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„Hart aber fair“ zu CoronaJunge Gäste machen klar: Sie sind nicht das Problem

Lesezeit 3 Minuten
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Talkshow-Moderator Frank Plasberg

Es ist Montagabend im Dezember 2020, acht Menschen unterhalten sich über Corona. Frank Plasberg hat eingeladen und fragt: Was macht die Corona-Krise mit der Jugend? Wie lebt sie mit den Beschränkungen oder beschränken sich die Jungen gar nicht? Beantwortet wird allerdings eher die Frage: Was macht die Jugend mit der Talkshow?

Sie tut der Sendung gut, sogar sehr gut. Die 19-jährige Kölner Studentin Sarah-Lee Heinrich, die FDP-Politikerin Ria Schröder (28), 1Live-Moderator Philipp Isterewicz (28) und der Krankenpfleger Alexander Jorde (24) diskutieren respektvoll und unterhaltsam miteinander und mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Es geht um die vermeintlichen Luxusprobleme der unter 30-Jährigen, das Vermissen von Partys und die Situation in den Schulen. Letzteres wird eindrucksvoll von der angehenden Abiturientin Franziska Schürken vorgetragen, die an einer Oberhausener Schule um ihren Einser-Schnitt fürchtet, während ihren Mitschülern in den Klausuren wegen der ständig offenen Fenster schon mal die Beine einfrieren.

„Das ist kein Generationenkonflikt zwischen Party und Sterben“

Ziemlich schnell ist sich diese angenehm reflektierte Runde einig, dass es „die Jugend“, die rücksichtslos feiert, während im Krankenhaus Menschen sterben, nicht gibt. „Partygänger sind natürlich Pandemietreiber. Aber das gilt für Jung und Alt", sagt Philipp Isterewicz. Der 1live-Moderator hat seine eigentliche Vorglüh-Sendung am Freitagabend mittlerweile zur Call-In-Sendung umfunktioniert, in der seine Gäste auf die Frage, was sie heute noch machen, antworten: „Mit einer Freundin über Zoom Weißwein trinken.“

Auch die Studentin Sarah-Lee Heinrich glaubt nicht an die sorglose Jugend. Junge Menschen leiden unter finanziellen Sorgen, vielen Studenten sind die Nebenjobs weggebrochen, andere fürchten um die wirtschaftliche Situation ihrer Familie. „Es ist falsch, dass wir das zu einem Generationenkonflikt zwischen Party und Sterben hochjazzen.“ Die ehemalige Vorsitzende der Jungen Liberalen, Ria Schröder, stimmt zu.

Parteipolitik wird an diesem Abend von tatsächlichen Problemen überlagert, das ist auch Mal angenehm. Selbst Olaf Scholz gibt sich möglichst als Vertreter „der ganzen Politik“, verteidigt die Maßnahmen der Bundesregierung in alle Richtungen. Rechtfertigt sich sowohl für die Rettung der Lufthansa als auch für die schlechte technische Ausstattung der Schulen. Trotzdem genießt er sichtlich, dass am Ende der Sendung alle gerne einen Tag mit ihm tauschen wollen.

Alexander Jorde überzeugt

Star der Runde ist aber definitiv Alexander Jorde. Der junge Krankenpfleger ist eine kleine Fernsehberühmtheit, seit er Angela Merkel in einer Sendung vor der Bundestageswahl persönlich für die miserablen Bedingungen in der Pflege verantwortlich machte. Seitdem ist er ein gern gesehener Talkshow-Gast, weil er eben weiß, wovon er spricht. Zurzeit pflegt Jorde Covid-19-Patienten auf der Intensivstation.

Wann wurden Sie das letzte Mal getestet, Herr Jorde? Vor einigen Monaten. Und trotzdem bringt der 24-Jährige mit SPD-Parteibuch Verständnis auf für Gastronomen, die sich über die Schließungen ihrer Lokale ärgern. Ihm gelingt es, die Diskussion wegzulenken, von den Jungen, denen das Feiern fehlt, zu den Jungen, die ebenfalls unter Ängsten leiden. Die eben wie die Schülerin aus Oberhausen um ihren Studienplatz fürchten oder wie ein junger Veranstaltungskaufmann jetzt putzen müssen, weil kein Hotel aktuell Personal sucht.

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Nein, das Feierverbot ist nicht das Problem, ist sich die Runde einig. Aber das Leben in der Pandemie ist auch nicht schön, wenn man eigentlich noch ganz viel Leben vor sich hat.