Bonn – Auf der Anzeigetafel gegenüber des World Conference Center in Bonn prangt eine ukrainische Flagge, komplettiert durch eine Friedenstaube und dem Hashtag #standwithukraine. Schon vor Betreten des Konferenzsaals wird den über 2000 Teilnehmern des Global Media Forums, angereist aus 120 Ländern, signalisiert, was das zentrale Thema der zweitägigen Konferenz sein wird: Der Krieg in der Ukraine und die Herausforderungen, die sich dadurch für den Journalismus ergeben.
Der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg, sieht Journalisten angesichts des Kriegs in einer besonderen Verantwortung. Historisch betrachtet, sei momentan eine der Zeiten, „in denen Journalisten ihre Relevanz beweisen können“.
Claudia Roth: Kampf zwischen Demokratie und autoritären Kräften
Medienschaffende könnten den Krieg nicht beenden, fügte Limbourg hinzu. Sie könnten jedoch zu seiner Wahrnehmung beitragen. Dies sei um so wichtiger, da weltweit die Zahl der Regierungen wachse, die freie Meinungsäußerung unterdrückten.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sprach von einem Kampf zwischen Demokratie und autoritären Kräften. In der Vergangenheit sei diese Auseinandersetzung unterschätzt worden, so die Grünen-Politikerin. Nun seien äußerste Anstrengungen nötig, um freie Medien zu stärken.
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Außenministerin Annalena Baerbock und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst schickten Grußworte per Videobotschaft nach Bonn. Wüst betonte, dass die Meinungs- und Pressefreiheit das Fundament einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft bildeten.
Baerbock würdigte die beiden Journalisten Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka, die am Abend mit dem Freedom of Speech Award der Deutschen Welle ausgezeichnet werden. Sie stünden für „den Mut von hunderten von Journalisten, die aus der Ukraine berichten“.
Friedensnobelpreisträgerin Ressa: „Es braucht Emotionen“
Die Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa war in Bonn vor Ort und schlug pessimistische Töne an. Momentan, so Ressa, verliere der Journalismus gegen Verschwörungsmythen, Hass und Lügen. Letztere verbreiten sich online laut Studien seit rund vier Jahren schneller als Fakten. „Faschistische Anführer“ hätten das Vertrauen zerstört, so die Gründerin und Geschäftsführerin des philippinischen Portals Rappler. „Wir alle befinden uns in der Krise“, mahnte Ressa.
Es habe zu lange gedauert, Bildungsprogramme an die digitalen Herausforderungen anzupassen, kritisierte die Publizistin. „Sachliche Faktenchecks allein verbreiten sich langsam. Es braucht Emotionen“, sagte Ressa.
Doch wo verläuft die Grenze zwischen Journalismus, der sich im Zweifel auch mit Emotionen gegen Fake-News behaupten will und aktivistischer Parteinahme? Auch diese Frage wurde am Montag diskutiert.
„Fakten haben keine zwei Seiten.“
Limbourg bekannte sich und seinen Sender dazu, klare Positionen zu vertreten: „Wir stehen für Menschenrechte und Toleranz. Da sind wir Aktivisten.“ Abgesehen davon sei Neutralität aber das zentrale Ideal im Journalismus, widersprechende Standpunkte müssten abgebildet werden. Auch vermeintlich gute Anliegen müssten von Journalisten kritisch begleitet werden.
„Es geht aber in erster Linie nicht darum, verschiedene Meinungen möglichst balanciert abzubilden, sondern um die Suche nach Wahrheit. Meinungen und Fakten müssen strikt unterschieden werden.“
Die brasilianische Investigativjournalistin Patricia de Campos Mello schloss sich Limbourg an. Im Gegensatz zu Meinungen hätten Fakten „keine zwei Seiten.“ Auch in den sozialen Medien seien sie die wichtigste Waffe, mit denen Journalisten gegen Fake-News antreten könnten. (mit KNA)