Junge Kultur KölnWippende Spiegel für neue Einsichten
- Hannah Kuhlmann liebt ihre Heimatstadt Köln
- Aber zum Design-Studium ging sie in die Niederlande
- Ihre Arbeiten erzählen kleine, persönliche Geschichten
Köln – Ohne triftigen Grund verlässt Hannah Kuhlmann ihre Heimatstadt nicht. „Ich liebe Köln“, sagt sie. „Ist so.“ Die Versuchung aber, als angehende Designerin zunächst ins Nachbarland zu gehen, war zu groß. „Die Niederländer setzen ganz andere Schwerpunkte und haben einen sehr ausgeprägten Sinn für Ästhetik“, schwärmt die 30-Jährige und bestätigt damit nur eine altbekannte Tatsache. Auch wenn Köln einige Hochschulen zu bieten hat: „Ich wollte gerne konzeptionell arbeiten, und das war hier in diesem Maße nicht möglich.“ Also studierte sie in Maastricht, wo ihr viel Raum und Zeit gegeben worden sei, Ideen zu entwickeln.
Ein Blick in ihr Atelier in Nippes verrät erst auf den zweiten Blick, was sie eigentlich antreibt: Der samtene Hocker auf der Riesen-Spirale kann als Sitzmöbel fungieren, steht aber im Fenster wie eine Skulptur. Der wippende Spiegel, mit dem man sich ohne Verrenkungen in den Schritt sehen kann, ist auch nicht unbedingt für die Serienfertigung gedacht.
Ihre Arbeiten haben immer Witz, sind verspielt, erzählen eine kleine, manchmal sehr persönliche Geschichte. „Collectible Design“ oder „Functional Art“ nennt Kuhlmann ihr Tun und bewegt sich damit an der Schnittstelle zur Kunst. Das uneindeutige Genre ist hier in Köln kein einfaches, was Kuhlmann vor allem an den Fördermöglichkeiten merkt. Beantragen kann sie öffentliches Geld nur fürs Künstlerische. Eine Unterstützung eigens für Design hat sie noch nicht gefunden.
Wie und wo aber soll sich Kölner Design präsentieren? „Ich vermisse eine öffentliche Plattform.“ Ihr Vorschlag: „Es wäre toll, wenn es hier eine Art Zwischennutzungsagentur gäbe, damit man leerstehende Räume wenigstens vorübergehend bespielen könnte.“
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Gelegentlich fährt Kuhlmann zurück zur Maastrichter Hochschule. Absolventen können dort nach dem Abschluss weitere zwei Jahre die großzügigen Werkstätten nutzen. Neben der finanziellen Unterstützung ist das eine der Maßnahmen, mit denen niederländische Designer ins Berufsleben begleitet werden. Was Kuhlmann indes an Köln mag, ist die überschaubare und spannende Szene, die gute Vernetzung – und ein Publikum, das ihr Verständnis von Design sehr wohl zu schätzen weiß. Das zeigen Ausstellungen, die sie in den vergangenen Jahren während der Passagen in Köln kuratierte. Zu diesen Anlässen versammelte sie junge Talente, die sie im Laufe des Jahres auf unterschiedlichen Messen – unter anderem in den Niederlanden – entdeckt hatte. 2018 wurden Kuhlmann und ihre Kollegin Jana Manfroid sogar für die Ausstellung „Homo Ludens“ im Kunsthaus Rhenania mit dem „Passagen Prize“ ausgezeichnet. Dieser wurde damals zum ersten Mal überhaupt vergeben – für das besonders originelle Zusammenspiel von Produkt und Inszenierung. Dotiert war der Preis mit 5000 Euro.
Trotz hoher Kosten und des notwendigen Engagements bereitet Kuhlmann auch für die kommenden Passagen eine Ausstellung vor, die sich auf die „Alte Feuerwache“ im Agnesviertel und die Galerie „Gold + Beton“ am Ebertplatz verteilen wird. „Ich bin wahnsinnig stolz darauf“, sagt sie und kündigt eine Mischung aus Schau und Performance an. „Ich finde es toll, die Aufmerksamkeit in dieser Zeit zu nutzen, um zu zeigen, dass Möbel auch was anderes sein können, als das, was man während der Messe zu sehen bekommt.“
Kuhlmann arbeitet und lebt heute in dem Haus, in dem sie groß geworden ist. Sie will zwar nicht fort von hier, aber die enge Verbindung zur Stadt ist für sie eine Verpflichtung, sich zumindest hin und wieder woanders umzusehen. Der Impulse wegen: „Ich will das, was ich in der Welt entdecke, meiner Heimatstadt zurückgeben.“
ZUR REIHE UND ZUR PERSON
Jede Kulturszene ist auf den Nachwuchs angewiesen, damit neue Impulse entstehen. Welche Ausbildungsmöglichkeiten und Perspektiven findet dieser in Köln vor, was sind Anreize, hierzubleiben und nicht nach Berlin abzuwandern?
Hannah Kuhlmann(1989 in Köln) hat 2015 ihren Abschluss an der Maastrichter Academy of Fine Arts and Design gemacht. Seitdem betreibt sie ein Studio in Köln. 2018 gewann ihre Schau „Homo Ludens“ den Preis der Passagen.