AboAbonnieren

Interview mit Kurt Krömer„Köln lässt mich immer abblitzen“

Lesezeit 6 Minuten

Kurt Krömer

  1. Der Berliner moderiert bei One eine Talkshow über Serien und sagt, die Vorlieben anderer seien ein gutes Kriterium, um zu erkennen, ob man sich was zu sagen hat.
  2. Vom deutschen Fernsehen ist er enttäuscht: „Man muss ein Trüffelschwein sein und lange suchen, bis man auf gute Produktionen stößt”
  3. Als Komiker steht er regelmäßig auf Kölner Bühnen. Die Stadt sei wie eine Frau, die er erobern möchte, die ihm aber immer die kalte Schulter zeige.

Herr Krömer, man kennt Sie als Komiker. Nun diskutieren Sie in der One-Talkshow „Seriös“ mit Moderatorin Annie Hoffmann und den Drehbuchautoren Annette Hess und Ralf Husmann über Serien. Warum sind Sie der richtige Mann für das Format?

Ich bin ein totaler Nerd. Schon lange bevor es den Begriff Bingewatching gab, habe ich mir Serien wie „Lost“ angeschaut. Ich habe schon da das lineare Fernsehen verlassen. Ich will mir das nicht einteilen lassen, ich will nicht immer eine Woche warten.

Könnten Sie Ihre drei Lieblingsserien benennen?

Das ist ja ein Prozess, aber ich habe zum Beispiel gerade „The Loudest Voice“ beendet, darin geht um den CEO von Fox in den USA. Sehr schön gespielt, sehr gut aufgelöst. Eine Serie, um die es immer Streit gibt, und wo man Freunde verlieren kann, ist für mich „Lost“. Damit habe ich angefangen. Das ist wie die erste Freundin. Auch wenn sie nicht alle leiden konnten, ich habe sie geliebt. Und die Dritte sind die „Sopranos“.

Nehmen Sie es eigentlich persönlich, wenn Leute Serien nicht mögen, die Sie gut finden?

Ich sage mal so: Wenn man neue Leute kennenlernt, können Serien ein gutes Kriterium sein, um zu schauen, ob es passt. Man fragt einfach: Welche Serien guckst du? Und wenn die sagen „Alf“ und „Guldenburgs“, kann man gleich zahlen und nach Hause gehen.

Ist es denn ein Vor- oder Nachteil, als Laie Serien anzuschauen und zu bewerten?

Das Schlimmste, was es gibt, ist mit Schauspielern Filme oder Serien zu schauen. Und mit Annette Hess würde ich das auch nicht gerne machen. Die achten auf die Technik und die Umstände. Da bin ich raus. Ich verfüge über die Naivität, mich von einer Serie einzufangen zu lassen. Dann existiert nur diese Geschichte. Mir ist das Dahinter egal. Es geht für mich nur um die Frage: Hat es mir gefallen oder nicht?

Das könnte Sie auch interessieren:

Was sind denn Ihre Kriterien, um bei einer Serie dranzubleiben?

Mich muss eine Serie innerhalb von zehn Minuten packen. Ich muss nicht direkt süchtig sein, aber es muss etwas geben, bei dem ich sage, da freue ich mich jetzt schon auf die zweite Folge. Wenn zu viel gequatscht und erklärt wird, bin ich raus. Und ich habe eine Regel: Wenn ich eine super Serie beendet habe, fange ich nicht sofort eine neue an. Weil ich dann der neuen Serie keine Chance gebe. Das ist unfair.

Nun verschlingt das Serienschauen ja viel Zeit. Warum sollte man sich dann noch Ihre Talkshow anschauen?

Ich denke, dass 98 Prozent der Zuschauer die Serie, über die wir reden, gar nicht kennen. Wir wollen sie ihnen schmackhaft machen. Wir sagen: Damit könnt ihr euch die Nächte um die Ohren schlagen.

Diskutieren Sie mit den anderen vorher über die Serien?

Wir haben uns verboten, vorher darüber zu sprechen, weil wir dann wüssten, welche Tendenz das Gespräch bekommt und wir schon viel Pulver verschießen würden. Wir scripten ja nicht. Es hat sich aber rauskristallisiert, dass wir nicht immer einer Meinung sind.

