt Çiğdem Uzunoğlu, seit 2018 Geschäftsführerin der Stiftung. Die Vertreterinnen und Vertreter der Games-Branche befinden sich in stetigem Austausch mit Akteuren aus Politik und Wissenschaft. Gemeinsam entwickeln sie Projekte und Forschungsansätze, um herauszufinden, wo Informationsbedarf in der breiten Gesellschaft besteht.

Geschäftsführerin der Stiftung Digitlae Spielekultur: Çiğdem Uzunoğlu.

Geschäftsführerin der Stiftung Digitlae Spielekultur: Çiğdem Uzunoğlu.

„Games sind ein anerkanntes Kulturgut und bieten sich als Schnittstelle zu anderen Bereichen der Kultur- und Kreativ-Branche an“, erklärt Uzunoğlu. Das Spannende an Videospielen sei, dass sie sowohl jüngere als auch ältere Menschen faszinieren und sich somit ideal als Träger bestimmter Inhalte eignen. „Games sind das digitale Leitmedium des 21. Jahrhunderts. Wir können mehr als 45 Prozent der Menschen weltweit damit erreichen und die Zahlen steigen weiter.“

Gefördert wird die Stiftung der deutschen Games-Branche von zahlreichen Landes- und Bundesministerien, wie zum Beispiel dem Auswärtigen Amt, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantworten derzeit mehr als zehn Projekte, in denen es darum geht, Videospiele in den Alltag zu integrieren.

Çiğdem Uzunoğlu: Games eignen sich hervorragend zur Wissenvermittlung

Games seien ideal für die Wissensvermittlung in den Bereichen Schule, Hochschule und Ausbildung. „Da geht wirklich die gesamte Bildungsfacette. Games eignen sich hervorragend, weil man die eigene Geschwindigkeit bestimmen kann, Regelsysteme verstehen lernt und Selbstwirksamkeit erfährt“, sagt die Geschäftsführerin der Stifung für Digitale Spielekultur. Ein weiterer Vorteil sei, dass auch die Wahl des Spiels in der Verantwortung der Gamer liege. „Das eigene Gestalten und die eigenen Entscheidungen treffen zu können, ist bei Games essenziell.“ Darüber hinaus werde der Umgang mit der eigenen Frustrationsgrenze geschult. Obwohl Spielerinnen und Spieler regelmäßig scheitern und an ihre Grenzen stoßen, seien sie dennoch motiviert es weiter zu versuchen.

Modellprojekt Berlin: Mario Kart im Mathematikunterricht

Ein Schwerpunkt bei der Arbeit der Stiftung Digitale Spielekultur liegt auf der Schulbildung. In einem Modellprojekt führt sie derzeit eine Machbarkeitsstudie durch, um anhand des Lehrplans zu ergründen, an welcher Stelle Videospiele eingesetzt werden können. In Berlin wurde im Mathematikunterricht bereits die Wahrscheinlichkeitsrechnung anhand des Spiels Mario Kart vermittelt. „Das Wichtigste ist natürlich, dass diese Spiele methodisch und didaktisch aufbereitet und kontextualisiert werden“, erklärt Uzunoğlu.

Ansonsten könne aber nach Meinung der studierten Politologin mit fast jedem Videospiel Wissen vermittelt und Kompetenzen gestärkt werden. Vor allem bei Games, bei denen sich Spielerinnen und Spieler schnell für eine Richtung oder einen Sprung entschieden müssen, werde schnelles Denken und somit das Gehirn trainiert. Videospiele haben aber noch einen weiteren großen Vorteil: Sie können Themen platzieren. So ist die Erinnerungskultur bereits seit 2019 ein wichtiger Bestandteil in der Arbeit der Stiftung. „Im digitalen Zeitalter, in dem die letzten Zeitzeugen des Holocausts verschwinden, können wir Erinnerungskultur mithilfe von Games lebendig vermitteln“, sagt die Geschäftsführerin der Stiftung.

Videospiele als Medium: Rechte Gruppen haben Games für sich entdeckt

Diese Arbeit zu intensivieren, ist ein Anliegen der Stiftung. So werde das Potenzial, über Videospiele mit jungen Menschen in den Dialog zu treten, bisher nicht vollends ausgeschöpft. Gerade demokratische Kräfte in der Gesellschaft müssten sich dem gegenüber öffnen, denn rechte Gruppierungen hätten Videospiele als Medium bereits für sich entdeckt.

Darüber wird Çiğdem Uzunoğlu auch bei dem anstehenden Gamescom-Kongress unter anderem mit der Antisemitismusbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Doron Kiesel vom Deutschen Zentralrat der Juden sprechen. Unter dem Motto „Let's Remember! Potenziale von Games für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ werden sie über die Rolle von Videospielen bei der Bekämpfung gesellschaftlicher Herausforderungen wie Antisemitismus und Rassismus diskutieren.

„Die Gamescom ist für uns natürlich extrem wichtig. Dort laden wir auch jedes Jahr zu einem kuratierten Rundgang. Das Format hat sich über die letzten sechs Jahre mit je wechselndem Themenschwerpunkt und diversen Fachgesprächen zu einem wichtigen Netzwerk-Event entwickelt“, sagt Uzunoğlu.

Der Gamescom-Kongress findet am 24. August in den Kölner Messehallen statt. Mehr als 90 Expertinnen und Experten sprechen in 50 Workshops, Panels und Diskussionsrunden über die Bedeutung von Games für die Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft und das gesellschaftliche Miteinander. Tickets können online auf der Website des Gamescom-Kongresses gekauft werden.