Gipfeltreffen am RheinAusstellung „Rodin/Arp“ im Arp Museum Rolandseck
Köln – Obwohl der junge Hans Arp den alten „bärtigen Meister“ in den höchsten Tönen lobte, darf man sich seine „Rodin gewidmete“ Figur wohl nicht als klassische Huldigung vorstellen. Vielmehr knetete Arp nach surrealistischer Sitte solange ziellos im Gips herum, bis sich daraus eine „automatische“, also ohne bewusste Absicht entstandene Skulptur ergab. Als das Werk vollendet war, erkannte Arp darin offenbar die Geisterhand des Toten – und setzte dessen Namen in Klammern dazu.
Ob Arp dabei tatsächlich an Auguste Rodins berühmte „Kauernde“ dachte, ist ziemlich ungewiss. Aber die Kuratoren der Ausstellung „Rodin/Arp“ fanden die Ähnlichkeiten überzeugend genug, um ihre mit internationalen Leihgaben gespickte Vergleichsausstellung mit beiden Werken zu beginnen. So blickt man jetzt im Arp Museum Rolandseck etwas zweifelnd zwischen den Figuren hin und her und stellt beinahe erleichtert fest, dass sich im surrealistischen Dingsbums tatsächlich etwas Kauerndes verbirgt.
Die Fondation Beyeler hat die Ausstellung koproduziert
Bei Arp findet man mehr gedrungene Kraft als bei Rodins anmutiger junger Frau, die, mit dem Sockel verwachsen, immerhin etwas bucklig wirkt. Schließlich lässt man sich bereitwillig darauf ein, dass hier, bei allen offensichtlichen Unterschieden, möglicherweise ein gemeinsames Schöpfungsprinzip herrscht. In beiden Fällen bahnt sich das Leben seinen Weg aus der Gefangenschaft massiven Steins.
Allerdings will es Raphael Bouvier, Kurator an der koproduzierenden Fondation Beyeler, mit der Geistesverwandtschaft auch gar nicht übertreiben. Rodin und Arp seien in ihrer Zeit jeweils revolutionär gewesen, so Bouvier, aber eben in verschiedenen Epochen. Letztlich seien die Differenzen größer als die Gemeinsamkeiten. Aber gerade dadurch lernte man beider Eigenheiten besser verstehen.
Die Unterschiede zwischen den kraftstrotzenden, schon modernistisch reduzierten Menschen Rodins und Arps glatt polierten, an organische Formen erinnernde Abstraktionen stechen tatsächlich sofort ins Auge. „Landschaft oder Frau“, so der Titel einer Arp’schen Einzellerfigur – das war bei Rodin niemals die Frage. Seine Frauen wanden sich unter seinem Blick wie Laokoon im Kampf gegen die Schlangen, oder sie verrenkten sich für einen gymnastisch anspruchsvollen Kuss. Für solche Effekte ließ Rodin sogar alte Modelle auseinandersägen und neu montieren. Ein Trick, den sich später auch Arp zunutze machte. Beide schöpften für neue Erfindungen aus einem Fundus existierender Skulpturen.
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Während Rodin im Arp Museum leicht an Modernität gewinnt, wirken die formlosen Gestalten Arps in ihrer ungewohnten Gesellschaft mitunter geradezu menschlich. Jedenfalls bekommen seine biomorph verschlungenen Säulen etwas Weibliches, und manche liegende „Landschaft“ ließe sich mit etwas surrealer Fantasie für einen Akt halten.
Offensichtlich gibt es hier eine Verbindung aus dem 19. Jahrhundert ins folgende, und Gleiches gilt für die Liebe zum Fragment. Während Rodin selten ganze Figuren und gerne zerklüftete Oberflächen schuf, finden sich bei Arp überhaupt nur miteinander verschmolzene Einzelteile – doch die sind glatt poliert, wie makellos. Reizvolle Unterschiede, wohin man sieht.
„Rodin/Arp“, Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen, Di.-So. 11-18 Uhr, 27. Juni bis 14. November. Katalog: 58 Euro.