Köln – Ba-Da-Da-Da-Hum, Da-Hum, Da-Hum, startet der Bass von Pit Hupperten, nach und nach setzen die Instrumente ein, und dann kommt die Stimme von Tommy Engel: „Ich wor fast schon jenseits von Eden, adios Amore Goodbye. Et Jlöck op d'r Welt kütt zo jedem, an mir jing et einfach vorbei. Do koms du, nur du…“ schallt es über den mit rund 7000 Besuchern gefüllten Roncalliplatz, und die Härchen stellen sich auf – Gänsehaut.
„Oh, oh, Katrin, ich han mich verlore…“ singt Engel weiter, der frühere Frontmann der Bläck Fööss, der zum ersten Mal seit 27 Jahren wieder mit den Ex-Kollegen gemeinsam auf der Bühne steht. Das ist der wohl emotionalste Moment des Abends beim ersten von drei ausverkauften Konzerten zur Feier von „50+2 Jahre Bläck Fööss“.
Glocken des Doms läuten den Abend ein
Halb acht am Freitag, die Glocken des Doms läuten den Abend ein. Majestätisch erhebt sich die „ewige Baustelle“ über der großen Open-Air-Bühne, und ist doch der einzige Lichtblick neben der Lichterbatterie unter dem Bühnendach. Der Blick rundum zeigt „das echte Bild von Köln“, wie Moderator Guido Cantz, der an diesem Tag Geburtstag hat, es ausdrückt. Ein renovierungsbedürftiges Museum, Restruinen eines abgerissenen Häuserblocks, die seit Jahren hinter Planen versteckte Baustelle des Domhotels.
„Das ist schon ein trostloser Anblick“, sagt Bömmel Lückerath, der auch nach mehr als 50 Jahren noch aufgeregt ist, vor dem Konzert: „Als wir das letzte Mal hier gespielt haben vor zwölf Jahren, konnte ein Teil der Zuschauer das Konzert vom Hotelbalkon verfolgen. Und jetzt?“
Keine Berührungsängste mit Tommy Engel
Auf die Motivation der Band hat das keinen Einfluss, sie startet mit „50 Johr“, dem Rückblick auf das eigene Schaffen, gibt „Die nächste Rund“, serviert „Kölsche Bröck“ und mit „Unsere Stammbaum“ den ersten Höhepunkt. King Size Dick als Gast ist sicher: „Ävver d’r Dom bliev stonn“.
„Wir haben diese Woche schon zwei, drei Mal mit den Gästen geprobt“, erzählt Bläck-Fööss-Sänger Mirko Bäumer vor dem Auftritt. „50 Jahre Bläck Fööss, ich bin ja gerade mal im sechsten Jahr dabei. Was es wirklich bedeutet, Teil dieser Band zu sein, wird mir wohl erst nach diesen Konzerten bewusst. Geile Kulisse.“
Berührungsängste etwa mit Tommy Engel hat er keine. „Wir gucken alle zu ihm auf, auch wenn er körperlich ein bisschen kleiner ist. Der hat zwar 1994 den Job quittiert bei den Jungs, aber was der da vorher hingelegt hat, hat maßgeblich dazu beigetragen, dass wir uns jetzt nach 52 Jahren hier treffen und die Geschichte weiterschreiben.“
Übertragung im WDR
Eine neue Nummer ist im zweieinhalbstündigen Programm, das an diesem Samstag ab 20.15 Uhr auch zeitversetzt im WDR übertragen wird. „Letzte Naach han ich jedrömp, in der Altstadt weed en Bud’ frei“, singt Bäumer in dem Lied, der sich um „die ahl Kapell am Roncalliplatz“ und Wohnungsnot dreht. „Eine Geschichte, die man sich erträumt, da oben 500 Treppenstufen über der Stadt zu wohnen“, sagt er im Gespräch. Versehen mit einer schönen Melodie, die live wunderbar groovt. „Die meisten Leute kommen natürlich wegen der alten Lieder, aber wenn eine Band seit 52 Jahren existiert, sollte man auch einen Eindruck vermitteln von dem, was die Band heute darstellt.“
Viele der alten Lieder werden mit Gästen präsentiert. So singt Wolfgang Niedecken „Drink doch eine met“, bevor er den BAP-Song „Für ’ne Moment“ mit Erry Stoklosa anstimmt. Tommy Engel kommt in seiner Paraderolle als „Huusmeister Kaczmarek“ auf die Bühne und singt, am Piano begleitet von Jürgen Fritz, „Du bes Kölle“. Auch die ehemaligen Fööss-Mitglieder Kafi Biermann („Ich wör su jän ens Weihbischof“) und Peter Schütten („Rut un Wiess“, „Du bes die Stadt“) zeigen ihr Können, nur Hartmut Priess, der am Freitag 80 Jahre alt geworden ist, fehlt aus Corona-Gründen.
Zum Finale dann ein großes Medley aller Beteiligten vom „Spanien-Leed“ über „Mer bruche keiner“, „Kaffeebud“, „Bye bye my Love“ bis „Mer losse d’r Dom en Kölle“. Ein großartiger, sehr emotionaler Abend mit einer Band, die aus der Stadtgeschichte nicht mehr wegzudenken ist, und deren Lieder, egal wer sie spielt, immer bleiben werden. Mit dem Mitsinglied schlechthin „En unserem Veedel“ gehen pünktlich um zehn die Lichter aus. Wie hat Erry Stoklosa es kürzlich im Interview mit dieser Zeitung gesagt: „In Köln darf man nach 22 Uhr alles, nur keinen Krach machen.“ Auch, wenn außenrum nur Baustellen sind.