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Jazz im Ehrenfelder LoftDer Februar ist der Monat der Big Bands in Köln

Lesezeit 5 Minuten
Claudia Doeffinger, Pianistin, Komponistin, Bandleaderin aus der Kölner Jazzszene

Claudia Doeffinger, Pianistin, Komponistin und Big-Band-Leaderin aus der Kölner Jazzszene

Im Februar gibt es attraktive Big-Band-Jazz – mit Premieren im Loft und einem Gesangsstar aus Australien

Das Loft hat in seiner fast 35-jährigen Geschichte schon manches erlebt, doch so berauschend chaotisch wie bei den Auftritten des Shibusa Shirazu Orchestra ging es eher selten zu. Der Zusammenschluss von 40 Musizierenden, Butoh-Tänzern, Performance-Künstlern und Akrobaten startete seinen weltweiten Siegeszug 1998 beim Festival in Moers und machte mehrfach auch Station in Köln. „Es gab sogar einen Bildenden Künstler“, erinnert sich Loft-Betreiber Benedikt Müller. „Simultan zur Musik schuf er das Gemälde mit einem Drachen, das noch heute im Konzertsaal gegenüber der Fensterfront hängt.“

Eine Big Band oder ein Large Ensemble kommt gerade mal auf die Hälfte an Beteiligten, und doch stellt auch die personalintensive Königsdisziplin des Jazz hohe Anforderungen an die Musizierenden, aber auch an Organisation, Finanzierung und Logistik. Müller: „Es dürfte für alle Großensembles gelten: Es macht viel Arbeit, ist Stress, Risiko und macht doch allen Beteiligten riesigen Spaß.“

Nevena Pejčić, Kölner Komponistin, Bandleaderin

Die serbische Pianistin und Komponistin Nevena Pejčić

Gleich drei Big-Band-Konzerte finden sich im Februar-Angebot des Lofts: Zunächst gibt die serbische Pianistin und Komponistin Nevena Pejčić ihr Masterabschlusskonzert mit der Big Band der Hochschule für Musik und Tanz Köln, später folgen das Cologne Contemporary Jazz Orchestra CCJO unter Leitung der Dänin Kathrine Windfeld sowie die Premiere von Torso Ventuno, der ersten eigenen Big Band von Claudia Döffinger. Nimmt man noch die beiden Konzerte der WDR Big Band mit Star-Gast Aaron Parks im Stadtgarten hinzu, bekommt man einen Eindruck von der großorchestralen Substanz in Köln.

Wobei auch weitere Big Bands nicht tatenlos sind: Das Subway Jazz Orchestra SJO kehrt nach seinem vorzüglichen Neujahrskonzert in der Philharmonie mit „European Composers Vol. II“ ins Subway zurück (27.3.), während im Mai das Fuchsthone Orchestra, dem 2023 mit dem Album „structures & beauty“ ein Meisterstück glückte, zum sechsten Mal im Rahmen seiner Reihe „RELOADED#“ zu hören sein wird.

Vielleicht hört sich dies ein wenig besser an als es in Wahrheit ist, und womöglich sind die wilden Tage eines Shibusa Shirazu Orchestra heutzutage gezählt. Eine Jazz-Big-Band, gleich, ob angesiedelt im Segment Mainstream, Modern oder Avantgarde, ist ein kostenintensives Unterfangen, das sich finanziell kaum selbst tragen kann, auf Fördermittel und Stipendien sowie auf viele Auftritte angewiesen ist. Als die Restle Wögler Big Band aus Süddeutschland Ende 2023 nach langer Tour im Loft ein fantastisches Abschlusskonzert spielte, stellte Leiter Samuel Restle fest, dass alles habe „tierisch Spaß“ gemacht, doch „Lukas (Wögler) und ich sind danach dann auch am Ende unserer Kräfte“.

Auch in Köln gibt es immer weniger Räume für Big Bands

Benedikt Müller erkennt die dünner werdende Decke der Auftrittsorte: „Tatsächlich sind Räume für Large Ensembles und Big Bands nicht mehr ausreichend vorhanden. Nicht nur in Köln, nahezu überall lässt sich ein großes Konzert kaum noch vernünftig durchführen.“ Dass die Kombination von Strapaze und Spaß aus der Balance geraten kann, bekam eine der ambitioniertesten Kölner Big Bands zu spüren: Sieben Jahre lang verband Pascal Klewer mit herausragenden Resultaten Avantgarde und improvisierte Musik mit zeitgenössischer Big Band. Im Herbst 2023 verabschiedete sich sein Orchester mit einem Konzert im Stadtgarten sowie dem Album „Live at Loft“, einer aufregend komplexen „Suite for Bigband“.

Immer häufiger öffnet das Loft seine Türen für große Ensembles. „Unser Konzertsaal bietet Big Bands einen guten Klang“, so Müller, „auch wenn es auf der Bühne mitunter arg eng wird. Zudem haben wir die notwendige technische Ausstattung.“ Nun ist das erste Big-Band-Konzert von Nevena Pejčić zu erleben. Zum Abschluss ihres Masterstudiums präsentiert sie Kompositionen und Arrangements, die während ihres Studiums an der Hochschule für Musik und Tanz entstanden. Pejčić: „Vor allem Florian Ross hat einen großen Beitrag zu meiner musikalischen Entwicklung geleistet.“

Ebenfalls im Loft ist das CCJO angekommen, das auch noch Konzerte im Stadtgarten, seiner alten, langjährigen Wirkungsstätte spielt. Wie viele unabhängige Big Bands profitiert es von einer Ensembleförderung des Landes NRW, weshalb es aktuell mit Kathrine Windfeld eine souveräne Grenzgängerin zwischen fragiler Poesie und komplexen Harmonien einladen kann.

Auch Claudia Döffinger leitete bereits das CCJO, ebenso das SJO. Nach Jahren des Lernens und Musizierens in der Schweiz feiert sie im Loft die Premiere ihrer Big Band Torso Ventuno, finanziell unterstützt durch die Initiative Musik. Immer schon fasziniert von der „gewaltigen Klangwolke einer Big Band“, lud sie Musizierende aus Köln, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich ein, „Menschen, von denen ich denke, dass sie einfach die Besten für meine Musik sind“.

Immer mal wieder habe sie mit Zwängen und Hierarchien zu kämpfen gehabt, nun aber sei sie frei für eigene Vorstellungen und Entscheidungen: „Ich wünsche mir einen Klang, der emotional geerdet, weniger klar poliert ist.“ Mit der herausragenden Sängerin Kristin Berardi aus Australien, mit der sie bereits in Graz arbeitete, hat Claudia Döffinger sogar einen veritablen Star im Ensemble. Und ist sich bei allen Strapazen in einem sicher: „Big Band zu spielen, fühlt sich einfach richtig an.“


Termine: 3., 4. 2. WDR Big Band, feat. Aaron Parks. Stadtgarten, 20 Uhr/18 Uhr

5. 2. Masterabschlusskonzert: Nevena Pejčić, Special Guest: Eternum Saxophonquartett. Loft, 20 Uhr

25. 2. Cologne Contemporary Jazz Orchestra feat. Kathrine Windfeld, Loft. 18 Uhr

28. 2. Claudia Döffinger: TORSO VENTUNO. Loft, 20 Uhr