Haben Sie nicht Angst, zu viel zu verraten, wenn Sie über die Serien sprechen?

Es ist ja kein Spoiler, wenn man sagt, das Ende war toll. Aber es ist schon ein Tanz auf dem Vulkan, darüber zu sprechen, ohne zu viel zu verraten – obwohl man ja gerne würde. Das wird auch irgendwann ins Grundgesetz aufgenommen: Du darfst nicht spoilern.

Es heißt, wir erleben das goldene Zeitalter der Serie. Manche beklagen aber schon ein Überangebot. Wie sehen Sie das?

Manchmal kommt eine Scham in mir auf, weil ich mir eine US-Produktion, die 150 Millionen Dollar gekostet hat, in anderthalb Tagen anschaue und immer noch mehr will. Andererseits sind wir einfach auch oft so unverschämt, schnell zu sagen: War zwar teuer, gefällt mir aber nicht. Wir sind sicher dabei, uns zu überfressen. Die Streaminganbieter verwöhnen uns im Moment, aber in ein paar Jahren wird es bestimmt so sein, dass es uns zu viel ist.

Und wie beurteilen Sie das Angebot der deutschen Sender?

Wir sind alle vom Fernsehen enttäuscht. In meinem Freundeskreis bin ich der einzige, der noch guckt, weil ich mich noch an die goldenen Zeiten erinnere. Aber man muss ein Trüffelschwein sein und lange suchen, bis man auf gute Produktionen stößt.

Gilt das auch für deutsche Serien?

Ich bin bei „Seriös“ derjenige, der die deutsche Serie hochhält. Vor ein paar Jahren haben Produzenten und Filmemacher gesagt, Serien können wir ja nicht. Und das hätte ich vor fünf Jahren unterschrieben. Das war Grütze, was damals lief. Aber es kommt langsam ins Rollen, dass sich deutsche Serien auch international nicht verstecken müssen. Meine deutsche Lieblingsserie ist „Dark“, ich fand die Bauhaus-Serie „Die neue Zeit“ sehr gut, ich fand „Parfum“ sehr gut umgesetzt. Aber noch sollte man der deutschen Serie einen Welpenschutz gewähren und nicht so drauf einschlagen. Erst mal machen, dann aus den Fehlern lernen.

Die Quote der ersten Ausgabe von „Seriös“ war nicht so gut. Es gab auch inhaltliche Kritik. Wie fällt denn Ihr eigenes Urteil aus?

Mein großer Kritikpunkt an mich selbst war, dass ich die Serien so beschrieben habe, als würde sie jeder kennen. Das war völlig falsch. Man muss einfach mehr erklären. Das sind wir in den nächsten, schon gedrehten Ausgaben angegangen. Und wir mussten uns erst mal finden und schauen, ob wir überhaupt 45 Minuten gemeinsam füllen können.

Sie haben die Sendung in Köln aufgenommen. Sind die Kölner ein gutes Publikum?

Ich habe das Gefühl, dass es in Köln schwieriger geworden ist. Es gibt da einfach so viel Comedy. Das Kölner Publikum ist sehr kritisch, weil es so viel kennt.

Welches Verhältnis haben Sie zu Köln?

Ich bin oft in Köln, habe viele Freunde in der Stadt, treffe Kollegen. Für mich ist Köln wie eine Frau, die ich eigentlich erobern möchte, die mich aber immer abblitzen lässt. Die nach zehn Jahren sagt, jetzt kannst du mir mal ein Küsschen auf die Wange geben, aber dann ist auch wieder Schluss. Ich trete seit 20 Jahren regelmäßig in Köln auf, aber bis ich die Stadt so richtig geknackt habe, brauche ich noch 20 Jahre. Aber ich wäre bereit, nur Köln muss ein bisschen auf mich zukommen. Ich bin da, gehe aber immer einsam nach Hause.

Zur Person

Kurt Krömer (44) wuchs in Berlin auf und wurde als Komiker bekannt. Für seine ARD-Sendung Krömer – Die internationale Show“ erhielt er den Grimmepreis. In „Seriös – das Serienquartett" bei One diskutiert er mit drei Experten über Serien.