„Goodfellas“-Star Ray LiottaUnser Mann bei der Mafia ist tot
Köln – Eine Zeit lang erschien es geradezu vernünftig, zur New Yorker Mafia zu gehören. Schön blöd, wer sich mit ehrlicher Arbeit abplagte und sich immer brav hinten anstellte, um zum Dank dafür auf ein Leben voller Enttäuschungen und Entbehrungen zurückblicken zu dürfen. Das Leben in der Mafia wirkte dagegen wie ein modernes Schlaraffenland, in dem sich die Taschen und Lagerhäuser wie durch ein Wunder füllten, in dem einen jeder mochte und ein Mann ohne Gewissensbisse bekennen durfte: „Solange ich denken kann, wollte ich immer Gangster werden.“
Ray Liotta war der perfekte Fremdenführer durch die Mafiawelt
Als Fremdenführer durch diese fremde, verlockende Welt von Martin Scorseses „Goodfellas“ gab es 1990 niemanden Besseren als Ray Liotta. Er war Gangster genug, um ihn sich an der Seite von Robert De Niro und Joe Pesci vorstellen zu können (in „Gefährliche Freundin“ hatte er einen sadistischen Gauner gespielt), aber vor allem ein Verführter, ein unruhiger Geist wie sein gefallener, aus dem Totenreich heimgekehrter Baseballstar in „Feld der Träume“. Liotta konnte finster gucken, aber neben den manischen Darstellern Pesci und De Niro wirkte er normal. Er war unser Mann in der Mafia: Ein Träumer, der eines Tages bemerkt, dass er in der Wirklichkeit böser Menschen lebt.
Als Henry Hill, der Verräter, spielte Liotta das Spiel der anderen mit, so lange er konnte, und trauerte seinem verlorenen Traumleben später hinterher. „Ich bin ein durchschnittlicher Niemand“, sagt Liotta direkt in die Kamera, „ich werd’ den Rest meines Lebens wie irgendein Trottel verbringen.“ Es war klar, dass er uns im Kinodunkel damit meinte, aber seine trotzige Trauer über ein unerfülltes Leben hatte etwas Tröstliches: Verbrechen zahlt sich nicht aus.
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Auch für Liotta nicht, jedenfalls blieb Henry Hill seine einzige ikonische Rolle. In Hollywood war er weiterhin der Außenseiter, den er in „Goodfellas“ gespielt hatte, einer, der dazugehören wollte, dem für höhere Aufgaben aber schlichtweg die Gene fehlten. Liotta war nicht aus dem Stoff, aus dem romantische Träume oder strahlende Helden sind - dafür ließen sich seine Figuren zu bereitwillig korrumpieren. In „Cop Land“ mimte er einen kriminellen Polizisten, in „Unforgettable“ einen verrückten Wissenschaftler, und selbst als Frank Sinatra im HBO-Fernsehspiel „The Rat Pack“ konnte er dem Schatten der Mafia nicht ganz entkommen.
Als „good guy“ wurde Liotta nicht unbedingt gebraucht
Er wäre gerne häufiger der „good guy“ gewesen, sagte Liotta einmal. Dabei konnte er seine Gangster wie eine unausweichliche, aber eben auch niemals endgültige Abweichung des Guten erscheinen lassen. Niemand war ganz verloren, solange er ihn spielte. Jetzt ist Ray Liotta im Alter von 67 Jahren gestorben. Unter uns Niemanden wird er immer einer der Größten sein.