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Kommentar zum Jugendwort „lost“Die Wahl ist nichts außer cringe und PR

Lesezeit 2 Minuten
Jugendwort

Zuschauer beobachten die Bekanntgabe des Jugendworts des Jahres. (Archivbild)

  1. Der Langenscheidt-Verlag, jetzt bei Pons, hat das Jugendwort des Jahres gewählt: „lost“ (dt: verloren) soll ausdrücken, wenn eine Situation überfordert.
  2. Dabei ist die Wahl nichts außer Spielerei und PR für das Jugendlexikon des Verlags, kommentiert Martin Böhmer.
  3. Zu einer besseren Kommunikation wird es jedenfalls nicht führen. Schade eigentlich.

Ich bin jetzt 31, gefühlt von der Jugend weit entfernt. Aber dass „lost“, das jetzt zum Jugendwort 2020 gewählt wurde, nicht mehr neu oder besonders relevant ist, weiß sogar ich. Die Auszeichnung zeigt erneut das Problem mit der Wahl. Welche Jugend soll das repräsentieren? Wer soll überhaupt „die Jugend“ sein? Wie abstrus die Wahl ist, zeigt die Liste der Kandidaten: Auch „Digger“, im Hamburger Hip-Hop seit spätestens 1990 ein Begriff, und „Schabernack“, so alt, dass es nicht mehr datierbar ist, waren nominiert. Deswegen: Schafft den Quatsch endlich ab.

Der Titel Jugendwort des Jahres vermittelt schon, dass es etwas offizielles und wichtiges ist. Tatsächlich ist die Wahl aber nur PR und ein bisschen Spielerei. Ausgerichtet wird das Votum vom Verlag Langenscheidt, der mittlerweile bei Pons ist. Und natürlich bringen diese Verlage auch Jugendwörterbücher heraus. Die jährliche Auszeichnung ist willkommene Werbung für die Herausgeber. Zugegeben, die eingereichten Wörter stammen von Jugendlichen, aber wer traut sich zu, das Wort einer ganzen Generation zu definieren?

Eine Million Vorschläge für Jugendwort eingegangen

Wichtig ist auch der Klamauk-Aspekt der Wahl. Die Alten können sich über „die Jugend“ und ihre verlotterte Sprache amüsieren. Die junge Generation darf sich aufregen, weil ja niemand wirklich so spricht, wie die Wahl oder die Jugendwörterbücher suggerieren. Eine wirklich bessere Kommunikation oder zumindest ein besseres Verständnis für die Ausdrucksweise der Generationen wird dadurch wohl kaum geschaffen. Schade, da die Gesellschaft mehr Dialog auch zwischen den Generationen bräuchte. Dass es speziell zwischen Jung und Alt zu Reibereien kommt, zeigen etwa Diskussion über Klimawandel und Facebook, Gender-Pay-Gap und Rassismus.

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Laut Langenscheidt-Verlag sollen rund eine Million Vorschläge für die Jugendwörter eingegangen sein. Eine Million. Wie kann eine Jury da ein einziges Wort heraussuchen? Und was soll das bringen außer Klamauk und PR?

2019 fiel die Wahl übrigens aus, weil das Lexikon der Jugendwörter laut Verlag einem keinem guten Zustand sei. Hat das eigentlich irgendjemand bemerkt? „Die Jugend“ spricht jedenfalls noch immer und kann sich sogar meistens auch mit Älteren verständigen. Ganz egal wie lost sie ist.