Jan Delay im Kölner PalladiumDas Reggae-Thermometer des Hamburgers schlägt wieder an
Köln – Als Jan Delay 2001 sein erstes Solo-Album veröffentlichte, war klar: Der Mann macht Reggae. Von Kritikern wurde er hoch gelobt. Doch schon auf seinem zweiten Album fünf Jahre später sang der Hamburger Musiker: „Ein neuer Jan, ein neuer Anfang, Reggae ist tot, jetzt ist Funk dran.“
Im Jahr 2022 ist Jan Delay noch einige Schritte weiter. Am Freitagabend steht der 46 Jahre alte Musiker auf der Bühne des Palladiums. In den zwölf Songs seines neuen Albums „Earth, Wind & Feiern“ kehrt er wieder zu seinen Anfängen als Solo-Künstler zurück. Der Stil? Funk, klar. Reggae aber ebenso. Außerdem Rap, Elektro und Ska. Wohlgemerkt kein Rock – diese Episode aus dem Jahr 2014 möchten nicht nur viele Delay-Fans offenbar am liebsten unter den Teppich kehren.
Funkband Disko No. 1 unterstützt Jan Delay
Der Sänger mit der unverwechselbaren näselnden Stimme steigt ein mit einer Reihe bekannter Songs, wie „Klar“ und „Türlich, türlich“, gespielt von der Funkband Disko No. 1, die Jan Delay sowohl auf dem jüngsten Album als auch auf seiner Tour begleiten.
Rap und Hip-Hop stehen Jan Delay auch gut
Und schon beim Anklingen des fünften Songs, einem Medley unter anderem aus Songs von Snoop Dog und Eminem, werden zwei Dinge klar. Erstens: Eine Funkband und Rap, das klingt gut. Zweitens: Auch wenn Jan Delay zu seinen Anfängen als Solo-Künstler zurückkehrt, steht ihm Hip-Hop aus der Zeit bei den Beginnern noch besser.
Das beweist er auch in Köln, als er einen Teil des Songs „Ahnma“ anstimmt und rappt: „Ey yo, ich komm' mit großem Herz und Pauken und Trompeten, für die Obernerds und die saufenden Proleten, die Messdiener, Crackdealer, Alt-68er. Alle sind happy, denn der Testsieger rappt wieder.“
Jan Delay rappt wieder, bewegt sich aber auch schwungvoll zu Soul und Reggae. Es folgt eine Reggae-Version des Hits „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“, von Nena. Und auch „neuen Scheiß“, gespielt von der „geilsten Band“ der Welt, gibt es mit „KinginmeimDing“.
Den Fans im Palladium, überwiegend Babyboomer und Generation X, erkennbar an Hawaii-Hemden mit den Sprüchen „Let’s Surf Dude“ und abgehacktem Tanzstil, gefällt der Sound. Von Sekunde eins tanzen fast alle mit. Pausen wurden an diesem Abend mit der 18 Lieder langen Playlist aber wohl nicht eingeplant – außer beim Stopptanzen, an dem sich Delay ambitioniert versucht.
Jan Delay gibt sich in Köln als nahbarer Entertainer
Jan Delay gibt sich in seinen Entertainment-Einlagen nahbar. Die Besucher gehen in die Knie, wenn Jan Delay sie dazu auffordert, wedeln mit ihren T-Shirts über dem Kopf herum oder springen im Takt von links nach rechts und von rechts nach links. Kein Wunder, dass bei so viel Aktivität in einem Raum, in dem wenig Luftzirkulation herrscht, der Schweiß regelrecht von der Decke tropft und die Menschen aneinander kleben bleiben.
Der Stimmung tut es keinen Abbruch. Vor allem, als Jan Delay zum Höhepunkt ansetzt und mit seinem wohl bekanntesten Song „Oh Jonny“ noch einmal alle zum Singen und Tanzen bringt.
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In der Zugabe dann der Stilbruch: ein Medley aus Songs der 1990er Jahre. Vielleicht ist es eine Hommage an die wilden Jahre seiner Fans. Vielleicht auch eine an seine Backgroundsängerinnen, die ihm mit ihren Stimmen und Moves an diesem Abend fast die Show stehlen, und bei „Rhythm is a Dancer“ gleich den kompletten Gesangspart übernehmen. Aber was heißt schon Stilbruch bei einem Künstler, der sich auf alle Genres stürzt. Am Ende passt auch dieser Part perfekt ins Bild.
Die zweite Zugabe gehört dann wieder dem Hamburger ganz allein, erst mit einer langsamen Nummer, die er der Musik selbst widmet, dann mit einer Hommage an seine Heimat. Das ist zwar das Ende in Köln, aber um es mit den Worten von Jan Delay zu sagen: „Auf St. Pauli brennt noch Licht, da ist noch lange nicht Schicht.“