Die Doku „Inside Südkorea – Staatskrise im Schatten von Nordkorea und China“ wurde nach schwerwiegender Kritik auch aus Südkorea entfernt.
„Inside Südkorea“„Nahe an Fehlinformation“ – ARD und ZDF löschen Doku nach Kritik

Flugblätter für eine Kundgebung für den südkoreanischen Präsidenten Yoon liegen in Seoul. In einer öffentlich-rechtlichen Doku wurde seine Perspektive zu einseitig aufgenommen - weswegen der Film nun wieder gelöscht wurde. /Chris Jung
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Seit Freitag findet man die Doku „Inside Südkorea – Staatskrise im Schatten von Nordkorea und China“ nicht mehr in den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender von ARD und ZDF, wo sie vorher zu sehen war. Auch eine lineare Ausstrahlung war beim Sender Phoenix geplant, doch dazu wird es nicht mehr kommen. Denn hinter dem Verschwinden des Films steckt die Reaktion der Sender auf schwerwiegende Kritik – auch aus dem Land, um das es in dem Film geht.
Zum Hintergrund: Anfang Dezember vergangenen Jahres ließ der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol das Kriegsrecht ausrufen. Er stürzte sein Land damit in die schwerste politische Krise seit Jahrzehnten, das Parlament nutzte sein Vetorecht und nach wenigen Stunden schien das Szenario beendet. Im Januar wurde Yoon dann festgenommen: Die Staatsanwaltschaft warf ihm Amtsmissbrauch und den Versuch, einen Aufruhr anzuzetteln, vor. Am Samstag wurde der Präsident wieder aus der U-Haft entlassen, er muss sich aber weiterhin vor Gericht verantworten.
Doku übernimmt Yoons Perspektive unkritisch
Die öffentlich-rechtliche Doku wollte die Vorgänge seit Dezember in Südkorea erklären, doch geriet dabei offenbar sehr einseitig. Yoons Perspektive wurde nahezu ungefiltert und völlig unkritisch darin übernommen. In „Inside Südkorea – Staatskrise im Schatten von Nordkorea und China“ legten die zwei Filmemacherinnen die These nahe, dass die südkoreanische Demokratie von kommunistischen Kräften unterwandert wird. Doch Beweise, dass die linke Opposition tatsächlich mit Peking und Pjöngjang kollaboriert, blieb der von Phoenix produzierte Dokumentarfilm schuldig.
Innerhalb der südkoreanischen Gesellschaft hatte das Werk beachtliche Aufregung ausgelöst. „Wir haben viele Nachrichten und Dokumentationen ausländischer Medien gesehen, die über die wichtige Situation in Südkorea berichten, aber wir haben noch nie einen Inhalt gesehen, der so nahe an Fehlinformation schrammt“, heißt es von der NGO „Article 21 Net“, die sich gegen Hass und Zensur im Internet einsetzt.
Südkoreanische Medien entsetzt
Auch Medien aus der Hauptstadt Seoul zeigten sich entsetzt. Es gab sogar einen offenen Brief von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die von den deutschen Sendern eine Entschuldigung für die Doku forderten. Öffentlich-rechtliche Medien würden einer Verschwörungserzählung Raum geben, die von ultrarechten Fans von Yoon Suk-yeol verbreitet werde.
„Mein größtes Problem mit dem Beitrag der Kolleginnen ist nicht nur die massive Verzerrung, die durch die unkritische Wiedergabe ultrarechter Positionen entsteht“, sagte auch die deutsch-koreanische Dokumentarfilmerin Sung-hyung Cho: „Viel schwerwiegender ist, dass der Beitrag bereits aktiv von südkoreanischen Ultrarechten instrumentalisiert wird. In deren Kreisen dient er als angeblicher Beweis dafür, dass auch die deutsche Öffentlichkeit gegen die Amtsenthebung von Präsident Yoon sei.“
ARD und ZDF reagieren auf Kritik
Am Freitag dann reagierten die Sender: „Phoenix haben kritische Zuschriften von Zuschauerinnen und Zuschauern erreicht, die die Redaktion veranlasst haben, die Dokumentation erneut zu prüfen“, heißt es auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). Diese Prüfung habe ergeben, „dass der Film der Komplexität der politischen Lage in Südkorea und dem journalistischen Anspruch von Phoenix nicht gerecht wird“.
Und weiter: „Der Film sollte die bislang journalistisch weniger berichtete Perspektive der konservativen PPP um den suspendierten Staatschefs Yoon beleuchten. Das leistete der Film nicht in der gebotenen Ausgewogenheit.“ Daher habe sich Phoenix zur Löschung des Films aus den Mediatheken entschieden.